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Politik

NRW-Nichtraucherschutzgesetz lässt keinen Stein auf dem anderen

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Am 1.Mai wird in NRW eines der strengsten Nichtraucherschutzgesetze der Republik in Kraft treten. Bereits geltende restriktive Regelungen werden noch einmal verschärft. Nicht zuletzt Gastronomen fürchten um ihre Existenz. (Foto: reuters)

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NRW-Nichtraucherschutzgesetz lässt keinen Stein auf dem anderen
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Wenn Ahmet Öz die Lounge seiner Shisha-Bar betritt, verfällt er in Gedanken: Während heute die Lounge noch voll und der Laden ziemlich verqualmt ist, wird dies ab Mittwoch nicht mehr der Fall sein. Denn ab dann tritt das Nichtraucherschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Von diesem Datum an darf in Kneipen, Bars sowie in allen öffentlichen Gebäuden wie in Gerichten, Rathäusern, aber auch in Banken und Schulgebäuden, nicht mehr geraucht werden.

Neben Zigaretten wird auch das Rauchen von Wasserpfeifen, Pfeifen, Zigarren und E-Zigaretten in Kneipen, Bars und öffentlichen Gebäuden verboten. Der Trick, den Laden in einen Raucherclub umzubennen, den Wirte im Zusammenhang mit der vorherigen Regelung angewandt haben, zieht bei dem neuen Gesetz nicht mehr. Nur noch in „echten“ geschlossenen Gesellschaften, also bei Familienfesten, darf geraucht werden. Nicht einmal bei Betriebsfeiern wird das Qualmen erlaubt sein. Somit ist das Verbot viel strikter als das bisherige.

„Damit geht für uns eine Kultur verloren“, sagt der 23-jährige Shisha-Bar-Betreiber Ahmet und bangt um seine Existenz: „Wir verkaufen in unserer Bar keinen Alkohol. Spielautomaten und ähnliches habe ich bewusst nicht in meinen Laden einbauen lassen. Das passt nicht mit meinen Prinzipien zusammen. Ich lebe hier hauptsächlich vom Verkauf der Wasserpfeifen. Mit dem neuen Gesetz bekomme ich Existenzsorgen.“

Preuß (CDU): „Bevormundung freier und mündiger Bürger“

Auch dürften mit dem neuen Gesetz sogenannte „türkische Kulturvereine“ in NRW aussterben, die durchgehend von Zigarettenrauch verqualmt sind. Für Arif Ünal, der stark zur Ausgestaltung und Einführung der Regelung beigetragen hat, ist die Regelung klar: Sie wird die gesundheitlichen Risiken durch Passivrauchen deutlich senken. Auch Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) glaubt, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung für das strikte Rauchverbot ausspricht. Es gehe bei dem Verbot hauptsächlich „um den Schutz derjenigen, die sich nicht von einer Minderheit, die rauchen will und süchtig ist, ihre Gesundheit ruinieren lassen wollen.“

Die Opposition im nordrhein-westfälischen Landtag spricht hingegen von einer Bevormundung der Bürger: „Über die Gesundheitsschädlichkeit von Tabakrauch kann man nicht streiten. Sie ist bewiesen und der Gesetzgeber muss die Menschen vor Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen schützen. Die verabschiedete Gesetzesänderung der rot-grünen Landesregierung bevormundet jedoch freie und mündige Bürger von oben herab per Gesetz und nimmt ihnen jede Entscheidungsfreiheit. Vieles, was Menschen in ihrem Leben tun, ist unvernünftig oder gesundheitsschädlich. Solange dadurch niemand anderes beeinträchtigt oder geschädigt wird, ist es allerdings ihre freie Entscheidung, dies zu tun oder eben nicht. Der Gesetzgeber hat sich hierbei herauszuhalten“, erklärt Peter Preuß (CDU) als gesundheitspolitischer Sprecher gegenüber dem DTJ.

Auch die Existenzsorgen von Ahmet und der Wirte kann Preuß verstehen: „Zudem ignoriert die rot-grüne Landesregierung die berechtigten Existenzängste der Gastwirte, die oftmals große Summen in den Umbau ihrer Gaststätten investiert haben, um spezielle Raucherräume zu schaffen und nun einen herben Umsatzeinbruch befürchten.“ Der Hotel- und Gaststättenverband sieht es ähnlich: Knapp 20 Prozent der Kneipen seien in ihrer Existenz bedroht. Es müssten weiterhin Ausnahmen gelten.

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Gesundheitspolitische Erfolgsbilanz

Tatsächlich hatte sich die Anzahl der Klinik-Behandlungen wegen eines Herzinfarktes nach der Einführung der Nichtraucherschutzgesetze 2007 und 2008 um acht Prozent verringert, wie es eine Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit aus dem Jahr 2012 zeigt. In anderen Ländern stieg diese Zahl sogar auf 17 Prozent.

Und auch die These der Gesundheitsministerin Steffens bestätigt sich in derselben Studie. So befürworten knapp 82 Prozent der Befragten Nichtraucherschutzgesetze in Deutschland. Unter den Befürwortern befinden sich auch langjährige Raucher. Entsprechend sieht es auch ein 55-jähriger Düsseldorfer Kulturverein-Besucher, der nicht beim Namen genannt möchte, gelassen: „Wir haben es bislang nicht geschafft, ohne Zigarette zu leben. Vielleicht werden wir demnächst hier ohne eine Kippe in der Hand sitzen und uns von der Zigarette abgewöhnen. Man muss das Ganze auch positiv sehen.“

Bei einem Verstoß gegen das Gesetz müssen Betreiber und Raucher fünf bis maximal 2.500 Euro Bußgeld zahlen. Die Kontrollen werden nicht von der Polizei, sondern vom Ordnungsamt durchgeführt. Viel bleibt Ahmet und seinen Kunden nicht übrig. Ab Mittwoch werden sie nur noch auf der Terrasse des „Delicious“ rauchen können, „zur Not mit elektrischen Heizanlagen“.