Connect with us

Gesellschaft

Polnische Justiz will härter gegen rechte Straftaten vorgehen

Spread the love

Ein Hakenkreuz als „asiatisches Glückssymbol“? Diese Einschätzung eines Staatsanwalts sorgte in Polen für Empörung. Nun sollen die polnischen Behörden durch Schulungen besser für rechtsextreme Straftaten sensibilisiert werden. (Foto: rtr)

Published

on

Polnische Justiz will härter gegen rechte Straftaten vorgehen
Spread the love

Unwissenheit sowie Gleichgültigkeit gegenüber rechter Gewalt und rassistischen Äußerungen will der polnische Generalstaatsanwalt Andrzej Seremet nicht mehr dulden. „In jeder Bezirksstaatsanwaltschaft sollten ein oder zwei Staatsanwälte auf Fälle von Rassismus spezialisiert sein“, sagt er. „Und von Herbst an wird es gemeinsame Workshops für Polizei und Staatsanwälte geben, bei denen Methoden für die Verfolgung solcher Straftaten erarbeitet werden.“

Vorausgegangen war ein Treffen Seremets mit Innenminister Bartlomiej Sienkiewicz. Beide seien sich einig, dass die Bekämpfung rechtsextremer Straftaten Priorität haben müsse, betonte Seremet nach dem Gespräch. Rassistische und fremdenfeindliche Gewalt bedrohe die gesellschaftliche Ordnung. „Wenn die Reaktion des Staates ausbleibt, kann das in der ganzen Gesellschaft zu irreparablem Schaden führen.“

Staatsanwalt: Hakenkreuze nur asiatische Glückssymbole

Erschreckende Passivität seitens mancher Ermittler hatte der Verband der jüdischen Glaubensgemeinden in Polen beklagt. Die polnischen Juden seien „zutiefst beunruhigt“ über die Haltung mancher Staatsanwälte im Umgang mit antisemitischen und faschistischen Straftaten, schrieb Verbandschef Piotr Kadlcik. Wenn Staatsanwaltschaften durch ihr Nichtstun signalisierten, dass „bestimmte Menschen und Gemeinschaften verleumdet, verletzt und mit einem Symbol der Ausrottung bedroht“ werden können, müsse dem entgegen getreten werden.

Erst kurz zuvor hatte die Staatsanwaltschaft im ostpolnischen Bialystok sich geweigert, Ermittlungen wegen Hakenkreuzschmierereien an Gebäuden der Stadt aufzunehmen. Das Hakenkreuz sei schließlich nur ein „altes asiatisches Glückssymbol“, begründete ein Jurist.

Im zentralpolnischen Kielce sah ein anderer Staatsanwalt keinen Grund, gegen Internet-Beschimpfungen gegen einen Geschäftsmann vorzugehen. Darin wurde der Unternehmer als „typisch für die jüdische Rasse“ bezeichnet. Das sei alles doch nur satirisch und ironisch gemeint, hieß es.
Polnische Juden heute epa.jpg

Junge Polen interessieren sich zunehmend für polnisch-jüdische Geschichte

Dabei ist die polnische Rechtslage ganz klar: Die Verwendung faschistischer Symbole ist illegal, ebenso der Aufruf zu Rassenhass oder die Leugnung nationalsozialistischer Verbrechen. Nicht zuletzt die Empörung über die Darstellung antisemitischer polnischer Widerstandskämpfer in der ZDF-Serie „Unsere Mütter, unsere Väter“ zeigte, wie kränkend Polen es empfinden, wenn ihnen pauschal Antisemitismus unterstellt wird.

Vor allem viele junge Polen interessieren sich zunehmend für die polnisch-jüdische Geschichte. In jedem Sommer kommen Tausende Jugendliche etwa zum jüdischen Kulturfestival in Krakau oder dem Singer-Festival in Warschau. In der Hauptstadt wurde das Museum der Geschichte polnischer Juden gebaut. Es zeigt vom kommenden Jahr an die tausendjährige Geschichte der polnischen Juden, die vor dem Zweiten Weltkrieg ein Zehntel der Bevölkerung Polens ausmachten.

Doch man muss nicht einmal in der nationalistischen oder rechtslastigen Ecke des polnischen Internets suchen, um antisemitische Parolen zu finden. Zu fast jedem politischen Thema auf den Online-Seiten von Zeitungen oder Nachrichtenportalen gibt es reichlich Beschimpfungen von Juden oder anderen Minderheiten.

Antisemitische Graffiti oder Davidsterne am Galgen gehören zum Straßenbild – auch wenn sich in mehreren Orten Initiativen bildeten, die Schmierereien übermalen. Erst vor wenigen Tagen tauchten Hakenkreuzschmierereien auf dem Gelände des ehemaligen Krakauer Ghettos, nicht weit von der zum Museum ausgebauten Schindler-Email-Fabrik, auf. Auf Seremets Staatsanwälte könnte viel Arbeit zukommen. (dpa/dtj)