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Politik

Blutiges Wochenende in der Türkei: Wieder unzählige Tote, wieder scharfe Drohungen

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An einem Kontrollposten in der Südosttürkei sprengt sich ein Selbstmordattentäter in die Luft und tötet 18 Menschen. Die PKK bekennt sich. Staatspräsident Erdoğan kündigt ein hartes Vorgehen an.

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Bei einem Selbstmordanschlag der Terrororganisation PKK in der süddosttürkischen Provinz Hakkari sind 19 Menschen ums Leben gekommen. Der Attentäter habe ein mit fünf Tonnen Sprengstoff beladenen Kleinlaster im Bezirk Şemdinli vor einem Kontrollposten der Gendarmerie zur Explosion gebracht, teilte der türkische Ministerpräsident Binali Yıldırım nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag mit. Er habe zehn Soldaten und acht Zivilisten mit in den Tod gerissen.

Die türkische Armee lastete den Anschlag schon kurz nach der Explosion in einer Mitteilung der PKK an, die sich später dazu bekannte. Die PKK bezifferte die Zahl der getöteten Soldaten auf 32, wie aus einer online verbreiteten Mitteilung hervorgeht.

Erdoğan will alles Nötige mobilisieren 

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan teilte mit, man werde unerbittlich gegen die PKK vorgehen, sodass diese nicht mehr in der Lage dazu sei, Anschläge in der Türkei zu verüben. „Dazu mobilisieren wir von der menschlichen Arbeitskraft bis zu technologischen Möglichkeiten alles, was nötig ist“, hieß es nach Angaben von Anadolu in der Mitteilung.

Die türkische Armee geht seit Sommer vergangenen Jahres in einer Offensive gegen die PKK im Südosten der Türkei vor. Ein mehr als zwei Jahre anhaltender Waffenstillstand war zuvor gescheitert. Die PKK oder deren Splittergruppe TAK verüben immer wieder Anschläge auf Sicherheitskräfte in der Türkei. Eine Rückkehr zu Friedensgesprächen mit der PKK schließt die türkische Regierung aus. Journalist Hasen Cemal zufolge gehen beide Seiten spätestens seit den Neuwahlen am 1. November 2015 aufs Ganze, was den Konflikt in den kommenden Monaten noch blutiger machen werde. „Die Friedensstrategie wurde auf Kosten einer Kriegsstrategie aufgegeben“, so Cemal.

Schwerer Anschlag in Ankara vereitelt

Erst am Samstag hatte die Polizei offenbar einen schweren Anschlag in Ankara vereitelt, den die PKK vorbereitet haben soll. Nach Angaben des Gouverneurs der türkischen Hauptstadt, Ercan Topaca, sprengten sich zwei Verdächtige in die Luft, als die Polizei ihr Fahrzeug durchsuchen wollte. Dem Sender CNN Türk zufolge handelte es sich um einen Mann und eine Frau, die beide umkamen. Topaca teilte mit, die Polizei habe am Tatort in einer ländlichen Gegend nahe der Hauptstadt zwei Sprengsätze und 200 Kilo Ammoniumnitrat sichergestellt.

Zu der mutmaßlichen Täterschaft der PKK sagte Topaca, es habe Warnungen des Geheimdienstes aus der südosttürkischen Millionenstadt Diyarbakır gegeben. Nähere Angaben zu einem möglichen Anschlagsziel wurden zunächst nicht gemacht.

Am Donnerstag waren nahe einer Polizeiwache in Istanbul zehn Menschen bei einem Motorrad-Anschlag verletzt worden, zu dem sich die TAK bekannte. Der Anschlag sei ein Protest gegen die „Unterdrückung“ des kurdischen Volkes, hieß es in der Mitteilung. Die TAK hatte sich auch zu einem Autobombenanschlag in der Hauptstadt Ankara im März bekannt, bei dem mindestens 37 Menschen getötet wurden. Unter den Toten war mindestens ein Selbstmordattentäter.

Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmuş teilte am Sonntag via Twitter mit: „Die Türkei wird niemals vor Terrororganisationen kapitulieren.“ Die Verantwortlichen für den „abscheulichen“ Anschlag in Hakkari würden zur Rechenschaft gezogen.

Ein Jahr nach verheerendem Attentat: Nur Verwandte dürfen trauern

In der Türkei verübt neben der PKK nach Regierungsangaben auch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) immer wieder schwere Anschläge. Am heutigen Montag jährte sich ein schwerer Anschlag, den die Regierung dem IS zurechnet. Am 10. Oktober vergangenen Jahres hatten bei einer regierungskritischen Demonstration zwei Selbstmordattentäter mehr als 100 Menschen mit in den Tod gerissen.

Gegen Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer ein. Die Sicherheitskräfte hätten die Demonstranten so daran gehindert, sich vor dem Hauptbahnhof in Ankara – dem damaligen Tatort – zu versammeln, meldete die Nachrichtenagentur DHA. Lediglich Verwandte würden vorgelassen. Der Gouverneur von Ankara hatte zuvor Demonstrationen unter anderem mit Hinweis auf den vor wenigen Tagen um drei Monate verlängerten Ausnahmezustand verboten.