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Gesellschaft

Özoğuz in der SPD-Parteizentrale ausgebuht

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Gestern Sarrazin, heute Buschkowsky. Die Integrationsdebatte schlägt in der SPD weiter hohe Wellen. Die stellvertretende Parteivorsitzende Aydan Özoğuz wurde für ihre vorsichtige Kritik an Buschkowskys populistischen Thesen nun ausgebuht.

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Özoğuz in der SPD-Parteizentrale ausgebuht
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In seinem umstrittenen Buch „Neukölln ist überall“, stellt Buschkowsky Bürger mit Migrationshintergrund als problematisch und nicht integriert dar. Nachdem der ebenfalls eingeladene SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel – offiziell aus „gesundheitlichen Gründen“ – noch am Tag der Veranstaltung abgesagt hatte, verblieb die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoğuz als Mitglied der Bundesspitze ihrer Partei und sollte bald einen bezeichnenden Eindruck von jenem Publikum bekommen, das Buschkowsky durch seine Wortergreifungsstrategie der letzten Jahre für sich begeistern konnte.

So erntete Özoğuz – deren Umgang mit der deutschen Sprache virtuoser sein dürfte als jener des durchschnittlichen Lesungsgastes – Buhrufe aus dem mit 300 Besuchern gefüllten Saal für ihre Äußerung: „Ich bin meinen Eltern dankbar dafür, dass wir zu Hause immer türkisch gesprochen haben“. Buschkowsky hatte zuvor erklärt, die Arbeitslosenrate und die Kriminalität unter jugendlichen Einwanderern seien hoch und es hätte Nachteile, dass Eltern mit ihren Kindern Türkisch anstatt Deutsch sprechen würden.

„Das Neukölln, in dem ich lebe, ist ein anderes“

Özoğuz hingegen sieht in dieser Vorgehensweise sogar Vorteile: „Ich bin zweisprachig groß geworden und dank den Erkenntnissen der Wissenschaft wissen wir heute, dass jemand, der seine Muttersprache gut beherrscht, auch Vorteile beim Erlernen anderer Sprachen hat.“

Die Sozialdemokratin betonte, dass die Schilderungen Buschkowskys über Migranten nur schwerlich mit den tatsächlichen Verhältnissen im Bezirk in Einklang zu bringen seien und fügte hinzu: „Ich lebe auch in Neukölln und habe die Situation noch nie so erlebt, wie es im Buch dargestellt wird.“

Buschkowsky beharrte hingegen hartnäckig auf seiner Darstellung, dass die Probleme in Deutschland ethnisch und religiös zu deuten wären. Er behauptete, es gäbe überall in Deutschland Integrationsprobleme und dass Deutschland sich kulturell zurückentwickeln würde – wobei er die Kultur der Zuwanderer als dafür entscheidend betrachtet.

Die Mehrheit der Schüler sei heutzutage nichtdeutscher Herkunft und viele Familien würden Hartz IV und Wohngeld einbeziehen, berichtete Buschkowsky. Der Neuköllner Bezirksbürgermeister legte dar, 55% der Einwanderer würden Sozialhilfe einbeziehen und an einigen Schulen wären sogar 90% der Eltern von Sozialhilfe abhängig.

Mit Kita-Zwang gegen fremde Einflüsse

Es sei die Verantwortung des Staates, Kindern solcher Familien soziale Ziele vorzugeben und es müsste eine frühe Kita-Pflicht geben, schlug Buschkowsky vor. Er beteuerte, Migrantenkinder würden nie erleben, dass Vater und Mutter regelmäßig früh aufstehen und abends strahlend nach Hause kommen würden, weil sie Erfolg hatten.

Er behauptet, kulturelle Vielfalt in der Gesellschaft und Aussagen wie „Alles wird gut“ wären nichts anderes als romantische Schwärmerei. Der SPD-Politiker betonte, ein Leben in Wohlstand ohne die Integration der Einwandererkinder sei in Deutschland nicht möglich.

„Das Human-Kapital unserer Gesellschaft liegt dort, wo es viele Kinder gibt“, fügte er hinzu. Kinder wären geprägt von fremden kulturellen Einflüssen in ihren Familien und dadurch auch fremd in der Gesellschaft, in der sie eigentlich leben. Sie würden eine durch Gewalt geprägte Erziehung in ihrer Familie bekommen, behauptete der Neuköllner Bezirksbürgermeister Buschkowsky und an vielen Schulen gerieten Familien in Streitigkeiten und Konflikte.

Einwandererperspektive bleibt unbeachtet

Aydan Özoğuz bemühte sich bestmöglich, Buschkowskys Thesen entgegenzutreten, was angesichts der aufgepeitschten Stimmung nicht einfach war. Von der Einwandererperspektive sei im Buch nie die Rede, beklagte die Politikerin.

„Wenn ich nie die andere Seite zu Wort kommen lasse, wenn ich nie frage, wie ist es denn, wenn ich Aydan Özoğuz heiße und auf diese Schule gehe oder wenn ich Hakan Özkan heiße und mich irgendwo bewerbe, wenn diese Perspektive komplett außer Acht gelassen wird, dann fehlt für mich etwas auf dieser Wegstrecke. Wir müssen den sozialen Staat stärken, unabhängig vom Elternhaus, von der Herkunft müssen wir jedem die Chancengleichheit geben“, betonte Özoğuz.

Nach „Deutschland schafft sich ab“ von Bundesbankpräsidenten Thilo Sarazzin (SPD) hat mit dem Buch von Heinz Buschkowsky, dem Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, es bereits zum zweiten Mal ein Buch eines SPD-Politikers in die Bestsellerlisten geschafft, das Einwan-derer in ein schlechtes Licht rückt.