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Panorama

Neues Jahr bringt neue Beweise im NSU-Prozess

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Der Anschlag auf die Polizeibeamtin Michéle Kiesewetter bleibt bis heute ein Rätsel. Zuvor gelang im Ringen um Beweise ein Durchbruch: Zschäpe hat die Wohnung des NSU-Trios selbst angezündet – daran bestehen keine Zweifel. (Foto: dpa)

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Die Angeklagte Beate Zschäpe (M) kommt am 16.01.2014 in den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München (Bayern). Vor dem Oberlandesgericht wurde der Prozess um die Morde und Terroranschläge des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) fortgesetzt.
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Der NSU-Prozess kommt voran. Zu Beginn der Woche konnte zweifelsfrei geklärt werden, dass der Brand in der ehemaligen Wohnung des NSU-Trios in Zwickau vorsätzlich gelegt wurde. Die Brandstifterin sei die Angeklagte Beate Zschäpe selbst gewesen, berichtete ein Gutachter des Bayrischen Landeskriminalamts, der die Überreste des langjährigen NSU-Verstecks untersuchte.

Dem Gutachten des Experten zufolge soll Zschäpe an 19 Stellen in der Wohnung Feuer gelegt haben. Rückstände von Benzin weisen daraufhin. Eine Gefährdung weiterer Personen konnte dabei nicht ausgeschlossen werden. Damit ist der Tatbestand der schweren Brandstiftung zweifelsfrei erfüllt. Durch die Explosion stürzten Teile des Wohnhauses ein. Die Druckwelle hatte die Außenwand weggerissen und die Wohnung einer Nachbarin verwüstet.

Brandstiftung und versuchter Mord

Der damals 89-jährigen Nachbarin hätte der Brand fast das Leben gekostet. Der ermittelnde Bundesstaatsanwalt Herbert Diemer sieht darin den Tatbestand des versuchten Mordes erfüllt. Nur durch das beherzte Eingreifen ihrer Familie, die in der gleichen Straße wohnte, konnte die Rentnerin gerettet werden. Zschäpe hatte die Senorin durch den Brand in Lebensgefahr gebracht.

Zschäpes Verteidigern zufolge, soll die Angeklagte angeblich an der Wohnungstür der Rentnerin geklingelt haben, um sie vor den Flammen zu warnen. Die Rentnerin habe darauf nicht reagiert. Sie lebt mittlerweile in einem Altenheim. Ihr Gesundheitszustand erlaubt es Zschäpes ehemaliger Nachbarin nicht als Zeugin vor Gericht aufzutreten.

Ein echter Durchbruch

Das Gutachten bestätigt die Anklage und ist, insbesondere weil Zschäpe von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht und schweigt, sehr wichtig für den NSU-Prozess. Erstmals konnte seit Beginn der Gerichtsverhandlung der Angeklagten eine schwere Straftat persönlich nachgewiesen werden. Ein echter Durchbruch!

Ihre Beteiligung am NSU-Terror konnte bislang nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Wie viel sie wirklich von Mundlos´ und Böhnhardts tödlichen Attentaten wusste, bleibt im Dunkeln. Als Mittäterin angeklagt, gehen die Ankläger aber zumindest von einer Mitwisserschaft Zschäpes aus.

Mord an Polizistin wirft weiterhin Fragen auf

Am Mittwoch (15. Januar 2014), sagte ein Kollege der im April 2007 getöteten Polizeibeamtin Michéle Kiesewetter vor Richter Götzl als Zeuge aus. Der Polizeibeamte konnte vor Gericht wenige Antworten liefern. An die eigentliche Tat erinnere er sich kaum, sagte er.

Bis heute schlafe er schlecht und habe Hörschwierigkeiten. Ein Teil der Pistolenkugel steckt bis heute in seinem Gehirn. Für seine Kollegin kam jede Hilfe zu spät. Nach einem Kopfschuss starb Kiesewetter noch am Tatort. Ihr Kollege überlebte das Attentat schwer verletzt.

Den beiden Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gelang es, den Polizeibeamten ihre Dienstwaffen abzunehmen. Die entwendeten Dienstwaffen wurden erst nach einem missglückten Banküberfall und dem anschließenden Selbstmord der beiden Rechtsterroristen in ihrem Wohnwagen in Eisenach gefunden. Der womöglich letzte Mord des NSU-Trios in Heilbronn wirft auch heute noch viele Fragen auf. Er bleibt ein Rätsel, das bislang von keinem Ermittler gelöst werden konnte.

Zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge in den Jahren 2000 bis 2007 sollen auf das Konto des Nationalistischen Untergrunds gehen. Bei den Attentaten kamen acht türkischstämmige und ein griechischer Kleinunternehmer sowie die Polizisten Kiesewetter ums Leben.