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Panorama

Zeugin berichtet von Einschüchterungsversuch

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Ein bizarrer Auftritt, Vermutungen und wenig Klärung: In Erfurt hat eine Zeugin zum Tod der Polizistin Michèle Kiesewetter aussagt. Unbekannte sollen zuvor versucht haben, sie an der Aussage zu hindern – unter Androhung von Gewalt. (Foto: dpa)

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Ein bizarrer Auftritt, Vermutungen und wenig Klärung: In Erfurt hat eine Zeugin zum Tod der Polizistin Michèle Kiesewetter aussagt. Unbekannte sollen zuvor versucht haben, sie an der Aussage zu hindern – unter Androhung von Gewalt.
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Der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter war der letzte Anschlag des rechten „Terror-Trios“, des sog. Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Doch der Fall ist mehr als seltsam. Kiesewetter war 2007 auf der Theresienwiese in Heilbronn mit einem gezielten Kopfschuss getötet worden.

Erst seit 2011 wird das Verbrechen aufgrund von Waffenfunden dem NSU zugeschrieben. Die Polizistin passte nicht ins Tatmuster der Terroristen. Deswegen halten selbst die Ankläger im NSU-Prozess die Polizistin für ein willkürliches Opfer der Mordserie.

Die einzige Verbindung, die zwischen den mutmaßlichen Tätern und der Polizistin bestand, war ihre thüringische Herkunft. Dies provozierte immer neue Fragen: Hatten sich die Rechtsterroristen und die Polizistin gekannt? War Kiesewetter womöglich in die Taten des NSU verstrickt oder war sie wirklich nur ein Zufallsopfer? Bislang schienen alle Versuche zur Klärung des Polizistenmordes im NSU-Prozess zum Scheitern verurteilt zu sein.

Zeugin bringt nur noch mehr Verwirrung

Am Montag sah dies kurze Zeit anders aus. Vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Thüringen trat die ehemalige Lebensgefährtin von Kiesewetters Onkel als Zeugin auf und war gewillt Angaben über die Polizistin zu machen.

Kiesewetters zwischenzeitliche Tante erzählte in der Zeugenvernehmung von gemeinsamen Urlauben und Familienessen. Anfang der 2000er Jahre gehörte sie zum privaten Familienkreis der Polizistin. Die Frau trennte sich 2007 von Kiesewetters Onkel und lebt seitdem mit einem Mann zusammen, der einen rechten Szenelanden betreibt und in der Naziszene ein alter Bekannter ist.

Doch damit nicht genug der Merkwürdigkeiten: Ihr neuer Mann war in den 1990er Jahren Zeuge in einem Prozess gegen den späteren Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt. Außerdem ist er verwandt mit einem bekannten Neonazi, der in einer Rechtsrockband gespielt und Verbindungen mit dem untergetauchten angeblichen NSU-Trio gepflegt haben soll. So klein ist die Welt.

Dass die Zeugin erst mit Kiesewetter Tante-und-Nichte spielte und später selbst als Polizistin Verbindungen mit Neonazis und Türstehern pflegte, ist eine weitere Kuriosität, die in der Zeugenaussage der mittlerweile suspendierten Beamtin wenig zur Klärung des Falles beiträgt. Doch es wird noch kurioser.

Zeugin soll vor Aussage bedroht worden sein

Zwei Männer hätten sie vor ihrer Aussage bedroht und dazu zwingen wollen sich an „bestimmte Dinge“, die im Zusammenhang mit dem Mord an der Polizisten Kiesewetter stünden, nicht zu erinnern, erklärte die Zeugin im weiteren Verlauf ihrer Aussage in Erfurt. Die beiden Männer hätten sich zwar ausgewiesen, an ihre Namen könne sie sich jedoch nicht mehr erinnern.

Später sagt sie etwas von Verfassungsschutz und bleibt doch vage. Anstatt etwas zur Klärung beizutragen, heizt die Zeugin möglicherweise Verschwörungstheorien an. Angezeigt hatte sie den unerwünschten Besuch übrigens nicht.

Viel Licht bringt die Zeugin derzeit nicht in das Rätsel um den Tod der Polizistin Kiesewetter. Ob hier ein begründbarer Bezug zu der Frage hergestellt werden kann, warum zum Anschlagszeitpunkt auf der Theresienweise verschiedene Geheimdienste anwesend waren, wurde nicht erörtert. Sie ist bislang auch nicht im NSU-Prozess vor dem Münchner Landesgericht geladen. Dies sollte sich alsbald ändern. Vielleicht verbessert sich bis dahin ihr Erinnerungsvermögen.