Connect with us

Kolumnen

DITIB – der verlängerte Arm Erdoğans im Wahlkampf?

Spread the love

DITIB behauptet unabhängig zu sein und jegliche parteipolitische Aktivität in den Vereinsräumen zu verbieten. Dabei wird derzeit in DITIB-Lokalen eifrig Wahlkampf für Erdoğan betrieben bei gleichzeitiger Diskriminierung der Erdoğan-Gegner. Wie geht das zusammen?

Published

on

Spread the love

Ergreift die DITIB, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., Partei bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen in der Türkei? Lässt sich der größte Moscheen-Verband türkischstämmiger Muslime in Deutschland für den Wahlkampf von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan instrumentalisieren?

DITIB-Funktionäre verneinen diese Frage. Nichtsdestotrotz gibt es Entwicklungen, die einen stutzig machen.

Einerseits gibt es Meldungen, wonach in DITIB-Lokalen Erdoğan-kritische Fernsehsender aus den Listen gelöscht werden. Eine Art Gleichschaltung der Medien also. Die Gläubigen und Besucher der Moscheen sollen wohl etwas anderes als Erdoğan-Huldigung nicht hören. Fernsehsendern, die nicht auf der Linie Erdoğans stehen, stehen DITIB-Moscheen für Übertragungen anlässlich des muslimischen Fastenmonats Ramadan nicht zur Verfügung. Wohlgemerkt – für Übertragungen, die religiösen Inhalts sind.

DITIB überparteilich – auf dem Papier

Andererseits wird in den Lokalen der DITIB-Moscheen offen Wahlkampf für Erdoğan gemacht. Man braucht sich nur die Aktivitäten des bekehrten ‚Erdogan-Aktivisten‘ Ozan Ceyhun anzuschauen. In sozialen Medien berichtet der Sozialdemokrat Ceyhun, wie er Propaganda für Erdoğan macht. Er hätte bisher in zahlreichen DITIB-Lokalen Reden gehalten zum Thema ‚Yeni Türkiye‘ (Die Neue Türkei). Yeni Türkiye ist ein Wahlversprechen Erdoğans. Bisher hätte er unter anderem in DITIB-Lokalen in Feuerbach, Nagold, Limburg, Sindelfingen, Stuttgart gesprochen.

Wenn – darauf angesprochen – DITIB-Funktionäre auf ihre parteipolitische Unabhängigkeit hinweisen, so ist das richtig, zumindest auf dem Papier. Bei den Grundsätzen von DITIB, auch zu lesen im Internet-Auftritt des Verbandes, ist folgendes zu lesen:

DITIB und die angeschlossenen Vereine handeln nach den folgenden Kriterien: „DITIB ist eine überparteiliche Organisation und verbietet jede Art von parteipolitischer Aktivität in den Vereinsräumen.“

Wenn das so ist, dann fragt man sich: Warum werden dann in DITIB-Lokalen Erdoğan-kritische Sender gelöscht, Moscheen für Fernsehübertragungen religiöser Art geschlossen, aber gleichzeitig für Wahl-Propaganda zugunsten Erdoğans Tür und Tor geöffnet? Oder handelt es sich, wenn es um Erdoğan geht, nicht mehr um Partei-, sondern Staatspolitik?

Besondere Beziehung

Es ist ja bekannt und vielfach kritisiert worden, dass DITIB eine besondere Beziehung nach Ankara unterhält. Sie unterhält eine besondere Beziehung zum Amt für religiöse Angelegenheiten, der Diyanet, die dem Ministerpräsidenten, also Erdoğan, unterstellt ist.

Macht sich also derzeit diese besondere Beziehung bemerkbar?

Ich bin dafür, die Vertreter dieser Organisation beim Wort zu nehmen. Wenn sie sagen, sie hätten zwar eine besondere Beziehung nach Ankara, seien aber gleichzeitig unabhängig und hielten sich an deutsche Gesetze, dann sollten wir erst mal daran glauben.

In diesem Fall müssten sie aber darlegen, wie diese Parteinahme für Erdoğan erklärt werden kann? Wie verträgt sich Wahlpropaganda für Erdoğan bei gleichzeitiger Diskriminierung anderer mit den Grundsätzen des Verbandes? Agieren die Mitgliedsvereine ohne Wissen und Zustimmung der Zentrale? Was unternehmen sie bei entsprechenden Berichten in den Medien?

Ich denke, es liegt auch im Eigeninteresse von DITIB, sich parteipolitisch neutral zu verhalten und Politik von der Moschee fernzuhalten. Wenn die Türkei ein laizistisches Land ist, wenn Religion und Politik getrennt sind, dann sollte diese bewährte Trennung weiterhin beibehalten werden – auch wenn es um Erdoğan geht.

Zwei Gefahren

Alle zivilisierten Länder verfahren in solchen Fragen so.

Sonst drohen zwei Gefahren: Einen Religionsverband, die Politik und Religion nicht trennt, ihre Moscheen für Wahlpropaganda nicht-deutscher Parteien öffnet, wird die hiesige Politik schwerlich als Ansprechpartner akzeptieren.

Auch bezüglich der einfachen Gläubigen droht eine Gefahr. Politik ist seinem Wesen nach etwas anderes als Religion. In der Politik geht es um Macht, um Machtkampf; gegebenenfalls um Lügen und Intrigen. Am Ende steht der Verschleiß, so dass in Demokratien in regelmäßigen Abständen das Personal gewechselt wird.

Bei der Religion dagegen geht es um ganzheitliche Werte, um verbindende Elemente. Der Glaube steht und fällt mit der Glaubwürdigkeit, der Moral. Wird die Moschee nicht von der Politik freigehalten, so droht zusammen mit ihr auch ein Verschleiß der Glaubwürdigkeit des Glaubens sowie Spaltung und Entfremdung der Gläubigen untereinander.

An solchen Orten kann man dann nicht mehr den Glauben predigen. Ist die Glaubwürdigkeit einmal dahin, dann wird er die Menschen nicht mehr erreichen.