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Politik

Piratenpartei in Not

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Die Piratenpartei kommt nicht zur Ruhe. Der parteiinterne Machtkampf geht weiter: „Lawblog“-Betreiber Udo Vetter trat aus der Partei aus. Mit dem linken Flügel, dem er Stalinismus vorwirft, will er nichts zu tun haben und spricht von „brutalem Mobbing“. (Foto: dpa)

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Die Piratenpartei kommt nicht zur Ruhe. Der parteiinterne Machtkampf geht weiter: „Lawblog“-Betreiber Udo Vetter trat aus der Partei aus.
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Sinkende Umfrageergebnisse, Skandale und eine sich selbst zerfleischende Parteiführung sorgen seit Wochen für schlechte Stimmung in der Piratenpartei. Nachdem es zuletzt ruhig um die „Politfreibeuter“ geworden ist, zerlegen sich die Piraten kurz vor der wichtigen Europawahl weiter.

Ein Oben-Ohne-Foto mit einem Dank an Bomber-Harris, dem Oberbefehlshaber der britischen Luftwaffe der deutsche Städte im zweiten Weltkrieg bombardieren ließ, brachte die Partei zuletzt in Aufruhr. Eine der beiden nackten Aktivistinnen war die auf Platz 5 der Europawahlliste kandidierende Berlinerin Anne Helm. Nicht jedem gefiel der Umgang der Partei damit.

„Brutales Mobbing“

Der bekannte Blogger Udo Vetter verließ die Piraten nun deswegen. Mit Vetter tritt ein weiteres wichtiges Mitglied der Führungsebene aus der Piratenpartei aus. „Bombergate“, wie er den Nacktprotest nennt, habe maßgeblich dazu geführt. Die „Politfreibeuter“ seien auf einem Kurs, der „nur noch genehme Piraten mit totalitär linkem Weltbild“ vorsieht.

Der Konflikt um die Protestaktion stehe symbolisch für einen hinter den Kulissen tobenden Machtkampf in der Partei: „Ein lautstarker, der Antifa nahestehender Flügel versucht, die Partei zu okkupieren“, sagte Vetter der taz. „Brutales Mobbing“, nennt er die derzeitige Stimmung in der Partei und wirft der Parteilinken einen „stalinistischen Ansatz“ vor.

Prominente Parteimitglieder treten aus

„Bombergate“ löst damit schon den dritten Parteiaustritt eines prominenten Piratenpartei-Mitglieds in kürzester Zeit aus. Zuvor hatten bereits die Berliner Bundestags-Spitzenkandidatin Cornelia Otto und der ehemalige Piratenpartei-Vorsitzende Sebastian Nerz Ende Februar die Partei verlassen. Otto arbeitet inzwischen für Linken-Politiker Klaus Ernst.

Während Nerz der Partei „Radikalisierung“ vorwarf, sieht Vetter die Piraten auf dem falschen Weg. Es sei ein Fehler gewesen, die Politneulinge zu einer Vollpartei zu entwickeln. Die Piraten hätten sich auf die Themen „Freiheit, Bürgerrechte und Netzpolitik“ beschränken sollen.

Seit Monaten sorgen die Diskussionen um eine Nähe zur radikal linken Antifa für Gesprächsstoff in der Piratenpartei. Zuvor gab es Verwerfungen über mögliche antilinke Tendenzen etwa in Bezug auf das Thema Friedenspolitik, wie sie beispielsweise der Blogger Jo Menschenfreund anmahnte. Antideutsche Äußerungen und die Beteiligung führender Mitglieder bei zwielichtigen Aktionen sorgen für Verunsicherung. Beim Bundesparteitag wurde ebenso über eine Antifa-Flagge diskutiert, wie beim rheinland-pfälzischen Parteitag in Trier. Beide Male blieb sie hängen.

„Die Verunsicherung ist spürbar“

Landesverbände in Westdeutschland sahen sich bereits dazu genötigt, Rechtsstaatlichkeit zu garantieren und sich von Gewalt zu distanzieren. Der ehemalige Vorsitzende der Partei in Rheinland-Pfalz Heiko Müller, der die Partei ebenfalls nach dem „Bombergate“ verlassen hatte, sieht in der antideutschen Strömung der Partei ein „Sperrfeuer aus Berlin“, das noch lange nicht beendet sei.

Indes schreibt der aktuelle Piraten-Parteichef Thorsten Wirth in einem Blogeintrag: „Wenn wir unsere Gemeinsamkeiten nach vorne stellen und den Menschen zeigen, dass die Piratenpartei an einem Strang zieht – dann ist alles möglich.“ Seinen Optimismus relativiert er allerdings zugleich: „Die Verunsicherung ist spürbar und droht uns zu zerreißen.“

Ernste Worte eines Parteivorsitzenden, der zunehmend die Kontrolle über seine Mitglieder verliert und mit massenhaften Austritten zu kämpfen hat. Die Piratenpartei ist zu jung, um bereits alle Strömungen unter eine Parteilinie zu bringen. Sie benötigt eine umfassende Wertedebatte unter Beteiligung aller in der Partei vorhandenen politischen Strömungen. Sonst heißt es bald wieder: Mann oder Frau über Bord!