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Kultur/Religion

Protest auf muslimische Art

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Im letzten Jahr führte ein unsäglicher Schmähfilm über den Propheten Muhammad zu einer weltweiten Protestwelle. In mehreren Ländern gab es blutige Ausschreitungen. In Indien hingegen veranstaltete man einen Lesewettbewerb. (Foto: zaman)

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Protest auf muslimische Art
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Das verachtenswerte Hassvideo des obskuren und wegen Betrugs verurteilten Filmemachers mit dem Pseudonym „Sam Becile“ gegen den Propheten sorgte im September 2012 weltweit für Unruhen und Proteste. Sogar in Deutschland gab es große Aufregung, da die rechtsextreme Partei „Pro Deutschland“ diesen Film unbedingt für ihre Propaganda instrumentalisieren wollte und eine Vorführung plante. Dies löste sogar heftige Debatten innerhalb der Politik aus. Das Innenministerium stufte den Film als Sicherheitsgefahr ein – Diskussionen über das Verbot der Aufführung des Films folgten.

Was die einen als Ausdruck von Kunst und Meinungsfreiheit deklarieren wollten, stößt bei anderen auf verletzte Gefühle und Wut, weil es als respektloser Angriff auf das Ansehen ihres Propheten gesehen wird. Einer der ersten Kritiker der Proteste, der in Sorge um das Ansehen der Muslime war und ein beispielhaftes Verhalten anmahnte, war der Islamgelehrte und Prediger Fethullah Gülen. In einem Artikel für die Financial Times rief er dazu auf, Proteste auf muslimische Weise zu führen und sich durch das Leben des Propheten selbst und dessen Umgang mit Provokationen inspirieren zu lassen – ohne Gewaltanwendungen.

80.000 Teilnehmer meldeten sich zum Wettbewerb an

Dieser Gedanke motivierte in Indien Institutionen und Universitäten sowie zivile Organisationen und Stiftungen, genau diese Mahnung in einem Projekt umzusetzen. Mit Unterstützung der MESCO, einer muslimischen Organisation für Bildung, Soziales und Kultur, wurde eine Projektgruppe gegründet. Nach langen Überlegungen fiel die Entscheidung über den Weg, der gewählt werden sollte, um das Ziel zu verfolgen, auf jenen der Wissensvermittlung. Als Thema für den Wettbewerb wurde das Leben des Propheten Muhammad ausgewählt.

Auf der Suche nach der passenden Literatur fiel die Entscheidung des Projektleiters, Dr. Fakruddin, auf Gülens Buch „Sonsuz Nur“ (Unendliches Licht). Dieses war bereits in Urdu und Englisch erhältlich und wurde nun zusätzlich ins Hindi übersetzt. Innerhalb von 2 Monaten wurden insgesamt 110.000 Bücher verkauft und es meldeten sich über 80.000 Teilnehmer zum Wettbewerb an. Unterschieden wurde in zwei Kategorien: Schüler der gymnasialen Oberstufe und Studenten sowie der übrige Teil der Bevölkerung.

00001577313.jpgDer Wettbewerb startete im Oktober 2012 und das Finale fand nun Ende Februar 2013 statt. Unter den Bewerbern befanden sich außergewöhnlich engagierte und motivierte Kandidaten, so auch ein 72-jähriger Mann aus Kalkutta, der es bis ins Finale schaffte. Auch Krankheit und Bettlägerigkeit waren für viele Teilnehmer kein Hindernis. Zwei ältere Mitbürger durften unter Aufsicht im Krankenhaus ihre Prüfungen ablegen. Auch die Tatsache, auf beiden Augen fast blind zu sein, schreckte eine Schülerin aus Hyderabad nicht davon ab, mit nur einem Auge zu lesen und an dem Wettbewerb teilzunehmen.

Preisverleihung und viel Lob

An den Feierlichkeiten zum krönenden Abschluss der Veranstaltung erschienen u.a. der indische Minister für Minderheitenpolitik, K. Rahman Khan, der türkische Botschafter Burak Akçapar, die Vorstandsmitglieder der Projektgruppe sowie Vertreter aller Religionsgemeinschaften.

Swami Agnivesh, Menschenrechtler und Sozialaktivist, hielt die Eröffnungsrede und prangerte erneut das Schmähvideo über den Propheten und auch die darauf folgenden Reaktionen in den islamischen Ländern an. Er zitierte Gülen, indem er betonte: „Muslime sollten im Falle von Provokationen klug und ruhig reagieren, noch wichtiger als das, auf eine Art und Weise, wie es sich für Muslime ziemt.“ Agnivesh verlieh daraufhin die Preise für den ersten Platz an den Gymnasiasten Mohammed Salih Khan aus Kaschmir und Ragib Ikbal aus Kalkutta und gratulierte ebenso den Organisatoren der Veranstaltung.

Der katholische Pater Thomas Kunnunkal schwärmte: „Solch eine wunderbare Initiative entspricht der Reaktion eines intellektuellen Menschen.“ Auch der Vertreter der Sikhs, Gizani Garbachan betonte ausdrücklich, dass es keine einzige Religion gibt, die in ihrem Kern Gewalt oder Boshaftigkeit beinhaltet und warnte davor, die Fehler, die von Menschen begangen werden, auf die Religion zurückzuführen. „Gülens Bemühungen in gesellschaftlichen Bereichen – ohne Rücksicht auf Sprache, Religion, Ethnie oder Konfession – erreichen und ermutigen Millionen von Menschen und dies beweist die Tiefe seines Inneren. Das ist das wahre Gesicht des Islam“, sagte Garbachan.