Gesellschaft
Rabbiner Alter: „Der Angriff auf mich hat nichts mit dem Islam zu tun“
Ercan Karakoyun vom „FID Berlin“ stattete Rabbiner Daniel Alter, der vor drei Wochen tätlichen angegriffen worden war, einen Besuch ab. Gemeinsam verurteilten sie die „brutale Tat“. (Foto: reuters)
Der Vereinsleiter des „Forums für Interkulturellen Dialog Berlin“ Karakoyun wurde von zwei weiteren Mitgliedern aus dem Vereinsvorstand begleitet. Bei ihrem Besuch verurteilten sie die brutale Tat und überbrachten gleichzeitig ihre Genesungswünsche. Daniel Alter sagte, die Angreifer seien zwar arabisch-stämmige Jugendliche gewesen, er werde für diese Tat aber weder den Islam, noch die Muslime für verantwortlich erklären: „Ich wurde weder vom Islam, noch von Muslimen angegriffen, sondern es waren Jugendliche, die unter dem starken Einfluss von Radikalen standen.“
Besonders die Anwesenheit seiner Tochter bei der Tat habe ihn traurig gemacht. Auf die Frage, wie ihn dieses Ereignis beeinflusst habe und welche Spuren es wohl hinterlassen werde, antwortete er: „Ich bin eine erwachsene Person und weiß, dass ich mit dieser Sache irgendwann abschließen muss. Andernfalls würde ich damit den Tätern erlauben, mein Leben zu beeinflussen. Jedoch ist die Überwindung dieses Schockes für meine Tochter keine leichte Sache.“
Nach dieser Gewalttat war die Anteilnahme in der Bevölkerung groß. Es seien so viele Bekundungen bei Alter eingegangen, dass es ihm „nicht möglich“ gewesen sei, alle zu beantworten. Aus vielen Nachrichten gehe hervor, dass die Absender sich für die Tat schämen und traurig darüber sind. „Nein, ihr habt nichts getan, wofür ihr euch zu schämen braucht. Verantwortlich für diese Tat sind jene Jugendliche, nicht ihr“, hat Alter in einer Antwort geschrieben.
Auf die Frage, welche Schlüsse aus diesem Ereignis gezogen werden können, reagierte Alter nachdenklich: „Der Mensch kommt nicht als Rassist zur Welt. Menschen werden in den Familien und Gesellschaften, in denen sie groß werden, zu solchen erzogen. Radikale und Rassisten gibt es in jeder Religion und in jedem Gesellschaftskreis. Diese Entwicklung darf nicht begünstigt werden. Gerade weil wir mit unseren Unterschieden gemeinsam in einer Gesellschaft leben wollen, dürfen wir nicht in den Bann von diesen Radikalen geraten.“
Als Gläubige würden sich Muslime und Juden besser verstehen, da sie Gemeinsamkeiten in der Kindererziehung und dem Moralverständnis hätten, glaubt Alter. Seine Gattin fügte hinzu, dass in beiden Religionen Kinder eine besondere Stellung hätten und der Angriff auf ihren Mann in Anwesenheit eines kleinen Mädchens als ein Zeichen von „Sittenverfall“ zu bewerten sei.