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Politik

Optionspflicht „integrationspolitischer Totalschaden“

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NRW wird sich auf Bundesebene für eine Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts einsetzen. Personen, die ihren deutschen Pass wegen der Optionspflicht aufgeben mussten, könnten ihn zurückbekommen.

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Die nordrhein-westfälische Landesregierung wird sich auf Bundesebene für eine Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts einsetzen. Der Landtag in Düsseldorf befasste sich in der heutigen Sitzung mit einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD, Grüne und Piraten. Dabei wurde die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine Hinnahme von Mehrstaatlichkeit einzusetzen. Auch sollen Personen, welche aufgrund der Optionspflicht die deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben mussten, das Recht bekommen, den deutschen Pass zurückzuerhalten.

Des Weiteren sieht der von den drei Fraktionen beschlossene Antrag eine Abschaffung des Einbürgerungstests vor. Bereits im DTJ-Interview im vergangenen Monat sprach sich Dr. Joachim Paul, Vorsitzender der Piratenfraktion, für die Aufhebung der Optionspflicht aus: „Die Zugehörigkeit zu einer Nation ist keine rein sachliche Entscheidung, sondern ist auch immer von einem Gefühl und einem kulturellen Hintergrund begleitet. Wir sind der Meinung, dass man nicht Persönlichkeitsspaltung betreiben darf, indem man Leute zu einer Entscheidung zwingt. Im Gegenteil: Ich glaube sogar, dass sehr viele Menschen, die gerade aus der Türkei zu uns gekommen sind, tatsächlich zwei Identitäten haben und das sollen sie dann auch durch die Zugehörigkeit zu zwei Staaten dokumentieren können. Das ist für uns eine ganz klare Sache. Das hat etwas mit der Freiheit zu tun, dass ich mir selber eine oder mehrere Identitäten geben kann.“ Die Ablehnung einiger Gruppierungen begründete Paul mit einem „in einigen Teilen der Gesellschaft verwurzelten Konservatismus.“

Reines Wahlkampfgetöse?

Der integrationspolitische Sprecher der SPD Bernhard von Grünberg, der das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht als starr bezeichnet, ist froh über das Ergebnis der Abstimmung: „Für viele bedeutet das eine schmerzhafte Entscheidung zwischen ihrer Lebenswirklichkeit in Deutschland und ihren familiären Wurzeln. Die Optionspflicht ist ein integrationspolitischer Totalschaden und muss umgehend abgeschafft werden.“ Jutta Velte, integrationspolitische Sprecherin der Grünen, kritisierte die enthaltende Haltung der FDP. Die Ankündigungen der FDP, die Zahl der Einbürgerungen signifikant zu erhöhen sei „reines Wahlkampfgetöse.“

Auch Innenminister Ralf Jäger bekräftigte in der Plenardebatte die Position der Landesregierung und sprach dem gemeinsamen Antrag der Grünen, SPD und der Piraten seine Akzeptanz aus: „Wir stehen für die Forderung nach Mehrstaatlichkeit und werden auch dafür eintreten.“ Peter Biesenbach von der CDU hingegen warf den Grünen und der SPD Populismus vor: „In den Parteistatuten der Sozialdemokraten und auch der Grünen ist nur erlaubt einer Partei anzugehören. Warum?! Frau Vellte, warum darf ich nicht Grüner sein, mit Ihrem Verständnis für Staatsangehörigkeit, und FDP-Mitglied. Wenn Sie die Antwort plausibel für sich finden, dann können wir heute darüber reden. So machen Sie nichts weiter als wirklich billigen Populismus.“ Joachim Stamp (FDP) erinnerte an die Verabredung im Landtag, in der sich die Fraktionen dafür ausgesprochen hatten, dass das Thema bis zu den Bundestagswahlen nicht thematisiert wird. Während sich die FDP-Fraktion bei der Abstimmung enthielt, lehnte die CDU-Fraktion die Initiative ab. Serap Güler, die erste türkischstämmige Abgeordnete der CDU im Landtag, enthielt sich der Stimme.

Optionspflicht entstammt der Reform aus dem Jahr 2000

Die Optionspflicht wurde erstmals im Jahr 2008 wirksam. Sie wurde 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung im Rahmen der Neuauslegung des Reichs-und Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913 als politische Kompromissformel eingeführt. Bis zum Jahr 2018 soll die Zahl der optionspflichtigen Jugendlichen auf bis zu 40.000 Fälle pro Jahr steigen. Zwar gibt es immer wieder Initiativen, um für eine Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft zu werben, dennoch lässt sich ein drastischer Rückgang bei den Einbürgerungen erkennen. So gab es im Jahr 2011 nur 107.000 Einbürgerungen, während im Jahr 1996 knapp 303.000 Menschen den deutschen Pass erhalten haben. Mit dem Antrag ist die Landesregierung nun verpflichtet, sich im Bundesrat für die doppelte Staatsbürgerschaft und gegen die Optionspflicht stark zu machen.