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Gesellschaft

Patriarchat von Konstantinopel will unabhängig bleiben

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Der künftige Status des Seminars von Halki ist noch ungeklärt. Die Kirche möchte keiner türkischen Behörde unterstellt sein, die Türkei möchte im Gegenzug für die Wiedereröffnung mehr Rechte für die türkische Minderheit in Griechenland. (Foto: cihan)

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Patriarchat von Konstantinopel will unabhängig bleiben
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Die türkische Regierung arbeitet Berichten türkischer Medien zufolge an einer Möglichkeit, das Priesterseminar von Halki wieder zu eröffnen. So berichtete etwa die Hürriyet Daily am Montag, dass ein Unterstaatssekretär des türkischen Ministerpräsidenten ein Expertenteam leiten wird, das den Weg für eine Wiedereröffnung des orthodoxen Priesterseminars der Kirche von Konstantinopel ebnen soll.

Dem Bericht zufolge würde das Expertenteam für die Wiedereröffnung des Seminars von Halki (Istanbul-Heybeliada) zwei Möglichkeiten in Betracht ziehen: So könnte dem Priesterseminar entweder offiziell ein Hochschulstatus verliehen werden oder die Einrichtung würde als zu einer bereits bestehenden ausländischen Universität gehörigen Hochschule wiedereröffnet werden. An den Vorbereitungen zur Wiedereröffnung sind sowohl das Ministerium für Nationale Erziehung als auch das zentrale staatliche Kontrollgremium türkischer Hochschulen (YÖK) beteiligt. Entsprechend wäre die wichtigste christliche Theologische Hochschule des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel entweder dem YÖK oder den Bestimmungen des Heimatlandes der entsprechenden ausländischen Universität unterworfen.

Inspektionen und Kontrolle durch türkische Behörden – für die Kirche undenkbar

Experten sagten dem türkischen Blatt „Today’s Zaman“, sie werteten die Pläne der türkischen Regierung als Schritt in die richtige Richtung, jedoch gaben sie auch Bedenken in Bezug auf das zukünftige Verhältnis des türkischen Staats zum Priesterseminar von Halki Ausdruck, wonach sich das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel in der Vergangenheit gegen eine Unterstellung des Seminars unter die Zuständigkeit einer staatlichen türkischen Behörde und möglichen Inspektionen der YÖK ausgesprochen hatte.

„Das Patriarchat hat bereits bekanntgegeben, dass es die Möglichkeit, das Seminar als Hochschule einer Universität zu betreiben, ablehnt. Dies biete keine Lösung der aktuellen Probleme“, sagte Elçin Macar, Mitarbeiter der Abteilung Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen der Technischen Universität Yıldız.

Das Patriarchat war zu diesem Zeitpunkt zu keiner Stellungnahme bereit, da es nach eigenen Angaben über beiden Möglichkeiten zur Wiedereröffnung, an denen die türkischen Behörden momentan arbeiten, erst durch die Presse informiert worden wäre. Dositheos Anagnostopoulos, Protopresbyter (orthodoxer Erzpriester) des Ökumenischen Throns des Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel, sagte der Zeitung „Zaman“ vor dem Hintergrund, dass die Kirche weder mündlich noch schriftlich von der Regierung über die ausgearbeiteten Möglichkeiten informiert worden war: „Als erstes müssen wir uns die ausgearbeiteten Möglichkeiten genau anschauen und rechtlich prüfen, ob sie unsere Erwartungen erfüllen.“

Angliederung des Seminars an ausländische Universität wäre eine Aufschiebung des Problems

Elçin Macar sagte „Today´s Zaman“ am Dienstag, dass die Türkei das Priesterseminar von Halki als Kirchenangelegenheit behandeln solle und nicht versuchen sollte, die Einrichtung in das offizielle Bildungssystem einzugliedern. „Wenn eine klare Definition (der Zuständigkeiten) aus rechtlichen Gründen absolut notwendig ist, dann macht es ein Gesetzesentwurf der YÖK möglich, dass auch private Universitäten gegründet werden können“, so Macar, der sich außerdem gegen die Möglichkeit aussprach, den Seminar einer ausländischen Universität zu unterstellen. „Dies würden bedeuten, dass die Regierung nicht genug für die Lösung von Problemen der eigenen Bürger tun würde.“

Momentan prüft die türkische Regierung verschiedene Modelle zur Wiedereröffnung des Seminars. Jedoch sagten Verantwortliche im Ministerpräsidialamt, dass die Türkei Schritte zur Wiedereröffnung des Priesterseminars teilweise an Verbesserungen der Rechte von im griechischen West-Thrakien lebenden ethnischen Türken knüpfe.

Diese Einstellung stößt jedoch auf breite Kritik. „Das Prinzip dieser „Gegenseitigkeit“ sollte nicht in Fragen von Menschenrechten und Grundfreiheiten gelten“, sagte beispielsweise Akın Özçer, ein ehemaliger Diplomat der Zeitung „Today’s Zaman“.

Das seit 1972 geschlossene Seminar ist auch Gegenstand der EU-Beitrittsbedingungen

Die EU und die USA kritisierten die Türkei in der Vergangenheit häufig dafür, dass das griechisch-orthodoxe Priesterseminar von Halki bislang nicht wiedereröffnet wurde und dass die Eigentumsrechte des Patriarchats nicht ausreichend geschützt würden. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel ist nach dem Vertrag von Lausanne eine vom Völkerrecht geschützte Institution. Der Patriarch von Konstantinopel beschwert sich seit Langem regelmäßig über den Status des Priesterseminars. Erst 2012 hatte ein Vorsitzender des Amts für Religionsangelegenheiten zum ersten Mal in der Geschichte der türkischen Republik den Patriarchen von Konstantinopel besucht. Die Wiedereröffnung des Priesterseminars war auch damals schon ein Gesprächsthema.

Der derzeitige ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus I., Oberhaupt von etwa 300 Millionen orthodoxen Christen weltweit, hat wiederholt betont, dass die Wiedereröffnung des Priesterseminars von entscheidender Bedeutung für das Überleben des griechisch-orthodoxen Klerus sei. Das Priesterseminar von Halki liegt auf Heybeliada (Halki), einer der sogenannten Prinzeninseln im Marmarameer bei Istanbul. Das Seminar wurde 1972 durch ein türkisches Gesetz, welches den Betrieb von privaten Universitäten verbietet, geschlossen.