Politik
Ahmet Türk: „Kein Frieden, wenn Öcalan nicht frei ist“
Aus Anlass des kurdischen Neujahrsfestes Newroz veranstaltete die BDP eine Kundgebung mit 700 000 Menschen in Diyarbakır. Dabei wurden eine rechtsverbindliche Autonomielösung und die Freilassung inhaftierter Terroristen gefordert. (Foto: dha)
Am Freitag fand auch in Diyarbakır wieder standesgemäß das Newroz-Fest statt, das von der nationalistischen kurdischen Linken traditionell für politische Manifestationen genutzt wird. Auch in diesem Jahr fanden sich 700 000 Personen auf dem Hauptplatz der Kurdenhochburg zu einer von der pro-kurdischen Barış ve Demokrasi Partisi (Partei für Frieden und Demokratie, kurz BDP) veranstalteten Kundgebung ein.
Wie im Vorjahr, wo der viel beachtete Brief des inhaftierten Führers der terroristischen PKK, Abdullah Öcalan, zum Vorgehen im Friedensprozess verlesen worden war, war der wegen zahlreicher politisch motivierter Morde zum Tode verurteilte und später zu lebenslanger Haft begnadigte „Apo“ auch diesmal – obwohl nicht physisch anwesend – der Star des Tages.
Ein überdimensionales Konterfei Öcalans hinter der Bühne war weit über den Platz hinaus zu sehen und auch in diesem Jahr wurde wieder ein Brief des inhaftierten Führers verlesen. In diesem Brief hieß es, das „Zwischenstadium“ des Friedensprozesses sei beendet.
Öcalan weiter: „Was bis dato stattgefunden hat, ist ein Dialogprozess und dieser war auch wichtig. In dieser Phase konnten beide Seiten die jeweils andere im Hinblick auf Realismus, guten Glauben und Umsetzungsfähigkeit prüfen. Dialogprozesses sind aber nicht bindend. Sie schaffen keine ausreichende Sicherheit für dauerhaften Frieden. Wir müssen, sobald wir an dem Punkt angelangt sind, da wir systematisierte Verhandlungen führen, rechtlich bindende Arrangements treffen.“
Auch Öcalan glaubt an die „internationale Verschwörung“
Das Leitthema der Veranstaltung war „Freie Führung, freies Kurdistan“, wobei der Begriff „Führung“ im PKK- und BDP-Sprachgebrauch synonym mit Abdullah Öcalan gebraucht wird. Mehr als 5000 Polizeibeamte und ein Polizeihubschrauber sorgten in Diyarbakır durch drastische Sicherheitsüberprüfungen dafür, dass es zu keinen Provokationen oder Zusammenstößen kam.
Der stellvertretende Vorsitzende der BDP-Parlamentsgruppe, Pervin Buldan, verlas das Schreiben Öcalans auf Kurdisch und der Istanbuler Oberbürgermeisterkandidat der Halkların Demokratik Partisi (Demokratischen Partei des Volkes, kurz HDP), Sirri Süreyya Önder, auf Türkisch. Die HDP gilt als BDP-Ableger für die westtürkischen Städte.
Öcalan kritisierte in seinem Schreiben die aus seiner Sicht schleppend vorangehende Umsetzung des Friedensprozesses durch die regierende Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung, kurz AKP), aber er meinte auch, die Regierung sei diesem verpflichtet geblieben. Er warnte im Einklang mit Premierminister Recep Tayyip Erdoğan vor einer „internationalen Verschwörung“, welche den Prozess unterminieren wolle. Es wäre eine historische Verantwortung, solche Versuche scheitern zu lassen.
Insgesamt 350 Journalisten waren bei der Veranstaltung anwesend. Hero, die Frau des irakischen Präsidenten Jalal Talabani, der stellvertretende Vorsitzende der Partei der Demokratischen Union im Irak (PYD), Asya Abdullah, der BDP-Vorsitzende Selahattin Demirtaş, zahlreiche Abgeordnete der Partei und weitere Gäste aus dem In- und Ausland unterstrichen zusätzlich die Bedeutung der Kundgebung.
Freilassung der KCK-Angeklagten gefordert
Der unabhängige Abgeordnete Ahmet Türk (Mardin) bezeichnete Newroz als den „kurdischen Freiheitstag“. Er sprach von einem „neuen und anderen Frühling, einem kurdischen Frühling“. Es sei der Frühling des Abdullah Öcalan. Durch harte Arbeit werde der Führer der Kurden eines Tages freikommen und auf diesem Platz sprechen. Die bevorstehenden Wahlen hätten eher die Qualität eines Referendums als die von Kommunalwahlen. „Es wird keinen Frieden geben, wenn Öcalan nicht frei ist“, betonte Türk.
Weitere Redner forderten nicht nur die Freilassung Öcalans, sondern auch der Terroristen, die im Zusammenhang mit den Prozessen gegen den Dachverband „Union der kurdischen Gemeinschaften“ (KCK) in Haft sitzen. Die PKK ist ebenso wie die KCK in der Türkei, in der EU und in den USA als terroristische Organisation eingestuft.
Im November 2013 war es in Diyarbakır zu einem historischen und über die Grenzen der Türkei hinaus weit beachteten Treffen führender türkischer Politiker und wichtiger kurdischer Persönlichkeiten gekommen. Erdoğan benutzte damals erstmals den Begriff „Kurdistan“. Ziel des symbolischen Treffens zwischen war es, dem Friedensprozess neuen Schwung zu verleihen.
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