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Politik

Nordirak: Oppositionsbewegung „Gorran“ könnte Überraschung schaffen

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Immerhin 65% Wahlbeteiligung in Nordirak zeigen, dass die autonome Kurdenregion nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch Fortschritte macht. Dennoch bleiben die alten Clanstrukturen entscheidend. (Foto: dpa)

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Ein kurdischer Mann gibt am 21. September in Arbil seinen Wahlzettel ab. Die Oppostionsbewegung "Gorran" könnte für eine Überraschung sorgen.
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Nachrichten aus dem Irak sind in aller Regel schlecht. Fast täglich explodieren Bomben, der Zahl der Toten ist so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Doch im Norden des Landes gibt es ein Gebiet, in dem weitgehend Frieden herrscht, die Wirtschaft wächst und die Menschen auf mehr Demokratie hoffen: Die kurdische Autonomieregion.

Viele ausländische Firmen beschränken ihre Irak-Geschäfte auf den kurdischen Norden des Landes. Seit 2010 fliegen auch Maschinen der Lufthansa in die Region. Das Auswärtige Amt beschreibt die Sicherheitslage als „vergleichsweise gut“. Die Reisewarnung für den Irak gilt in dem Gebiet Kurdistan-Irak nur eingeschränkt.

Nun hoffen die gut drei Millionen irakischen Kurden auf mehr Vielfalt in der Politik. Am Samstag wählten sie zum dritten Mal seit dem Sturz von Iraks Langzeitherrscher Saddam Hussein im Jahr 2003 ein neues Parlament. Doch anders als bei den vergangenen Abstimmungen sehen die Oppositionsparteien nun auch eine Chance. Denn die beiden wichtigsten Parteien – die Kurdische Demokratische Partei (KDP) und die Patriotische Union Kurdistans (PUK) – treten neuerdings gegeneinander an. Die KDP dürfte auch diesmal stärkste Kraft werden.

Bei früheren Wahlen waren beide Parteien mit einer gemeinsamen Liste angetreten – anderen Parteien blieb wenig Spielraum. Proteste gegen Vetternwirtschaft und Korruption häuften sich und gaben der Oppositionsbewegung Gorran (Wandel) Rückenwind, die zur dritten Kraft werden könnte. Örtliche Politiker und Journalisten sprachen am Wahltag von einem „wichtigen Schritt hin zu mehr Demokratie“.

Denn das politische Leben der irakischen Kurden wird seit Jahrzehnten fast ausschließlich von zwei Clans und ihren politischen Parteien bestimmt – den Barzanis und den Talabanis. Masud Barzani (KDP) ist Präsident der Autonomieregion, Dschalal Talabani (PUK) Präsident des Iraks. Die KDP kontrolliert die Provinzen Arbil und Dohuk, die PUK bislang die Provinz Suleimanija. Der gesundheitlich angeschlagene Talabani hat sich allerdings seit Monaten nicht mehr öffentlich geäußert. Er war im Dezember nach einem Schlaganfall zur ärztlichen Behandlung in ein Berliner Krankenhaus gebracht worden.

Ergebnis erst in einigen Tagen

Das offizielle Ergebnis der Parlamentswahl wird wohl noch ein paar Tage auf sich warten lassen, die Beteiligung lag bei rund 65 Prozent. Doch schon jetzt ist klar, dass die 111 Volksvertreter schwierige Aufgaben zu lösen haben – die auch die Stabilität im Norden gefährden könnte. Die Kurden erheben Gebietsansprüche, die über die Autonomieregion hinausgehen – zum Beispiel auf die erdölreiche Stadt Kirkuk. Im Streit mit dem Norden ließ die Zentralregierung Bagdad sogar schon Panzer auffahren.

Eine neue Herausforderung ist die Zuwanderung von Kurden aus Syrien und aus der Türkei. Rund 190 000 Flüchtlinge sind vor dem syrischen Bürgerkrieg vor allem in den Nordirak geflüchtet. Im Rahmen von türkisch-kurdischen Friedensbemühungen zogen außerdem zahlreiche Anhänger der kurdischen Terrororganisation PKK aus der Türkei ins Nachbarland. (dpa/dtj)