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Politik

PKK hält vollständige Waffenniederlegung für möglich

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Den Ankündigungen der PKK zufolge sollen alle 1.500 Terroristen bis zum 8. Mai in den Nordirak zurückgekehrt sein. In der Bevölkerung hofft man zwar auf Frieden, lehnt aber weitergehende Zugeständnisse an die PKK ab. (Foto: zaman)

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PKK hält vollständige Waffenniederlegung für möglich
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In diesen Tagen beginnt die entscheidende Phase des Friedensprozesses in der Türkei. Die terroristische verbotene „Kurdische Arbeiterpartei“ (PKK) hat den Abzug ihrer 1.500 auf türkischem Territorium befindlichen Kämpfer angekündigt. Bis zum 8. Mai sollen diese an die PKK-Stützpunkte im Nordirak zurückkehren. Macht die Organisation ihre Ankündigung wahr, würde dies das Ende von mehr als 30 Jahren Krieg in Südostanatolien bedeuten.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu betrachtet den Friedensprozess bereits als unumkehrbar. Auch Murat Karayılan, der seit der Inhaftierung des PKK-Führers Abdullah Öcalan dessen Amtsgeschäfte führende Chef der Terrororganisation, zeigte sich im Hauptquartier in den nordirakischen Kandil-Bergen optimistisch und sprach davon, eine neue Ära habe begonnen.

Sollte die türkische Seite mitziehen, wäre eine endgültige Niederlegung der Waffen durch die PKK möglich. Karayılan warnte jedoch, dass die gesamte Vereinbarung in Frage stehen würde, sollten die PKK-Kämpfer bei ihrem Rückzug aus der Türkei angegriffen werden. Premierminister Erdoğan hatte jedoch wiederholt betont, dass die Türkei die PKK-Einheiten unbehelligt abziehen lassen werde.

Für die Zeit nach dem Abzug verlangte Karayılan politische Schritte des türkischen Staates zur Lösung der Kurdenfrage, darunter verfassungsrechtliche Garantien, um das Existenzrecht und die Rechte der Kurden zu verankern. Zudem solle Ankara die im Zusammenhang mit den Ergenekon-Aktivitäten in den Kurdengebieten ins Gerede gekommenen, in der Bevölkerung verhassten so genannten Dorfschützer-Verbände, und die Sondereinheiten des Militärs zum Kampf gegen die PKK auflösen. Auch über eine mögliche Freilassung des inhaftierten PKK-Führers Öcalan müsse gesprochen werden.

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Erdoğan: Investitionen in die befriedeten Gebiete müssen folgen

Eine dauerhafte Friedenslösung würde den möglicherweise größten politischen Erfolg für Premierminister Erdoğan in seiner mittlerweile 10-jährigen Amtszeit darstellen. Entsprechend zuversichtlich gab sich der türkische Regierungschef am Wochenende auf der 22. Generalversammlung der Vereinigung unabhängiger Industrieller und Geschäftsleute. So rief er am Samstag in Istanbul die versammelten Unternehmer dazu auf, ihre Verantwortung für den Friedensprozess wahrzunehmen und durch Investitionen in den befriedeten Gebieten dauerhaft Perspektiven und Beschäftigung zu schaffen. Auf diese Weise könnten dauerhaft Armut und Arbeitslosigkeit beseitigt und Solidarität und Gerechtigkeit in der Gesellschaft gestärkt werden.

Der Gouverneur von Şanlıurfa, Celalettin Güvenç, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich der Wert der für seine Provinz vorgesehenen Investitionen mittlerweile auf 500 Millionen türkischer Lira summiert.

Eine Umfrage des MetroPOLL Strategic and Social Research Centers hat unterdessen innerhalb der Bevölkerung Unterstützung für den Friedensprozess ausgemacht. Allerdings erstreckt sich diese nicht auf alle Forderungen, die seitens der kurdischen Nationalisten erhoben werden.

Insgesamt 66,7% der telefonisch Befragten im Rahmen der Umfrage, die in der Zeit vom 2.-6. April türkeiweit bei 1.329 Haushalten durchgeführt wurde, äußerten Zustimmung zum Verhandlungsprozess. Nur ein Drittel der Befragten setzt weiterhin auf eine militärische Lösung des Konflikts.

Kein Vertrauen in Handschlagsqualitäten Öcalans

Ein anderes Bild zeigt sich bei der Frage nach Kurdisch als möglicher Unterrichtssprache in mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebieten, wie es von der PKK gefordert wird. Einer solchen Variante stimmen lediglich 39% der Befragten zu, während sich eine Mehrheit von 53,1% dagegen aussprach. Im Juni 2012 hatten noch 43,2% einer solchen Lösung zugestimmt und nur 37,7% Bedenken geäußert.

Öcalan als Dialogpartner akzeptieren nur 36,6%, während 51% gegenteiliger Meinung sind. Dabei ist der Anteil derjenigen, die mit dem PKK-Führer nicht verhandeln würden, unter MHP-Wählern mit 84% und unter CHP-Wählern mit 73,5% überdurchschnittlich hoch. Währenddessen haben 51,5% der AKP-Anhänger und erwartungsgemäß 83,7% der BDP-Wähler kein Problem damit, Abmachungen mit dem inhaftierten PKK-Führer zu treffen. Das Vertrauen in Öcalan ist unabhängig davon allerdings generell enden wollend. Nur 9,8% gaben an, sie hielten den Terroristenchef für eine Person, die im Friedensprozess Wort hält, 81% vertrauen ihm nicht. Nur 27,5% rechnen mit einer dauerhaften Waffenniederlegung durch die PKK, 65,3% glauben nicht daran.

Eine Freilassung oder Amnestie für Öcalan unterstützen die Befragten hingegen nicht einmal, wenn die PKK endgültig abgezogen sein oder die Waffen niedergelegt haben sollte. Die Umwandlung der Haftstrafe in einen Hausarrest würden nur 12% unterstützen, während 79,8% kategorisch dagegen wären. Auch eine Generalamnestie für die Terroristen lehnen 75,8% ab. 63,9% lehnen autonome Kurdenregionen ab.

50% der Befragten befürchten eine Teilung der Türkei in naher oder ferner Zukunft, nur 42,8% halten eine solche Entwicklung für unwahrscheinlich.

Insgesamt aber vertrauen mit 46% mehr Bürger darauf, dass Premierminister Erdoğan weiß, worauf er sich mit dem Friedensprozess eingelassen hat, als die Politik der AKP in diesem Zusammenhang ablehnen (43,1%). 33,8% meinten, durch den Friedensprozess wäre ihr Vertrauen in den Premierminister größer geworden, 36% lehnten dies ab.

Kritischere Haltung zur AKP, Opposition aber wesentlich unbeliebter

Die CHP, die anfangs den Friedensprozess unterstützt hatte, ihn aber mittlerweile als „intransparent“ ablehnt, kann von der Entwicklung allerdings nicht profitieren. Mit Blick auf Oppositionsführer Kılıçdaroğlu gaben nur 9,6% an, der Friedensprozess habe ihr Vertrauen in ihn gesteigert, 40% sagten, es sei dadurch gesunken. In MHP-Führer Devlet Bahçeli, der den Friedensprozess von Beginn an als „Akt des Verrats“ gebrandmarkt hatte, stecken 16% der Befragten mehr Vertrauen als bisher, 33,9% vertrauen ihm weniger. 50% äußerten dazu keine Meinung.

Auch wenn die Bevölkerung in einzelnen Bereichen dem Friedensprozess misstraut, dürfte dies der AKP nicht entscheidend schaden. Immer noch liegt Premierminister Erdoğan mit 41% Zustimmung bei der Frage nach der Vertrauenswürdigkeit an der Spitze aller politischer Repräsentanten der Türkei. CHP-Chef Kılıçdaroğlu liegt mit 9,3% deutlich dahinter, Bahçeli kommt nur auf 6,9%.

Bei der Sonntagsfrage kam die AKP auf 36,3%, die CHP blieb mit 15,3% schwach und auch die MHP konnte nur 10,2% für sich begeistern. Die BDP kam auf 3,8%, während 20% sich als unentschlossen deklarierten. Bei annähernd gleichmäßiger Verteilung dieser Stimmen auf Regierung und Opposition dürfte die AKP ihre absolute Mehrheit deutlich verteidigen können.