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Politik

NPD-Verbot: Bundesrat wagt zweiten Anlauf

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Es ist soweit. Am Dienstag reichten die Länder einen gemeinsamen Entwurf zum Verbot der rechtsradikalen NPD beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Die Verfassungsrichter haben allen Grund für eine skeptische Prüfung. (Foto: dpa)

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Zwei Polizisten laufen am 03.12.2013 in Karlsruhe (Baden-Württemberg) vor dem Eingang zum Bundesverfassungsgericht entlang. Nach monatelanger Vorbereitung wollen die Länder an diesem Dienstag einen neuen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen.
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Das Grundgesetz sieht es zweifellos vor, eine Partei zu verbieten, die die freiheitliche demokratische Grundordnung im Kern ablehnt. Ein Verbot der NPD, das zeigt die Vergangenheit, ist also grundsätzlich möglich. Doch der NPD-Verbotsantrag steht auf wackeligen Beinen. Ein Verbot ist kein Selbstläufer.

Die deutsche Verfassung folgt dem Konzept der „wehrhaften Demokratie“ und entzieht ihren Feinden das Recht auf einige Garantien des Grundgesetzes. Doch geht von der NPD überhaupt eine ernstzunehmende Gefahr aus? Oder befindet sich die Partei nicht vielmehr seit Jahren im steten Niedergang?

Mit diesen Fragen wird sich das Bundesverfassungsgericht in den nächsten Wochen und Monaten befassen. Nach dem Scheitern des ersten NPD-Verbotsantrages 2003 schaut die Republik gespannt nach Karlsruhe. Nur wenn die Verfassungsrichter eine „unmittelbare Gefahr“ für die deutsche Demokratie ausmachen können, hat das Verbotsverfahren eine Chance.

NPD gefährdet die Demokratie

Der Verbotsantrag der Länder fußt auf diesem Grundsatz: Von der NPD, so ist es in dem Antragstext zu lesen, gehe eine unmittelbare Gefahr für die Demokratie aus. Sie wolle die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ einschränken und abschaffen. Ihr Gesellschaftskonzept verstoße gegen den Kern des Demokratieprinzips und die Menschenwürde.

Der von den Berliner Professoren Christoph Möllers und Christian Waldhoff verfasste Antrag wirft der NPD weiter vor, das „Vertrauen in den Rechtsstaat“ zu beeinträchtigen. „Grundsätzlich darf es für Fremde in Deutschland kein Bleiberecht geben, sondern nur eine Rückkehrpflicht in ihre Heimat“, wird im Antrag das Parteiprogramm der Rechtsradikalen zitiert. Dadurch würden selbst eingebürgerte Deutsche weiter als Ausländer behandelt.

In der Praxis sei die NPD ein „Knotenpunkt, der antidemokratische Tendenzen bündelt“, heißt es im Antragstext. Führende Parteimitglieder seien vor ihrer Karriere in der NPD in Neonazi-Organisationen aktiv gewesen. Neun von zehn bundesweit verbotenen Organisationen unterhielten Verbindungen zur NPD.

In den vergangenen Jahren hatten Gerichte der NPD viermal rechtswidriges Verhalten attestiert. Dabei ging es um Wahlwerbespots, Plakate und Demonstrationen.

Optimismus in den Länderparlamenten

Indes zeigten sich die Ländervertreter vorsichtig optimistisch. Der Nachrichtenagentur dpa sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD): „Wir sind der Überzeugung, dass wir gutes Material zusammengetragen haben, unbelastet Material, frei von V-Leuten.“ Damit sei der Antrag solide untermauert.

Der gemeinsame Antrag des Bundesrats sei „sehr begründet“ und „Dokument und Ausweis wehrhafter Demokratie“, sagte der schleswig-holsteinische Innenminister Andreas Breitner (SPD). Lorenz Caffier (CDU), Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, erklärte, der Antrag belege mit öffentlich verwertbaren Beweismitteln, dass die NPD verfassungsfeindlich sei.

In besonderer Weise relevant für die Erfolgschancen sind die bisherigen Rechtssätze des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenhang mit Parteiverboten sowie die Vorgaben des EGMR. Im Fall des Verbots der rechtsextremistischen „Sozialistischen Reichspartei“ (SRP) im Jahre 1952 reichte neben der Analyse der Propaganda und der Ziele im Wesentlichen auch eine undemokratische Binnenverfassung der Partei für den Nachweis der Verfassungswidrigkeit aus.

Im Verbotsurteil gegen die KPD aus dem Jahre 1956 unterstrich das BVG, dass Art. 21 Abs. 2 GG zum Nachweis der aktiv-kämpferischen Haltung gegen die FDGO nicht wie § 81 StGB ein konkretes Unternehmen verlange; es genüge, wenn der politische Kurs der Partei durch eine Absicht bestimmt sei, die grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet wäre.

Neben aggressiv-kämpferischer Haltung gegen FDGO auch faktische Möglichkeiten relevant

Eine Partei sei demnach schon dann verfassungswidrig, wenn sie eine andere soziale und politische Ausprägung der freiheitlichen Demokratie als die heutige in der Bundesrepublik deshalb erstrebe, um sie als Durchgangsstadium zur leichteren Beseitigung jeder freiheitlichen demokratischen Grundordnung überhaupt zu benutzen. Zu den Absichten, die eine Partei verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG machen, gehören nach dem Spruch des BVG zum Verbot der KPD nicht nur diejenigen, die sie auf jeden Fall auszuführen gedenke, sondern auch diejenigen, die sie nur verwirklichen wolle, wenn die Situation dafür günstig sei.

Ein schwerwiegenderes Problem als der Nachweis einer aktiv-kämpferischen Haltung der NPD gegen die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung dürfte die Angemessenheitsprüfung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sein. Dieser stellte auch auf die tatsächlichen Chancen einer Partei ab, „demokratiefeindliche Ziele politisch durchzusetzen”. Und diese wachsen im Falle der NPD nicht in den Himmel.

Die Richter in Straßburg haben in den vergangenen Jahren jedoch immer wieder auf die „unmittelbare Gefahr“ einer Partei für die Demokratie als Voraussetzung für ein Verbot bestanden.