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Kolumnen

O-Töne für Faschisten und Rassisten

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Viele Wissenschaftler und Organisationen haben sich mit anti-muslimischem Rassismus und auch seinen Parallelen zum Antisemitismus befasst. Davon kommt in der sog. Doku niemand zu Wort,

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Die ARD Dokumentation mit dem Titel „PEGIDA – Zwischen Bürgerprotest und Radikalisierung“ vom 11. Mai 2015 leistet wenig Einordnung des Phänomens. Bei Fragen bietet man den Protagonisten eher ein Forum, als durch intensives Nachhaken den Kern zu klären. Zum Beispiel darf der unter Pseudonym auftretende Michael Mannheimer darauf vertrauen, dass seine Identität nicht preisgegeben wird. Unter dem Klarnamen Karl Michael Merkle wurde er bereits verurteilt. Interessant wäre zudem eine Frage zu seiner Rolle bei der Polizei Baden-Württembergs gewesen, wo er Fortbildungen abgehalten haben soll.

Udo Ulfkotte darf vor dem Mikrofon den üblichen Frame bedienen: Wer Muslime angreift, erhält Morddrohungen. Dass diejenigen, die die faschistische Szene kritisieren, auch Morddrohungen erhalten, ja tätlich angegriffen werden, wäre ja vielleicht in diesem Kontext mal dringend eine Nachricht wert gewesen. Fehlanzeige.

Versäumnis über Versäumnis

Ein weiteres Versäumnis stellt die Nichtauflösung des deutschen Reinigungsrituals in Form einer Verbalschleife dar: Nazis sind Rechtsextreme sind Nazis, lautet die ständige Projektion historischer wie aktueller Schuld. Das hält in der Vorstellung die Mitte rein. Deshalb kann sich der Zuschauer über eine Tierärztin wundern, die – völlig normal und mittelständisch – PEGIDA unterstützt. Äh, hat man bei der ARD noch nichts von Rassismus, seiner Verortung und Funktionsweise mitbekommen? Glaubt man wirklich noch, dieser befände sich irgendwie am rechten Rand? Der Rassismus der Mitte wird zwar immer wieder mal beiläufig thematisiert, aber nicht in dieser Sendung.

PEGIDA ist nach HoGeSa eine Bündelung islamophober Online-Zuspitzungen, die sich wiederum aus dem ganz normalen Mediendiskurs speist, wie man u.a. hier, hier und hier  nachvollziehen kann. Dieses chauvinistische Phänomen ist nun auf der Straße sichtbar, nachdem Michael Stürzenberger mit seiner PI-Gruppe in München nicht so erfolgreich war.

Mangelnde Recherche

Dass aber die sog. PEGIDA-Bewegung für eine Internationalisierung des Phänomens sorgt, ist eine Fehleinschätzung der Beitragsmacher, die auf mangelnde Recherche hindeutet. Spätestens seit 2010 ist durch eine öffentlichkeitswirksame Aktion bekannt, dass das Thema Islamophobie die Rechte Europas über nationale Grenzen hinweg zu einigen vermag und diese anschlussfähig an die sog. Mitte der Gesellschaft macht, in der Antisemitismus zumindest offiziell verpönt ist. Siehe hier und den kritischen Kommentar dazu auf dem online-Portal Hagalil hier: Dort hat man den Schwenk erkannt, den die Rechte zu machen sucht: Aufgabe des angreifbaren Antisemitismus und Umarmung von Juden und Israel. Der aktuelle Streit im französischen Front National ist immer noch Ausdruck dieses Richtungswechsels. Marine Le Pen setzt auf Sieg durch die Verbannung der antisemitischen Ausfälle ihres Vaters und Vorgängers. Sie und Ihre Kollegen vom belgischen Vlaamse Belang, der österreichischen FPÖ, den wahren Finnen u.v.m. setzen dabei auf das anschlussfähige, weil populärere antiislamische Ressentiment – und das macht sich PEGIDA & Co. zunutze.

Viele Wissenschaftler und Organisationen haben sich mit anti-muslimischem Rassismus und auch seinen Parallelen zum Antisemitismus befasst. Davon kommt in der sog. Doku niemand zu Wort, Studien werden ignoriert, O-Töne erhält vor allem der Gründer der neo-faschistischen Bewegung in Dresden, Lutz Bachmann. Mir scheint sich etwas verändert zu haben in dieser Republik. Oder irre ich mich? Aber ich bezweifle, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor einigen Jahren jemandem, der sich mit Hitler-Bärtchen geoutet hätte, ein Forum geboten hätte.