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Wirtschaft

Türkische Olivenöl-Produzenten proben Flucht nach vorne

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Geringe Erträge, schlechte Aussichten: Durch den Zusammenschluss in internationalen Netzwerken wollen türkische Olivenöl-Produzenten überleben. Viele Länder klagen über das gleiche Schicksal, aber es ist global noch Potenzial vorhanden.

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Angesichts tagtäglicher Herausforderungen haben sich nun auch türkische Olivenölproduzenten dazu entschlossen, sich mit internationalen Netzwerken zusammenzuschließen, um künftig auch Teil des Netzwerks Olivenöl produzierender Städte der Mittelmeerregion (Re.Co.Med) werden zu können, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den weltweiten Konsum von Olivenöl zu fördern.

„Ich bin ein Olivenölproduzent der vierten Generation“, äußert sich einer der Betroffenen gegenüber Hürriyet. „Wir werden von Jahr zu Jahr ärmer. Schon während der vorangegangenen sechs Jahre hatten wir unsere Oliven unter den Produktionskosten verkaufen müssen. Heute, als ich zu dieser Tagung gefahren war, sah ich Frauen beim Olivenpflücken. Ich dachte mir ‚Was für eine harte Arbeit machen die‘. Und ich war traurig, dass wir unseren Arbeitern keine besseren Löhne bezahlen können.“ Diese Worte wirken besonders bitter, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sie an einem besonders traurigen Wochenende für den türkischen Obst- und Gemüseanbau gefallen sind. Kürzlich waren 18 Menschen beim Unglück eines Transporters ums Leben gekommen, der auf dem Weg zur Apfelernte war. Obwohl nur 24 Sitzplätze vorgesehen waren, hatten sich 46 hineingezwängt – ein frappierendes Beispiel für Kostensenkungspolitik.

Aber auch Olivenbauern aus anderen Ländern teilen das Schicksal ihrer türkischen Kollegen. Soledad Serrano Lopez, ein Produzent aus Spanien, dem größten Olivenölproduzenten der Welt mit einem Weltmarktanteil von etwa der Hälfte, berichtete in seiner Rede vor der Handelskammer in Ayvalık, die zu Beginn der Erntesaison Festlichkeiten organisiert wurde, dass auch er dazu gezwungen wäre, 35% unter den Produktionskosten zu verkaufen. Die Handelskammer organisierte erst zum zehnten Mal ein solches Fest, obwohl es auf der ägäischen Seite der Türkei bereits seit Jahrtausenden die Olivenernte gibt.

Immer mehr Olivenhaine werden an Bergwerksbetreiber verkauft

Nunmehr gibt es aber Jahr für Jahr weniger zu feiern. Türkische Bauern klagen darüber, dass der Sektor insgesamt immer weniger profitabel wird. Aber auch Bauern aus anderen Ländern klagen über ähnliche Probleme. Während die Produzenten in Spanien durchschnittlich einen Prämienlohn von 1,3 Euro erhalten, liegt er bei türkischen bei 70 Kuruş (etwa 25 Cent), aber auch Vertreter aus Jordanien und Marokko haben über Schwierigkeiten in diesem Bereich gesprochen.

In der Türkei kommt ein weiteres Problem dazu: Olivenhaine werden auf der Basis neuer gesetzlicher Regelungen auch zum Zwecke des Betriebs von Minen freigegeben. In Anbetracht der starken Abhängigkeit von ausländischer Energie will die Regierung ein Gesetz zurücknehmen, das Olivenhaine vor der Beeinträchtigung durch den Bergbau schützen soll.

Lediglich die Sicherheitsprobleme im Bergbau, die sich nicht zuletzt am Minenunglück mit 301 Toten im Mai in Soma und derzeit angesichts von 18 immer noch in einem Stollen in Karaman gefangenen Bergleuten zeigen, und eine heftige Protestkampagne von Olivenproduzenten hat bis dato verhindert, dass eine neue Gesetzeslage in Kraft tritt. Die Gesetzesvorlage wartet immer noch darauf, in der hierfür vorgesehenen Parlamentskommission besprochen zu werden und Bauern fürchten, dass, sollte sie zum Gesetz werden, viele Grundeigentümer ihre Olivenhaine verkaufen werden.

Die Produzenten in Ayvalık wollen vorerst jedoch weiterkämpfen und sehen den Anschluss an internationale Netzwerke als möglichen Ausweg angesichts der täglichen Herausforderungen. „Als wir begannen, war es unser Traum, eine internationale Dimension zu erlangen. Dieser Traum ist in Erfüllung gegangen“, äußerte İbrahim Kantarcı, der Vorsitzende der örtlichen Handelskammer.

Olivenöl wird von 3,5% der Weltbevölkerung konsumiert

Sein Vorgänger, Rahmi Gencer, ist mittlerweile zum Bürgermeister gewählt worden und möchte mittels der Organisation von Festveranstaltungen, zu denen alle in irgendeiner Weise von der Problematik Betroffenen eingeladen werden, Bewusstsein schaffen. „Vor zehn Jahren lag der jährliche Konsum pro Person bei 900 Gramm, mittlerweile sind es fast zwei Kilogramm“, schildert Gencer. Diese fast zwei Kilogramm sind allerdings immer noch wenig gegenüber acht Kilogramm in Tunesien oder 11,5 Kilogramm in Italien, die beide zu den fünf größten Olivenproduzenten der Welt zählen.

Aber: „Bereits jetzt konsumieren 3,5% der Weltbevölkerung Olivenöl und wir wollen diesen Prozentsatz steigern“, zeigt sich Elisa Skuda, die Generalsekretärin von Re.Co.Med, entschlossen. Die Organisation umfasst Produzenten aus 13 Mittelmeerländern.

Auch Serrano, der jetzt Vorsitzender von QvExtra ist, einer gemeinnützigen Organisation, die Olivenöl produzierende Unternehmen zusammenführt, will sich nicht unterkriegen lassen. „Man sagt, Olivenöl sei teurer als anderes Öl. Nun, was einen Wert hat, ist natürlich teurer.“

Während Serrano die USA ins Visier nehmen möchte, wo der Konsum von Olivenöl niedrig ist, will die Generalsekretärin von Re.Co.Med von der Anerkennung der mediterranen Ernährung als Kulturerbe im Jahre 2010 profitieren. Die Türkei sollte davon profitieren, denn erst jetzt angesichts des Zusammenschlusses im Netzwerk sei es vielen in der Türkei erst aufgefallen, dass die Türkei von der UNESCO noch gar nicht als Land gelistet ist, die mediterrane Küche praktizieren. Und so soll einer der ersten Schritte innerhalb des Netzwerks nun darin bestehen, das türkische UNESCO-Komitee dazu zu motivieren, um die Behebung dieses Missstandes anzusuchen.