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Gesellschaft

Ramadan: Ein Tag mit einer arbeitenden Mutter und Hausfrau

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Fasten – in der Theorie hört sich das leicht an. Doch wie wirkt sich der Ramadan auf den Alltag der Menschen aus? Wir sprachen mit einer arbeitenden Mutter und Hausfrau.

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Der islamische Fastenmonat Ramadan hat angefangen. Weltweit fasten hunderte Millionen Muslime einen Monat lang. Dabei verzichten sie täglich von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken. Auch Genussmittel sind davon betroffen. Neben physischer Enthaltsamkeit steht die spirituelle Entfaltung dabei an erster Stelle.

Wir haben uns gefragt, wie es den Fastenden in der Gesellschaft im Ramadan ergeht und wie sie das Fasten bewältigen. Hierzu haben wir mit Betül Atalay, einer 33 Jahre junge mikrobiologische medizinische Assistentin, ein Interview geführt. Atalay ist verheiratet und hat einen sechsjährigen Sohn. Sie arbeitet in der Hauptstadt Berlin 40 Stunden pro Woche von 7.30-16 Uhr in einem Labor. Auch muss sie einmal in der Woche einen Spätdienst und eine Wochenendschicht übernehmen. Nebenbei führt sie einen Haushalt und unterstützt ihren Sohn, der derzeit in der ersten Klasse ist, gemeinsam mit ihrem Ehemann in jeglicher Hinsicht.

Atalay ist aber nicht nur auf der Arbeit. Mit einem ehrenamtlichen Projekt ist die einfache Mutter zwei bis drei Mal in der Woche aktiv. Familie und Freunde geraten dabei nicht zu kurz.

Wann haben Sie das erste Mal gefastet?

Das ist eine schwierige Frage. An den genauen Übergang zum ganzen Tag kann ich mich nicht erinnern. Aber als Kind hat man halt mit den Eltern gerne mitgefastet. Mal einen halben Tag, mal einen Tag am Wochenende.

Sie haben am Tag so einiges zu leisten. Arbeiten, Kinder betreuen, Haushalt führen, ehrenamtlich tätig sein und dazu noch fasten. Wie schafft man das?

Als allererstes weiß ich, dass Gott mir die Kraft dazu gibt. Dann ist es auch so, dass mein Ehemann mich sehr unterstützt. Da das Fasten mir nicht so schwer fällt, ist es auch nicht schwer, die restlichen Dinge im Haushalt zu meistern.

Fällt Ihnen die Arbeit nicht schwer, wenn Sie fasten?

Nein, überhaupt nicht.

Es sind lange Fastentage. Was ist Ihre Strategie, um durchzuhalten?

Ich habe keine bestimmte Strategie. Der normale Alltag geht weiter. Zuhause überbrückt man die Zeit, in dem man mit dem Kind spielt, liest, kocht oder betet. Ziel des Fastens besteht ja darin, nicht nur nichts zu sich zu nehmen, sondern sein Ego zu zügeln und unter Kontrolle zu halten.

Haben Sie daran gedacht, nicht zu fasten?

Also ich kann mich nicht erinnern, jemals solch einen Gedanken gehegt zu haben. Ganz im Gegenteil, außerhalb der Fastenzeit faste ich auch gerne mal 1-2 Tage in der Woche. Je nachdem, wie ich mich fühle.

Nehmen Sie im Ramadan ab? 

Ich denke, dass ich öfter abnehme, als dass ich zunehme.

Worauf achten Sie beim Essen?

Wir versuchen leichte Mahlzeiten zu uns zu nehmen und nicht übermäßig zu essen.

Was tun Sie im Krankheitsfall?

Kommt auf die Krankheit an. So lange das Fasten meine Krankheit nicht beeinträchtigt, faste ich. Gott sei Dank ist das bis jetzt noch nie vorgekommen. Meine Mutter ist zum Beispiel zuckerkrank und darf nicht fasten. Dafür spendet sie Hilfsorganisationen, die dann weltweit Menschen, die in Armut leben, helfen.

Stehen Sie wirklich jeden Morgen zum Sahur auf?

Ich versuche so oft wie möglich aufzustehen. Doch muss ich ehrlich zugeben, dass es auch vorkommt, dass ich nicht aufstehe. Wenn wir aufstehen, serviere ich Wassermelone und etwas Schafskäse. Dazu gibt es noch etwas Brot und das war es. Man kann natürlich auch ein richtiges Frühstück vorbereiten, aber ehrlich gesagt habe ich um diese Uhrzeit keinen Hunger – das Abendessen liegt ja noch nicht allzu lange zurück (lacht). Meistens bleibt man dann noch auf, bis man das Morgengebet verrichten kann.

Was essen Sie so zum Iftar? Wie brechen Sie Ihr Fasten?

Datteln sind das A und O unseres Fastentisches. Sie sind einfach sehr lecker und nährreich. Mein Mann und ich essen gerne Wassermelone zum Fastenbrechen. Wir versuchen wirklich sehr wenig zu essen, weil es sonst ja auch nicht dem Sinn des Ramadan entspricht. Eine wenig Suppe dazu, dann ist man schon satt. Wenn man eingeladen ist, ist das wieder eine andere Sache. Man versucht dem Gastgeber zu erklären, dass man bitte wenig servieren möchte. Das ist nicht immer ein leichtes Unterfangen (lacht).

Wie verändert sich denn Ihr Alltag in der Fastenzeit? 

Zuhause gibt es eine ganz andere Atmosphäre. Man bereitet schon Tage vor dem Ramadan das Haus für solch einen schönen Monat vor. Es wird geputzt, eingekauft, Lichterketten mit „Herzlich willkommen, Ramadan“ angebracht. Man überlegt, wann man wen einladen könnte. Natürlich ändern sich die Schlaf- und Aufstehzeiten. Man versucht, noch mehr Menschen als zuvor zu helfen. Auch auf spiritueller Ebene verändert sich vieles. Man versucht diesen Monat zu nutzen, um Gottes Segen und Vergebung – und am allerwichtigsten – Gottes Wohlgefallen zu erlangen.

Was ist Ihre interessanteste Ramadan-Erfahrung? 

Mir fällt gerade keine ein.

Wie reagieren Ihre deutschen Freunde auf den Ramadan?

Viele können es nicht verstehen und fragen mich, wie ich das aushalte. Man spricht viel in dieser Zeit darüber. Ich habe sie auch mal gefragt, ob sie vielleicht mit mir mal einen Tag fasten möchten. Und ich habe auch schon zwei Freiwillige gefunden.

Sie werden wirklich den ganzen Tag mit Ihnen fasten? 

Nicht ganz. Natürlich gibt es einige Erleichterungen. Sie dürfen zum Beispiel trinken.

Sind Sie im Ramadan spendenfreudiger?

Oh ja, denn diese Tage sollten mit rechtschaffenen Werken gefüllt und zu guten Taten genutzt werden. Der Prophet Muhammad – Allahs Frieden und Segen seien mit ihm – hat sehr oft auf die Besonderheit dieses Monats hingewiesen. Als man ihn eines Tages fragte, welche Spende denn mit der größten Belohnung verbunden sei, antwortete er, dass es die im Ramadan ist.

Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

Im Ramadan fühlen wir uns jeden Tag wie auf einem Fest, und während wir zwischen Arbeit, Haus und Moschee pendeln, sind wir uns der wohligen Wärme diesen Monats stets bewusst. Indem wir beten, stärken wir unseren Wunsch nach Frömmigkeit. Wir wissen unseren Platz in der Gegenwart Gottes zu schätzen, denn er bietet uns die einmalige Chance, uns zu reinigen und unserem Leben eine neue Farbe zu verleihen.