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Politik

Erdoğans Büchse der Pandora

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Milliardenschwere Immobilienmogule, ein alternder Präsident und Steueroasen in der Karibik: Das Szenario liest sich wie ein dystopisches Schurkenstück. Für die Türkei ist es bittere Realität. Dort füllen sich Erdoğan-treue Magnaten die Taschen und schaffen ihr Geld in Steueroasen. Was wusste der Präsident?

Seit Jahren beteuern Politik und Wirtschaft, Steueroasen bekämpfen zu wollen. Neue Recherchen zeigen nun, dass viele Unternehmer:innen und Politiker:innen selbst von ihnen profitierten, um ihre Einkünfte zu verschleiern. Mit den heimlichen Offshore-Geschäfte entziehen sie den Staaten viel Geld, weil sie keine Steuern auf ihre Einkünfte zahlen. In Ländern wie der Türkei, wo die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht, birgt das Zündstoff.

Aber der Reihe nach: Die sogenannten „Pandora Papers“, eine Recherche internationaler Medien (darunter die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR), belastet hunderte Politiker, Amtsträger, Firmenvorstände und Spitzensportler rund um den Globus. Die 11,9 Millionen geleakten Dokumente beweisen: Die Beschuldigten sollen über Jahre hinweg undurchsichtige Offshore-Konten genutzt haben, um ihre Vermögen zu verschleiern.

Erdoğan-Vertrauter unter den Beschuldigten

Auf der Liste stehen auch türkische Staatsangehörige, zum Beispiel Erman Ilıcak, Inhaber der Rönesans Holding (DTJ-Online berichtete). Dem Milliardär wird vorgeworfen, knapp 190 Millionen Euro auf den britischen Jungferninseln versteckt zu haben, um keine Steuern zahlen zu müssen.

Das Pikante daran: Er gilt als Vertrauter des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Sein Unternehmen baute den 1.000 Zimmer umfassenden Präsidentenpalast. Und dank Erdoğan sicherte sich llıcaks Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren den Zuschlag für etliche staatliche Ausschreibungen. Insgesamt beträgt das Volumen der Bauvorhaben bis heute circa 1,6 Milliarden Euro.

Welche Rolle spielt der türkische Präsident?

Wie war solch ein Steuerbetrug in Millionenhöhe möglich? Präsident Erdoğan muss sich zumindest Untätigkeit vorwerfen lassen. Zwar hatte er bereits 2006 ein Gesetz erlassen, demzufolge 30 Prozent Steuern auf Geld, das in Steueroasen verschoben wird, anfallen. Die Liste der Länder, die als Steuerparadiese gelten, gab er seither aber nicht frei.

Die Nutznießer dieser Tatenlosigkeit konnten jahrelang ungehindert Geld am türkischen Fiskus vorbei in die Karibik transferieren. Und das, obwohl sie vom Staat alimentiert wurden. Die Cengiz Holding erhielt in der Erdoğanschen Präsidentschaftszeit zum Beispiel rund 40 Milliarden Euro von der Regierung – und verschob Millionen in Steueroasen. Die Weltbank führt sie als eines von drei Unternehmen, das die meisten öffentlichen Ausschreibungen weltweit ge­wann.

Milliarden vom Staat – Millionen in Steueroasen

Außerdem im Fokus: die Demirören Holding. Das Unternehmen agierte offenbar besonders dreist. Mit Millionen schweren Krediten von staatlichen Banken kaufte es die früher zur Doğan-Gruppe gehörenden Zeitungen und Fernsehsender – und machte nach der Übernahme Propaganda für Erdoğan. Das Geld zahlte die Demirören Holding aber nicht zurück. Im Gegenteil: Das Unternehmen übermittelte Millionen in Steueroasen, um es später in Luxusimmobilien in London zu investieren.

Indes kommen die Recherchen für Erdoğan zur Unzeit. Sinkende Umfragewerte, eine stagnierende Wirtschaft und die Debatte um seinen Gesundheitszustand setzen ihm zu. Nun steht die Frage im Raum: Konnte oder wollte er das unlautere Gebaren seiner Geschäftspartner nicht unterbinden?

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