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Politik

„Özgürüz“: Correctiv und Can Dündar starten deutsch-türkisches Online-Medium

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„Özgürüz“ ist ein neues Online-Medium. Es richtet sich an Leser in Deutschland und in der Türkei, auf Deutsch und auf Türkisch. Mit von der Partie ist Can Dündar, der frühere «Cumhuriyet»-Chefredakteur.

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Startseite des Nachrichtenportals Özgürüz
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Das zweisprachige Online-Medium „Özgürüz“ ist gestartet. Für das Projekt mit Texten auf Deutsch und Türkisch arbeitet das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv mit den türkischen Journalisten Can Dündar und Hayko Bağdat zusammen. „Özgürüz“ heißt übersetzt „Wir sind frei“. Das Online-Medium soll nach Angaben der Initiatoren unter anderem über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und über Korruption in der Türkei berichten. „Wir wollen die Menschen in der Türkei informieren und die Menschen in Deutschland über die Verhältnisse aufklären.“

Das vergangene Jahr sei für ihn das schlimmste überhaupt gewesen, sagte Dündar, Ex-Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“, am Montagabend in Berlin. Er habe seine Zeitung verlassen müssen, seine Familie, sein Haus. „Dem türkischen Publikum ist es nicht erlaubt, unabhängige Nachrichten über die Türkei zu bekommen“, so Dündar. „Nun wollen wir ein neues, freies Medium aufbauen. Ich hoffe, diese Plattform ermöglicht es uns, ungehindert unsere Arbeit zu tun.“

Hayko Bağdat, der wie Dündar im Exil in Deutschland lebt, hat für verschiedene Medien gearbeitet, darunter die Tageszeitung „Taraf“ und das Online-Portal „Diken“. „Wir glauben an die Wahrheit“, sagte er. „Ich bin überzeugt, dass die Wahrheit die Kraft haben wird, das Böse zu besiegen.“ Dündar gibt sich da weniger optimistisch: „Wir können zwar frei veröffentlichen, aber wir sind uns nicht sicher, dass wir unser Publikum erreichen werden, weil die türkische Regierung alles unternehmen wird, um uns zu blockieren, zu stoppen.“

Symbolträchtiger Starttermin

Der Starttermin ist kein Zufall: Der 24. Januar ist der Todestag von Uğur Mumcu, der 1993 mit einer Autobombe ermordet wurde. Der Investigativreporter arbeitete ebenfalls für „Cumhuriyet“, allerdings lange, bevor Dündar zu der Zeitung kam. Mumcu gilt heute als eine Ikone des investigativen Journalismus in der Türkei. Bis heute wurde nicht offiziell geklärt, wer für seinen Mord verantwortlich ist.

Der Anschlag auf Mumcu erfolgte, als er zu Verbindungen des Tiefen Staates zur PKK recherchierte. Laut Abdkülkadir Aygan, einem PKK-Funktionär, der jahrelang für den informellen türkischen Geheimdienst JİTEM arbeitete, erfolgte die Ermordung im Auftrag von General Veli Küçük, weil Mumcu  Beweise für eine Zusammenarbeit türkischer Sicherheitsdienste mit der PKK gehabt habe. Küçük wurde 2013 im Rahmen der Ergenekon-Prozesse verurteilt, das Urteil wurde jedoch 2016 wieder aufgehoben. Ihm werden heute gute Verbindungen zur türkischen Regierung nachgesagt.

„Die Idee, ein solches Online-Medium zu machen, hatte Correctiv schon vergangenen Sommer“, sagte Chefredakteur Markus Grill am Montagabend. Grill ist jetzt für die deutschsprachigen Inhalte verantwortlich. Die Texte in beiden Sprachen seien nicht identisch, man wolle versuchen, sie auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Lesergruppen abzustimmen, sagte er. Noch sucht Correctiv Unterstützer, um das Projekt langfristig zu sichern. „Das Problem ist wie immer Geld“, so Correctiv-Geschäftsführer David Schraven.

Bereits am vergangenen Donnerstag hatte die in Berlin erscheinende taz das deutsch-türkische Internetportal „taz.gazete“ gestartet. Dort sollen wöchentlich fünf Beiträge in türkischer und deutscher Sprache erscheinen. Das Portal ist ebenfalls eine Reaktion auf die Politik des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan. Die taz-Redakteurin und Projektleiterin Fatma Aydemir erklärte zum Start: „Während das autoritäre türkische Regime ein Medium nach dem anderen ausschaltet, geben wir ein neues, freies und unabhängiges Medium heraus.“ (dpa/ dtj, Foto: Screenshot der Özgürüz-Homepage)