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Gesellschaft

NSU-Ermittlungsfehler: Gauck sieht Grund zur Beunruhigung

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Bundespräsident Gauck hat sich am Montag mit Angehörigen der Opfer der NSU-Mordserie getroffen und ihnen Aufklärung zugesichert. Auf Grund der unaufgeklärten Serie von Ermittlungsfehlern bestehe noch Grund zur Beunruhigung. (Foto: dpa)

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NSU-Ermittlungsfehler: Gauck sieht Grund zur Beunruhigung
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Berlin – Bundespräsident Joachim Gauck hat den Angehörigen der Neonazi-Mordopfer umfassende Aufklärung zugesichert. Bei einem Treffen am Montag im Schloss Bellevue sagte Gauck, Deutschland dürfe nicht vergessen, was geschehen ist. Laut Redemanuskript versprach er: „Ich will mithelfen, dass Ihr Leid weiter wahrgenommen und anerkannt wird. Und dass aufgeklärt wird, wo es Fehler und Versäumnisse gegeben hat, dass darüber gesprochen und wenn nötig auch gestritten wird, was wir daraus lernen müssen!“

Dem Neonazi-Trio werden zehn Morde aus den Jahren von 2000 bis 2007 zugerechnet. Gauck erinnerte in seiner Begrüßung daran, dass sein Vorgänger Christian Wulff bereits im November 2011 Angehörige der Ermordeten ins Schloss Bellevue eingeladen hat. Damals war gerade bekanntgeworden, dass die Morde und Anschläge an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie an einer Polizistin auf die Zwickauer Neonazi-Terrorzelle zurückgingen. Viele Jahre lang war der rechtsterroristische Hintergrund aber nicht aufgedeckt worden.

Anwalt erhebt Vorwürfe gegen Innenministerium

Für Verstimmung hatte im Vorfeld des Treffens die Absage einer Angehörigen gesorgt. Die Schwester eines Ermordeten aus Hamburg wollte nur mit ihrem Anwalt zu dem Treffen kommen, was das Bundespräsidialamt aber mit Hinweis auf die begrenzte Zahl an zugelassenen Teilnehmern ablehnte. Wie der „MDR“ berichtet, hatten bereits am Wochenende einige Angehörige der NSU-Opfer ihre Teilnahme abgesagt, da bei dem Treffen keine Rechtsanwälte zugelassen seien. Nach Ansicht der Hinterbliebenen sei der Rechtsbeistand aber wichtig, um sich bei dem Termin sicher zu fühlen und Unterstützung zu haben.

Der Anwalt Yavuz Narin übte laut „MDR“ noch einmal heftige Kritik insbesondere am Bundesinnenministerium, da dieses auch weiterhin an keiner wirklichen Aufklärung interessiert sei. Angeblich gab es vereinzelt auch weitere Absagen, zum Teil aus Gesundheitsgründen.

Gauck lobte vor den Angehörigen die Arbeit des Bundestags-Untersuchungsausschusses und der Ombudsfrau Barbara John, die bei dem Treffen mit etwa 70 Angehörigen am Montag dabei war. John habe allen Hinterbliebenen die Gewissheit und das Gefühl gegeben, nicht allein zu sein.

Gauck: „Warum hat es solche Fehler (…) in den Ermittlungen gegeben?“

„Der Wille zur Aufklärung ist da“, meinte Gauck. Allerdings gebe es weiter Grund, beunruhigt zu sein. „Warum hat es solche Fehler und Fehlentscheidungen in den Ermittlungen gegeben?“, fragte Gauck. Zu Recht warteten die Angehörigen auf Antworten – „mit steigender Ungeduld, weil doch über ein Jahr vergangen ist“. Erste Konsequenzen seien gezogen worden, auch für eine bessere Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei, von Bund und Ländern. „Auch ich war erschrocken darüber, welche Fehler in mancher Behörde möglich waren.“

Weiter sagte Gauck: „Alle Menschen in unserem Land müssen darauf bauen können, dass unser Staat sie schützt. Und darum brauchen wir einen funktionierenden, einen starken, einen wehrhaften Staat. Ich danke all denen, die diesen Staat, zum Beispiel als Polizisten, auch unter Einsatz ihres Lebens schützen.“

Es wäre aber zu kurz gedacht, nur nach dem Staat zu rufen, auch Reformen allein genügten nicht. „Es geht um die Frage, wie im Alltag verhindert werden kann, dass sich Vorurteile und Ressentiments einnisten. Es geht um andere Haltungen, in unseren Behörden und Institutionen, aber auch bei vielen Bürgern“, regte Gauck an.