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Politik

Mehr Engagement von Deutschland in der Flüchtlingsfrage gefordert

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Deutschland tat sich im Zusammenhang mit Obamas Militärplänen in Syrien einmal mehr lautstark durch eine „Ohne mich“-Haltung hervor. Nun stellt sich die Frage, ob dies auch für die humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen gilt. (Foto: epa)

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Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hält die Aufnahme von 5000 syrischen Flüchtlingen in Deutschland für völlig unzureichend.
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Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hält die Aufnahme von 5000 syrischen Flüchtlingen in Deutschland für völlig unzureichend. „5000 – das ist gemessen an der Katastrophe in Syrien wenig mehr als eine Geste“, sagte der Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Nachrichtenagentur dpa. „Wenn man die Region entlasten will, muss Deutschland in Europa mit einer viel größeren Zahl vorangehen.“ Im Kosovo-Krieg etwa habe Deutschland 15 000 bis 20 000 Flüchtlinge aufgenommen, in der Bosnien-Krise sogar 300 000. Die Türkei beherbergt bis dato mindestens 200 000 Flüchtlinge aus dem kriegsgebeutelten Nachbarland.

Auch Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin verlangte von der Bundesregierung, deutlich mehr Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen. „Als erstes sollte Deutschland allen hier lebenden Syrern erlauben, ihre Verwandten nach Deutschland zu holen. Damit könnten schon einmal 50 000 kommen“, sagte Trittin der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Dies könne aber nur ein erster Schritt sein: „Als größtes Land in der Europäischen Union sind wir verpflichtet, die meisten Flüchtlinge aufzunehmen.“

Die Bundesregierung hatte sich im Frühjahr bereiterklärt, 5000 Flüchtlinge in einem Sonderprogramm nach Deutschland zu holen. Am Mittwochnachmittag landen in Hannover die ersten von ihnen, die der Bund per Charterflug holt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wird die rund 110 Menschen gemeinsam mit seinem niedersächsischen Amtskollegen Boris Pistorius (SPD) begrüßen. Burkhardt sagte, dies sei ein „bemerkenswertes Signal“ von Friedrich und Pistorius. Aber weitere politische Schritte müssten folgen.

„Schutzsuchende nicht durch bürokratische Hindernisse ausschließen“

Pistorius, der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, will die Aufnahme weiterer Flüchtlinge beschleunigen. Er sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Sollte die Aufnahme weiterer Flüchtlinge zu lange dauern, müssen die Aufnahmekriterien und das Verfahren schnellstens überprüft werden. Wir müssen im Auge behalten, dass keiner der Schutzsuchenden durch bürokratische Hindernisse ausgeschlossen wird.“

Pistorius warnte vor einer zu starren Quote. „Ein Festlegen auf Zahlen oder Quoten wäre jetzt das falsche Signal.“ Angesichts von mehr als zwei Millionen Menschen auf der Flucht gehe es um die größte humanitäre Katastrophe des jungen 21. Jahrhunderts. „Wir können und werden Verantwortung übernehmen und hoffen, dass diesem Beispiel auch andere Länder in Europa folgen, denn die Flüchtlinge dürfen bei uns nicht vor verschlossenen Türen stehen.“

Die Bundesländer haben die Möglichkeit, über das deutsche Gesamtkontingent von 5000 Menschen hinaus weitere Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Dazu hätten sich bislang zwar viele Länder bereiterklärt – darunter Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wie Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt sagte. In manchen Ländern wie Bayern gelte das Angebot aber nur für Einzelfälle. In anderen Ländern müssten sich bereits in Deutschland lebende Angehörige verpflichten, für den Unterhalt ihrer Verwandten aus Syrien aufzukommen. Dies sei eine große Hürde. „Es darf nicht nur einen Familiennachzug für Reiche geben“, mahnte er. Bund und Länder müssten deutlich mehr tun.

Hellersdorf: Proteste gezielt von Neonazis gesteuert

Unterdessen hat der Berliner Verfassungsschutz laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ offenbar konkrete Hinweise darauf, dass Neonazis hinter den Protesten gegen das Flüchtlingsheim im Stadtteil Hellersdorf stecken. „Ich habe nach wie vor den Verdacht, dass es sich bei der „Bürgerinitiative“ um ein reines rechtsextremistisches Projekt handelt, was auf eine außerordentlich verwerfliche Weise die Ängste der Bevölkerung schürt“, sagte Verfassungsschutzchef Bernd Palenda der Zeitung (Mittwoch). Neonazis hätten die Grundstimmung gegen das Heim erst geschaffen.

Im August hatten sich über Tage immer wieder Befürworter und Gegner in der Nähe des Heimes für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan versammelt. Dabei kam es auch zu Ausschreitungen. In der ehemaligen Schule sollen bis zu 200 Flüchtlinge unterkommen. (dpa/dtj)