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Wirtschaft

Putsch und Säuberungen: Die deutsche Wirtschaft befürchtet einen Einbruch des Türkei-Geschäfts

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Sind Investitionen in der Türkei noch sicher? Nach dem gescheiterten Staatsstreich ist die deutsche Industrie verunsichert. Besonders für den Maschinenbau und die Automobilbranche waren Exporte in das Land am Bosporus zuletzt lukrativ.

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Nach dem Putschversuch in der vergangenen Woche blicken die wichtigsten deutschen Export-Branchen mit Sorge auf die wirtschaftliche Lage in der Türkei. Vertreter der Automobilindustrie und des Maschinenbaus sehen ihre Geschäfte gefährdet. „Politisch unruhige Zeiten sind grundsätzlich kein gutes Umfeld für Investitionen“, teilte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit. Mögliche Investitionen in der Türkei würden jetzt sicherlich „besonders kritisch geprüft“.

Auch für die deutsche Autoindustrie sei nun entscheidend, „dass dieses Land wieder zur politischen Stabilität zurückfindet und damit Planbarkeit für die Unternehmen gegeben ist. Dies gilt auch für die Rechtsstaatlichkeit“, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) mitteilte.

Die Türkei ist für die Autohersteller seit Jahren ein wichtiger Wachstumsmarkt. Mit steigendem Wohlstand konnten sich immer mehr Türken den Traum vom eigenen Auto erfüllen. So hat sich seit 2007 der türkische Automarkt mehr als verdoppelt. Noch im vergangenen Jahr legte die Zahl der Neuwagen um 24 Prozent auf mehr als 725 000 Stück zu.

Eine bedeutende Rolle spielen die deutschen Autoschmieden: Der Anteil von Fahrzeugen deutscher Konzernmarken betrug laut VDA zuletzt knapp 45 Prozent. Autos, Motoren oder Fahrzeugteile mit einem Wert von rund sieben Milliarden Euro wurden 2015 in die Türkei exportiert.

Auch für den deutschen Maschinenbau ist das Land nach VDMA-Angaben ein „interessanter Markt“, in den nahezu die gesamte Bandbreite an Technologien geliefert werde. 2015 wurden Maschinen mit einem Wert von 3,8 Milliarden Euro exportiert. Dies entspricht einem Zuwachs von 8,5 Prozent. Zudem erfülle die Türkei mit ihrer geografischen Lage eine „wichtige Drehscheibenfunktion in die Nachbarländer“.

Im gesamten deutschen Außenhandel spielt die Türkei in den Top 20: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts rangierte das Land im vergangenen Jahr auf Rang 14 der größten Abnehmer deutscher Waren (22,4 Milliarden Euro). Damit lag die Türkei noch vor Russland, Japan oder Südkorea. Rund 60 Prozent aller deutschen Exporte entfielen auf den Maschinenbau sowie auf die Automobil- und die Chemiebranche. Allein in diesen drei Wirtschaftsbereichen wurden Waren mit einem Volumen von insgesamt 14 Milliarden Euro in die Türkei exportiert.

Doch die zunehmend unsichere politische Lage dämpft offenbar die Aussichten vieler deutscher Geschäftszweige: Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, sieht neue Geschäftsdeals bedroht. Ein Abfluss des Kapitals habe zudem bereits eingesetzt.

Dabei ist die Türkei auf Geldgeber aus dem Ausland angewiesen. Hintergrund ist das chronisch hohe Leistungsbilanzdefizit des türkischen Staats. Das Land verbraucht wesentlich mehr Waren und Dienstleistungen als es exportiert – und baut somit Auslandsschulden auf. Hauptursache für das Ungleichgewicht im Außenhandel ist nach Angaben des Auswärtigen Amts die hohe Abhängigkeit von importierten Energie- und Rohstoffen sowie Vorerzeugnissen für die Industrie.

Damit nicht genug: Auch die Kreditwürdigkeit der Türkei steht nun offenbar auf dem Spiel. Wegen der unsicheren Lage nach dem gescheiterten Staatsstreich erwägen die Bonitätsprüfer von Moody’s, das Rating der Türkei auf Ramsch-Niveau zu senken. Durch die Auswirkungen der politischen Unruhen könnten sich Reformen und das wirtschaftliche Wachstum deutlich verzögern, so die Annahme. (dpa/ dtj)