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Politik

NRW erhöht den Druck: Es wird eng für Ditib

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Es sieht nicht gut aus für die türkisch-islamische Union Ditib. Der Moscheeverband wird von Kritikern als verlängerter Arm der türkischen Regierung gesehen. Nach Spitzelvorwürfen gegen seine Imame laufen Ermittlungen. Jetzt erhöht die NRW-Regierung den Druck.

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Moschee in NRW
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Es könnte eng werden für die türkisch-islamische Union Ditib. Lange galt die größte Islam-Dachorganisation in Deutschland als Brückenbauer. Dann geriet sie 2016 in die Kritik, verlängerter Arm des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu sein. Nun bekommen Spitzelvorwürfe gegen einzelne Ditib-Imame neue Nahrung. Der Generalbundesanwalt ermittelt. Gerade hat Niedersachsen die Gespräche mit der Ditib über einen Staatsvertrag auf Eis gelegt. Und auch Nordrhein-Westfalen erhöht den Druck auf den Verband. Es ist noch keine Notbremse, aber ein deutlicher Warnschuss.

Die Gespräche ruhten derzeit, sagt NRW-Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) am Donnerstag überraschend am Rande der Plenarsitzung. Er verlangt: „Zur Wiederherstellung des sehr tief beschädigten Vertrauens muss gewährleistet sein, dass es keinerlei Einflussnahme aus dem Ausland gibt.“ Der Moscheeverband solle binnen Wochen eindeutige Schritte unternehmen, um sich von Ankara und der türkischen Religionsbehörde Diyanet zu lösen, fordert Schmeltzer. Und stellt klar: „Auch finanziell“.

„Klare Konsequenzen“, falls sich die Spitzelvorwürfe bestätigen

Das dürfte schwer werden, denn alle derzeit gut 900 Imame der Ditib in Deutschland werden aus Ankara entsandt und von dort aus bezahlt. Diyanet untersteht dem Amt des türkischen Ministerpräsidenten. Innertürkische Konflikte in NRW auszutragen sei tabu, unterstreicht Schmeltzer. Ebenso jede „Berichterstattung für ausländische Regierungen“. Sollten sich die Spitzelvorwürfe bestätigen, „werden wir als Landesregierung in allen Bereichen klare Konsequenzen ziehen“. Der Generalbundesanwalt untersuche, ob und in welchem Umfang die Türkisch-Islamische Anstalt für Religion (Ditib) für die Handlungen der Imame verantwortlich sei.

Warum die klare Ansage zu diesem Zeitpunkt? Gerade wurde bekannt: Dem NRW-Verfassungsschutz liegen Berichte der Religionsattachés der türkischen Generalkonsulate in Köln, Düsseldorf und München an die Diyanet vor, in denen Namen von angeblichen Anhängern des Predigers Fethullah Gülen aufgelistet werden. Gülen gilt in der Türkei als Staatsfeind, Sympathisanten werden dort rigoros verfolgt.

Nach Angaben des NRW-Innenministeriums umfassen die drei Listen insgesamt 28 Personennamen und elf Institutionen. Laut „Kölner Stadt-Anzeiger“, der darüber zuerst berichtet hatte, sollen Ditib-Imame die Listen erstellt haben.

Die Ditib hatte bisher eingeräumt, „fälschlicherweise“ seien einzelne Imame einer Aufforderung der Diyanet gefolgt, die gar nicht an die Ditib gerichtet gewesen sei. Sie hätten Infos über Gülen-Anhänger nach Ankara geschickt. Bekir Alboğa, Ditib-Generalsekretär, hatte die „Panne“ bedauert und Aufklärung versprochen.

Kooperationen bleiben zunächst bestehen

Für die rot-grüne Regierung im bevölkerungsreichsten Bundesland könnte das Maß bald voll sein. Schmeltzer betonte zugleich, man werde weiter „besonnen und rechtsstaatlich“ mit der Ditib verfahren. Ziel sei es, den Verband als Partner im Boot zu halten. Er spiele für viele der 1,5 Millionen Muslime in NRW eine wichtige Rolle – ebenso bei der Integration.

Und so bleibt der Verband zunächst weiter im Beirat für den Islamischen Religionsunterricht an NRW-Schulen vertreten. Aus dem Schulministerium heißt es, Konsequenzen seien „auf der Grundlage von Tatsachen“ zu ziehen. Man warte die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft ab. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) werde die Entwicklungen sorgfältig beobachten.

Kaum noch Illusionen dürfte sich die Ditib bei der angestrebten Aufwertung zur Religionsgemeinschaft hingeben. Schon im Herbst hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sich skeptisch geäußert. Ein Gutachten soll klären, ob es eine direkte Einflussnahme und Abhängigkeit von Ankara gibt. Der Ball liegt nun bei der Ditib. (Yuriko Wahl-Immel, dpa/ dtj)