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Politik

Obama und Romney vor einem Herzschlagfinale

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Die USA wählen heute nicht nur den Präsidenten für die nächsten vier Jahre, es wird auch bestimmt, wie der Senat und das Repräsentantenhaus aussehen werden, mit denen er künftig zusammenarbeiten muss. Ein Patt gilt als wahrscheinlich. (Foto: reuters)

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Obama und Romney vor einem Herzschlagfinale
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Bis zu 180 Millionen registrierte Wähler von mehr als 230 Millionen Wahlberechtigten in den USA haben heute – sollten sie noch nicht von der Möglichkeit des Early Votings Gebrauch gemacht haben – noch die Gelegenheit, ihren Präsidenten für die nächsten vier Jahre zu wählen. Darüber hinaus werden auch noch die Hälfte der Sitze im Senat und alle Sitze im Repräsentantenhaus neu gewählt.

Kurz nach Mitternacht Mitteleuropäischer Zeit wird mit den ersten repräsentativen Zahlen gerechnet, aus denen sich mögliche Trends hinsichtlich des Endergebnisses ableiten lassen.

Im Jahre 2008 hatten sich der Kandidat der Demokraten, Barack Obama und sein Vizepräsidentschaftskandidat Joe Biden mit 53% der abgegebenen gültigen Stimmen und 365 Stimmen im Wahlmännerkollegium gegen das republikanische Team aus John McCain und Sarah Palin durchgesetzt, die auf 46% im Popular Vote und 173 Stimmen im Electoral College kamen. Gleichzeitig konnten die Demokraten ihre Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus ausbauen.

Aussichtsreichster Gegenkandidat des amtierenden und wieder kandidierenden Präsidenten ist der frühere Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, der den Repräsentantenhausabgeordneten von Wisconsin, Paul Ryan, zum Running Mate erkoren hatte.

Die Midterm-Elections im Jahre 2010 brachten einen Erdrutschsieg für die Republikaner, die auf Grund ihrer starken Zugewinne das Repräsentantenhaus wieder unter ihre Kontrolle bringen konnten. Im Senat verfügen die Demokraten seither noch über eine Mehrheit von 6 Stimmen.

Umfragen sehen ein völlig offenes Rennen

Umfragen hatten über längere Zeit hinweg Barack Obama vorne gesehen, in den letzten Wochen vor der Wahl hat der republikanische Kandidat jedoch zu ihm aufschließen und ihn zum Teil überholen können. Das Krisenmanagement zur Hurrikan-Katastrophe der letzten Woche hat dem Amtsinhaber noch einmal leichten Aufwind verschafft und den Aufwärtstrends Mitt Romneys gebremst.

Am heutigen Wahltag liegen nunmehr beide bei den wichtigsten Umfrageinstituten Kopf an Kopf. Der Durchschnitt von Real Clear Politics (RCP) sieht Obama bei 48,5% und Romney bei 48,1. Rasmussen und Gallup sehen Romney mit 49% gegenüber 48 für Obama in Führung, CNN/Opinion Research sieht beide bei jeweils 49%.

Es wird mit einem Herzschlagfinale in den Swing States gerechnet. Die RCP-Projektion für das Electoral College sieht 201 sichere Wahlmännerstimmen für Obama aus den Blue States wie New York, Kalifornien, Hawaii oder Massachusetts sowie 191 sichere Stimmen für Mitt Romney aus den traditionellen Red States, den Republikaner-Hochburgen wie Texas, Kansas, Idaho oder Arizona.

Die Entscheidung wird deshalb in den „Toss Ups“ fallen, in denen regelmäßig Mehrheiten wechseln und auch diesmal der Ausgang ungewiss erscheint. Dazu gehören diesmal die Staaten North Carolina (15), Colorado (9), Florida (29), New Hampshire (4), Virginia (13), Ohio (18), Iowa (6), Michigan (16), Nevada (6), Pennsylvania (20) und Wisconsin (10).

Angesichts der 538 Wahlmänner im Electoral College werden mindestens 270 gebraucht, um eine Mehrheit für einen der beiden Kandidaten herbeizuführen. Im Falle des Fehlens einer absoluten Mehrheit – und ein 269:269 erscheint als nicht unmöglich – wählt das neue Repräsentantenhaus den Präsidenten aus den Kandidaten mit den meisten Stimmen im Kollegium.

Zählkandidaten können entscheidende Stimmen kosten

Außer Barack Obama und Mitt Romney kandidieren noch 16 Zählkandidaten, die zum Teil von Fringe-Gruppen wie der rassistischen American Third Position Party oder der American Socialist Party aufgestellt wurden, denen keinerlei Chancen auf nennenswerte Stimmenanteile eingeräumt werden.

Bei sehr knappen Ergebnissen in Swing States könnten jedoch auf der einen Seite linksaußen Jill Stein von der Green Party oder Schauspielerin Roseanne Barr von der Peace and Freedom Party vor allem Obama entscheidende Stimmen kosten, während Romney potenzielle Gefahr durch Proteststimmen für den libertären Gary Johnson oder Virgil Goode von der Constitution Party droht.

Wer auch immer das Rennen um die Präsidentschaft macht, er wird voraussichtlich mit einer Pattsituation im Kongress rechnen müssen, was ihm das Regieren erschweren wird.

Im Senat sieht RCP 49 sichere Sitze für die Demokraten und 44 für die Republikaner, während 7 Sitze aus Indiana, Massachusetts, Montana, Nevada, Virginia, North Dakota und Wisconsin als Toss-Ups gelten. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Demokraten ihre Senatsmehrheit halten können, ist dadurch verhältnismäßig hoch.

Im Repräsentantenhaus sieht RCP hingegen 224 sichere republikanische Sitze und nur 178 sichere für die Demokraten bei 33 Toss-Ups. Diese Kammer des Kongresses wird also voraussichtlich deutlich in der Hand der Republikaner bleiben.

Erste Ergebnisse von der Präsidentschaftswahl gibt es übrigens schon und die sind uneinheitlich: Im Dorf Dixville Notch (NH) kamen Obama und Romney auf je 5 Stimmen, während Obama 2008 noch mit 15 zu 6 über McCain triumphierte. In Hart’s Location hingegen konnte Obama seinen 17:10-Vorsprung gegenüber McCain von vor vier Jahren auf 23:9 ausbauen. Die Repräsentativität der Ergebnisse wird von Experten jedoch mit einem dicken Fragezeichen versehen.
Christian Rogler