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Olympia: Ringen um Ringen

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Istanbul, Tokio und Madrid sind die Bewerber für die Olympischen Spiele 2020. Doch Olympia ohne Ringen ist in Japan und der Türkei unvorstellbar. Das drohende Olympia-Aus zieht derweil erste personelle Konsequenzen nach sich. (Foto: aa)

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Olympia: Ringen um Ringen
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Es ist eine pikante Situation. Japan hofft am 7. September in Buenos Aires auf den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Das Gesicht der Bewerbung ist ausgerechnet die Ringerin Saori Yoshida, die 2004, 2008 und 2012 Olympiasiegerin im freien Stil in der Gewichtsklasse bis 55 Kilogramm geworden ist. Die zehnmalige Weltmeisterin gilt in ihrer Heimat als „Königin des Ringens“, wurde nach ihrem dritten Olympiasieg 2012 sogar mit dem „Kikuchi-Kan-Preis“ und dem „People’s Honour Award“ geehrt.

Japan gehört zu den erfolgreichsten Ringer-Nationen und ist geschockt von der Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die Sportart von 2020 an aus dem olympischen Programm zu streichen. „Ich weiß wirklich nicht warum? Ich bin so am Boden zerstört“, meinte die 30-jährige Ausnahme-Athletin. „Ich bin wirklich schockiert, ich möchte die Gründe wissen und habe keine Ahnung, warum sie das entschieden haben“, sagte der Chef des japanischen Ringerverbandes, Tomiaki Fukuda, in einem Interview mit dem TV-Sender Asahi.

Auch die Ringer-Nation Türkei hofft auf die Ausrichtung der Sommerspiele 2020. Der Präsident des türkischen Ringerverbandes (TGF), Hamza Yerlikaya (m.), kritisierte den Schritt gegen den Traditionssport scharf. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Entscheidung korrigiert wird“, sagte Yerlikaya, der zweimal olympisches Gold gewann. „Ein Aus für das Ringen ist einfach falsch, denn es ist eine der Grundlagen der Olympiade.“ Es sei undenkbar, dass Olympische Spiele 2020 in Istanbul ohne Ringen stattfinden könnten.

Türkischer Verbandspräsident: Ringernationen müssen zusammenarbeiten

Der Verbandspräsident setzt nun auf eine Allianz der Ringer-Nationen. „Ringen ist das Rückgrat der Olympischen Spiele und ohne Wirbelkörper kann man nicht aufstehen. Die Länder, die den Ringkampf bei den Olympischen Spielen behalten möchten, müssen zusammenstehen. Aserbaidschan, USA, China, Südkorea, Iran, Russland und die Türkei müssen zusammenarbeiten, um eine Entscheidung zu treffen. Gemeinsam können wir gewinnen“, sagte Yerlikaya der türkischen Nachrichtenagentur IHA.

Das Präsidium des Ringer-Weltverbandes FILA will sich an diesem Wochenende im thailändischen Phuket beraten und die Präsentation der Sportart für die nächste IOC-Sitzung im Mai in St. Petersburg vorbereiten. „Die FILA wird alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den IOC-Vorstand und die IOC-Mitglieder zu überzeugen, nicht gegen eines der Gründungsmitglieder in den Sportarten der antiken und modernen Olympischen Spiele zu stimmen“, teilte der Verband auf seiner Homepage mit.

Martinetti nicht mehr Präsident des Ringer-Weltverbandes

Das drohende Olympia-Aus der Traditionssportart zieht unterdessen erste personelle Konsequenzen nach sich. Raphaël Martinetti ist nicht mehr Präsident des Ringer-Weltverbandes FILA. Damit zog der Schweizer bei der FILA-Tagung am Samstag im thailändischen Phuket die Konsequenzen aus der drohenden Streichung der Sportart aus dem olympischen Programm. „Diese Entscheidung gibt dem internationalen Ringen die Gelegenheit, sich zu verändern und zu verbessern“, sagte der Chef des amerikanischen Verbandes, Rich Bender.

Ende April, Anfang Mai soll es nach Angaben des russischen Verbandes vom Samstag auf einem FILA-Kongress in Moskau Neuwahlen geben. Zudem wurde eine Krisengruppe gebildet. Diese soll mit Hilfe von Marketingagenturen eine Strategie erarbeiten, wie Ringen als Sportart weiter entwickelt werden kann.

Die IOC-Vollversammlung muss im September in Buenos Aires endgültig beschließen, welcher der sieben olympischen Ersatzkandidaten (Baseball/Softball, Klettern, Karate, Rollschuhsport, Squash, Wakeboarden, Wushu) nachrückt oder ob Ringen seinen Olympia-Status doch behalten darf. Auf jeden Fall dürfen die Mattenkämpfer der IOC-Exekutive Ende Mai bei deren Sitzung in St. Petersburg demonstrieren, wie die versprochenen Sofortmaßnahmen aussehen.

Schon vor der Tagung in Phuket war der Druck auf Martinetti gewachsen, auch weil viele Präsidiumsmitglieder nichts von den Änderungswünschen des IOC gewusst hatten. Vor allem der Chef der russischen Ringervereinigung, Michail Mamiaschwili, forderte vehement einen Rücktritt des bisherigen Weltverbandspräsidenten.

Nach russischen Angaben sei Martinetti in Phuket gefragt worden, was zu der IOC-Entscheidung geführt habe. Daraufhin sei der Schweizer aufgestanden und gegangen. Ein anschließendes Misstrauensvotum samt Abwahl auf Antrag Mamiaschwilis sei 11:10 ausgegangen. Martinetti war seit 2002 FILA-Chef. „Unser Sport kann jetzt wieder ein unbelastetes Verhältnis zum IOC aufbauen und sich mit einigen dringenden Herausforderungen und Chancen des Ringens befassen“, sagte US-Verbandschef Bender. (dpa/dtj)