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Geschichte

Osmanische Künste zum Kennenlernen

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Die Goethe Universität veranstaltet Kurse für Kalligraphie, Ebru und Sufi-Musik. Der Theologe Ömer Özsoy will erreichen, dass die angehenden muslimischen Theologen ihre eigene Kultur kennen lernen.

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Osmanische Künste zum Kennenlernen
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In rhythmischem Tempo hört man die Töne unvertrauter Musikinstrumente. Def, Ud und Ney, klingen für europäische Ohren fremd. Die Osmanen hegten eine grosse Begeisterung für Musik und kannten eine Vielfalt von Instrumenten. Das ist Mehmet Ungan, der diese Kunst seit Neuestem den Studenten in Frankfurt näher bringen möchte, schon bekannt. Er glaubt wie Rumi oder Yunus Emre, dass die Musik eine heilende Kraft besitzt und zum Erweitern des Erfahrungshorizontes in Bezug auf Spiritualität und Moral beiträgt.

Es ist ein kleines Zimmer im Hinterhof, die Tür steht offen, der Raum ist voll. Ungan und seine Schüler spielen den Anwesenden ein Gedicht von Yunus Emre vor. Heute präsentieren die Studierenden der Goethe Universität in Frankfurt ihre Abschlussarbeiten in den Kursen Kalligraphie und Ebru. Handverzierte Papierbögen in Pastellfarben, mit schwarzer Tinte und Federkiel verschönert. Iqra steht auf Arabisch geschrieben, darunter auf Deutsch: „Lies“. „Wir haben eine Kultur geerbt, deren Bedeutung sich die Wenigsten bewusst sind“, stellt Hasan Temiztürk, Dozent für Kalligraphie, der Kunst des Schönschreibens, fest. Er hält eine handgefertigte, goldene Kugel in der Hand. Darin befindet sich ein kleeblattartiges Kunstwerk, geschmückt mit dickem, grünem Papier, auf jeder Seite ein anderes Gebilde. Man nennt es ein rundes Buch, verrät er. Aufgabe war es, eines der Wörter Iqra oder Basmala in osmanischer Kunst zu präsentieren.
Es sei überaus wichtig, die eigene Kultur zu kennen, meint Temiztürk. Dabei steht den Lehrerenden ein wesentlicheres Ziel vor Augen: es geht darum, in die eigene Kultur hineinzuwachsen. Der muslimische Theologieprofessor Ömer Özsoy stimmt diesem Vorhaben zu: „Deutschland braucht Islamwissenschaftler, die ihre eigene Religion und Kultur gut kennen und in der Lage sind, daraus zu schöpfen.“ Laut Özsoy sei es vernünftiger, Leute auszubilden, die die eigene Kultur besser als die Orientalisten kennen und verstehen.

Auf einem schmalen Tisch liegen einige Hadithe und Verse auf Pappe, Pergamentrollen oder kleinen Plakaten geschrieben. Vieles wurde ins Deutsche übersetzt. Diverse Arbeiten sind in Dossiers verpackt, lassen sich aber leicht öffnen. Sedef Gögel hat vier Monate lang Ebru unterrichtet, eine Kunst des Marmorierens auf Wasser. Sie glaubt, im nächsten Jahr dank der zweisemestrigen Erfahrungen, ihren Unterricht noch besser gestalten zu können. Ein ganzer Papierhaufen liegt auf dem Tisch. Alles muss bearbeitet werden, aber diesmal nicht mit Farbe und Wasser, sondern mit Kugelschreiber. Die Studierenden wollen ihr Testat unterschreiben lassen.
Laut Temiztürk seien mehr als die Hälfte der Anwesenden in den Kursen türkischstämmige Muslime, gefolgt von Marokkaner, Algerier und Deutschen. Seit einem Jahr kann zusätzlich Islamische Kunst gebucht werden. Ömer Özsoy ist der Meinung, dass Osmanische Kunst zukünftig mehr Interesse wecken wird. Bis heute hat Fatima Zehra Al Massoudi keine richtige Bekanntschaft mit dieser islamischen Kunst gemacht. „Es wird etwas völlig Neues für mich sein“, meint die junge Marrokanerin.
Ein weiteres Mal hört man den Klang von Ud und Ney. Dazu kommen die leichten Schläge des Def und die feine Stimme einer Studentin, die mit Mehmet Ungan zusammen singt:

Ich bin auf einem langen schmalen Weg
Gehe ich morgens und nachts.
Weiß nicht, in welcher Situation ich bin
Ich gehe morgens und nachts.
Çağla Yavuz, Gülay Adıbelli