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Panorama

Polizei in Bayern erschießt Drogendealer – vor den Augen spielender Kinder

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Vor den Augen spielender Kinder schossen zwei Zivilfahnder in Bayern einem mutmaßlichen Drogendealer in den Kopf. Der Mann soll unbewaffnet gewesen sein. Die Anwohner sind schockiert. (Foto: reuters)

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Ein Mann rannte im bayerischen Burghausen über einen Hof, in dem Kinder spielen, dabei wurde er von zwei Zivilfahndern verfolgt. Ein Schuss traf ihn am Hinterkopf, die Kinder hatten alles gesehen. Der Verletzte starb noch am Unfallort. Er soll mit Marihuana gedealt haben – einem Rauschgift, das in mehreren Ländern der Welt zum Teil sogar frei gehandelt werden darf. Nun wird gegen die Zivilfahnder wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Diese geben an, auf die Beine gezielt zu haben. Das teilte das Landeskriminalamt (LKA) am vergangenen Montag in München mit.

Unbewaffnet und auf der Flucht

Die taz ging der Sache jetzt nach. Passiert war der Fall am 25.7.2014. Der 33-jährige André B. wollte seine Freundin besuchen, die im dortigen Wohnblock lebt. Laut den Anwohnern hatten die Zivilfahnder in einem Auto auf ihn gewartet, doch diese gaben an, den mutmaßlichen Drogendealer zufällig gesehen zu haben. Er wurde per Haftbefehl gesucht und die Fahnder hatten die Verfolgung aufgenommen. Einer von ihnen erklärte, er habe bei der Festnahme am frühen Freitagabend im Hinterhof eines mehrstöckigen Wohnhauses zuerst einen Warnschuss abgegeben.

Ob der 33-Jährige bewaffnet war, geht aus der Mitteilung der Ermittlungsbehörden nicht hervor. Laut der taz sahen die Anwohner, dass er unbewaffnet und auf der Flucht war. Die Obduktion der Leiche des Erschossenen sei zwar beendet, hieß es beim LKA, das Gutachten liege jedoch noch nicht vor.

„Mama, die bringen uns um“

Die taz sprach mit den Anwohnern, vor allem den Kindern. Diese haben noch Albträume: „Mama, die bringen uns um“, sagte der sechsjährige Aria. Er, der fünfjährige Sebastian und der fünfzehnjährige Alex hatten die Tat mit eigenen Augen gesehen, da sie direkt im Hof waren. Sebastian machte das Geräusch nach, wie das Blut aus dem Hinterkopf des Opfers schoss.

Auch der Notdienst soll mindestens vierzig Minuten gebraucht haben, um vor Ort zu sein, gaben die Anwohner an. Wieder erzählten die Zivilfahnder eine andere Geschichte, ihnen zufolge wäre dieser sehr schnell dort gewesen und konnte nur noch den Tod des Drogendealers feststellen. Der Anwalt André B.s, Erhard Frank, rechnet damit, dass die Zivilfahnder höchstens eine Bewährungsstrafe zu erwarten hätten.

Ist es wirklich ein „absoluter Einzelfall“?

Das Sachgebiet Interne Ermittlungen Südbayern des LKA Bayern will den Fall nun polizeiintern aufarbeiten. Es will nun alle eingesetzten Beamten und mögliche Zeugen vernehmen, die bei der Aktion vor Ort waren. Zudem werde ein Schussgutachten erstellt, hieß es. Aus welcher Entfernung der Fahnder auf den Mann feuerte, stehe noch nicht fest. Der Schütze sei aber vom Dienst suspendiert. Der nach LKA-Angaben vorbestrafte 33-Jährige war wegen Drogendelikten seit Monaten mit Haftbefehl gesucht worden.

Ein LKA-Sprecher nannte den Fall in Burghausen einen „absoluten Einzelfall“. Jedoch kommt es in Deutschland jedes Jahr zu sechs bis acht tödlichen Schüssen durch die Polizei, schreibt die taz. Diese Zahl errechnet sich aus den Angaben für den Zeitraum von 2009 bis 2013. Der Schuss auf den Hinterkopf des 33-jährigen sollte, mahnen Kritiker, dazu führen, dass diese Zahlen hinterfragt werden. Immerhin dealte er „nur“ mit Marihuana, war unbewaffnet und stellte keinerlei Bedrohung da. Dazu kam, dass Kinder in die Schusslinie hätten kommen können. (dpa/dtj)