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Politik

Özdemir: „Gülen-Bewegung muss selbst Klarheit schaffen“

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Der grüne Bundesvorsitzende Cem Özdemir verlangt von der Gülen-Bewegung, Transparenz über die Tätigkeit ihrer Organisationen und Vereine in Deutschland herzustellen. „Die Gülen-Bewegung muss selbst Klarheit schaffen, was sie eigentlich ist, eine islamisch-konservative Glaubensgemeinschaft, ein missionarisches Karrierenetzwerk oder eine islamistisch-politische und letztlich radikale Bewegung“, sagte Özdemir der „Frankfurter Sonntagszeitung“.

Eine Infiltration der deutschen Gesellschaft durch die Gülen-Bewegung, wie sie in der Türkei stattgefunden habe, befürchte er nicht: „Entscheidend ist zunächst, dass sich die Anhänger Gülens an die deutschen Gesetze halten. Doch auch dann braucht es mehr Transparenz über die ideellen Absichten.“

Unterwanderung auch in Deutschland?

Der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Lasotta, bewertete die Gülen-Bewegung in Deutschland negativer: „Nach meiner Erfahrung besteht die Gefahr, dass diese Leute sich auch in unseren Institutionen breitmachen, um unter dem Deckmantel der Integration ihre türkischstämmigen Mitmenschen in einer Parallelwelt zu halten, die an die Überlegenheit eines islamisch-osmanischen Machtbereiches über unsere freiheitlich-westlichen Werte glaubt.“ Seine Ansichten werden auch in einem heute erschienenen (kritischen) Gülen-Artikel der FAZ zitiert.

Das „eigentliche Netzwerk“ seien die strukturkonservativen islamischen Familien, die Unternehmer und akademischen Führungskräfte, die Lesekreise und die Wohngemeinschaften. Ziel der Gülen-Bewegung sei es, durch eine gute formale Bildung akademische Kader heranzuziehen, um öffentliche Positionen in Staat, Verwaltung, Parteien und Gesellschaft zu besetzen, sagte Lasotta. Das nicht rechtsstaatliche Vorgehen der türkischen Regierung gegen die Bewegung, bei der mittlerweile Menschen zu Tode kamen, noch bevor sie verhört wurden, verurteilte der Politiker.

Professor für Bildungsforschung: Gülen verfolgt keine politische Agenda

Heiner Barz, Professor für Bildungsforschung und Bildungsmanagement an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, kommt hingegen in einem Artikel für rp-online zu dem Schluss, dass Gülen anders als oft behauptet keine politische Agenda verfolge.

Der „Dienst“ („Hizmet“), zu dem er die Menschen auffordere, richte sich mehr auf das Hier und Jetzt: Kampf gegen Armut und Unbildung, Glaubensvermittlung, religiös begründete Lebensführung, Anspruchslosigkeit, Opferbereitschaft. Als Zukunftsvision gilt ein neues Zeitalter, das durch Frieden und Toleranz eine gemeinsame Zivilisation hervorbringen solle.

Seine Ausführungen schließt Barz mit folgender Schlussfolgerung ab: „Dass unter den geschätzten weltweit zehn Millionen Anhängern Gülens etliche sind, denen man Fehler oder sogar Verbrechen nachweisen kann, wird kaum jemand bestreiten. Dass unter den Putschisten auch Gülen-Anhänger waren, ist ebenfalls wahrscheinlich. Dass Gülen aber der Anführer eines Staatsstreichs gewesen sein soll, ist für unbefangene Kenner der Gülen-Bewegung eher unwahrscheinlich.“