Politik
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit künftig stärker im Fokus
Die NSU-Morde stehen für ein beschämendes Versagen der Sicherheitsbehörden. Nun sollen Konsequenzen gezogen werden. Die schwarz-rote Regierung ist sich einig, aber der Opposition geht das alles nicht weit genug. (Foto: dpa)
Nach den schweren Ermittlungsfehlern zu den Morden der rechtsextremen Terrorgruppe NSU will die Bundesregierung Reformen der Sicherheitsbehörden vorantreiben. Dazu sollen die Position des Generalbundesanwalts sowie die Kompetenzen des Bundesamtes für Verfassungsschutz gestärkt werden. Das kündigten Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) am Mittwoch in Berlin an. Fremdenfeindliche Vorurteile bei Ermittlern sowie mangelnde Sensibilität gegenüber rassistischen Motiven für Straftaten müssten bekämpft werden.
Dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) werden zehn Morde zwischen den Jahren 2000 und 2007 zur Last gelegt – überwiegend an Bürgern mit türkischem Hintergrund. Die Ermittlungsbehörden hatten den rechtsterroristischen Hintergrund über viele Jahre nicht erkannt. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hatte rund 50 Forderungen aufgestellt, die nun weiter umgesetzt werden sollen.
De Maizière sagte, für die Stärkung der zentralen Funktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz solle zügig ein Gesetzentwurf vorgelegt werden. „Ich möchte das im Konsens mit den Ländern machen.“ Daneben laufe derzeit eine Überprüfung nicht aufgeklärter Morde und Gewaltdelikte seit 1990. So solle geklärt werden, ob weitere Fälle in einem Zusammenhang mit den Taten des NSU stehen.
Der Generalbundesanwalt (GBA) soll künftig leichter und früher Ermittlungen übernehmen können, kündigte Justizminister Maas an. Wenn es Streitigkeiten unter den Staatsanwaltschaften in den Ländern wegen der Zuständigkeit gebe, solle der GBA entscheiden, wer die Ermittlungen führen soll. Bei Strafen solle „ein rassistischer, fremdenfeindlicher oder sonstiger menschenverachtender“ Hintergrund künftig besonders berücksichtigt werden. Auch die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes werde verstärkt.
De Maizière: „Wir wollen, dass jeder in unserem Land sicher leben kann“
De Maizière betonte, wichtig sei auch der im Bericht des Untersuchungsausschusses angemahnte Wandel in der Arbeitskultur der Sicherheitsbehörden. „Wir brauchen eine Arbeitskultur, die ausschließt, dass Menschen vorschnell falsch verdächtigt und Ermittlungen eindimensional geführt werden.“ Hassmotive bei Straftaten müssten systematischer untersucht werden. „Wir wollen, dass jeder in unserem Land sicher leben kann“, betonte de Maizière.
Der Opposition gehen die Vorschläge der schwarz-roten Regierung nicht weit genug. Für die Linke-Fraktion im Bundestag bekräftigte Petra Pau die Forderung nach einer Abschaffung des Verfassungsschutzes. „Die Ämter für Verfassungsschutz agierten im Zentrum des Staatsversagens beim NSU-Desaster. Sie sind weder kontrollierbar noch reformierbar und folglich als Geheimdienste aufzulösen.“ Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte: „Die Vorschläge von Maas und de Maizière reichen bei weitem nicht aus.“ Es genüge nicht, nur an einzelnen Schräubchen zu drehen – notwendig sei eine Zäsur und ein echter Neustart.
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