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Panorama

Zwei Jahre NSU – für die Medien nicht mal eine Randnotiz wert

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Vor zwei Jahren führte der Fund zweier Leichen in einem ausgebrannten Wohnmobil zur Entdeckung einer jahrelangen rassistischen Mordserie. In den letzten Wochen mehrten sich weitere Unklarheiten rund um den ohnehin schon mysteriösen Fall.

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Die überregionalen Zeitungen berichteten heute nur sehr dürftig über den zweiten Jahrestag der NSU-Entdeckung.
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Das Interesse der großen deutschen Medien am zweiten Jahrestag des Auffliegens des NSU ist ausgeblieben. Weder für die FAZ, noch für die „Welt“, taz und „Süddeutsche Zeitung“ war der Jahrestag dieses folgenschweren Datums heute ein Thema. Einzig der Tagesspiegel berichtete ausführlich und auf der ersten Seite, die „Zeit“ erwähnte den Jahrestag nur im Zusammenhang mit einem Prozessbericht.

Derweil könnten die Ermittlungen zum NSU-Terror möglicherweise bald wieder am Anfang stehen. Der MDR berichtete über einen Überfall maskierter Männer auf eine Sparkasse in Eisenach und über zwei Leichen in einem Wohnmobil. Ein Zusammenhang war noch nicht offenkundig. „Die Polizei hatte nach dem Banküberfall Hinweise erhalten, dass ein weißes Wohnmobil dabei eine Rolle gespielt haben könnte“, hieß es in dem Bericht weiter. „Deshalb habe sich eine Streife dem Fahrzeug genähert. Plötzlich hätten die Polizeibeamten zwei Knallgeräusche gehört und Feuer bemerkt. Es sei unklar, ob es sich um Schüsse gehandelt habe. Nachdem die Feuerwehr den Brand gelöscht hatte, wurden in dem Fahrzeugwrack die beiden Leichen entdeckt.“

Der tagesschau vom 4.11.2011 war dieses Ereignis keine Erwähnung wert. Erst Tage später sollte offenbar werden, dass an diesem Tag die schlimmste rassistisch motivierte Mordserie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zutage getreten war. Und möglicherweise auch ein Sicherheits- und Geheimdienstskandal, der in der jüngeren Geschichte seinesgleichen sucht. Denn noch sind die Hintergründe und Umstände der Verbrechen des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) weit von jeder vollständigen oder auch nur annähernd zufriedenstellenden Klärung entfernt.

Stattdessen werden die offenen Fragen immer mysteriöser und sie werden vor allem immer mehr.

Zwei wichtigen Zeugen hat die Liebe einen Strich durch die Rechnung gemacht: Der eine, ein Verfassungsschützer, dessen täglicher Dienstweg eine erstaunliche Koinzidenz zu Tatorten der NSU-Terroristen aufweist, ist so vertieft darin, online in einem Kasseler Internetcafé den Don Juan zu spielen, dass er nicht einmal mitbekommen haben will, wie wenige Meter entfernt ein Mord geschehen ist. Der andere, ein 21-jähriger, mutmaßlicher Mitläufer in der rechtsextremen Szene aus der Nähe von Stuttgart, hatte weniger Glück: Ihn soll der Liebeskummer dazu getrieben haben, sich vor wenigen Wochen in seinem Auto selbst zu verbrennen – nur wenige Stunden, bevor er beim Staatsschutz über neonationalsozialistische Strukturen in der Region befragt werden sollte. Der beim Autobrand ums Leben gekommene 21-Jährige soll Zeitungsberichten zufolge Kenntnisse über die Hintergründe der Ermordung des zehnten NSU-Opfers, der Polizistin Michelle Kiesewetter, im April 2007 in der Nähe von Heilbronn, gehabt haben.

Selbstmordtheorie nicht haltbar?

Nun gerät auch die anfängliche Annahme des Bundeskriminalamts (BKA) zum Tod der beiden mutmaßlichen NSU-Terroristen im Wohnmobil ins Wanken. Mundlos soll demnach zuerst Böhnhardt getötet und sich danach selbst mit einem Winchester-Gewehr gerichtet haben.

Wie die „Bild“ berichtet, widerspricht jetzt ein Waffenexperte dieser Darstellung. Unter Berufung auf die türkische Zeitung „Sabah“ zitiert die „Zeit“ vorab aus einer N24-Doku, die am heutigen Montag um 20.10 auf n-tv ausgestrahlt werden soll. Es soll geradezu unmöglich sein, dass Mundlos im Todeskampf noch selbstständig die Waffe nachgeladen hätte. Die zweite Kugel hätte noch in der Waffe stecken müssen.

Anwohner wollen zur Tatzeit eine dritte Person aus dem Wohnmobil springen gesehen haben. Auch wurde das Handy eines bekannten Neonazis in Tatortnähe geortet. Eine DNA-Spur, die im Wohnwagen gefunden wurde, soll nach Litauen führen.