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Kultur/Religion

Ramadan in Istanbul: Leerer Basar, Iftar im Freien und wütende Busfahrer

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In Istanbul ist der Geist des Ramadan besonders speziell. Während die Einheimischen sich dem neuen Alltag in diesem Monat anpassen, wird der ein oder andere Tourist auch enttäuscht – z.B. von einem leergeräumten Basar.

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Istanbul im Ramadan als Tourist zu erleben kann sehr besonders sein.
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Dies ist mein siebter Besuch in der Türkei und ich habe viele historische und moderne Städte gesehen, doch es ist die Genialität der Menschen hier, die ich bewundere.

Auf den Straßen in Istanbul stehen Verkäufer an kleinen Wagen und verkaufen Simit, nebenan der Duft von gerösteten Kastanien und all das mit einem wunderbaren Ausblick. Es gibt hier immer etwas zu sehen, immer etwas, an das man sich erinnert.

Dieses Mal fiel meine Reise in der Türkei etwas anders aus, da ich den Monat Ramadan hier miterleben durfte, eine einmalige Zeit im ganzen Jahr. Ich besuchte Moscheen, in denen Menschen nach dem Iftar gemeinsam das nächtliche Tarawih-Gebet verrichteten. Mir ist aufgefallen, dass dieser Monat die Menschen vereint und ihren Zusammenhalt stärkt.

Zwischen Şirinevler und dem Großen Basar, wo ich gerne schlendere und einkaufe, ist der Geist des Ramadan besonders zu spüren. Am ersten Tag, an dem meine Freunde und ich durch die Stadt spazierten, bemerkte ich, dass zahlreiche Restaurants geschlossen, doch andere Geschäfte hingegen geöffnet hatten. Die fastenden Menschen gingen dennoch ihrer Arbeit nach. Die Lebensmittelhändler schmücken ihre Stände mit noch mehr Früchten, die Ladenbesitzer versuchen das Interesse der Kunden zu erregen, die Wachmänner machen ihre Runden und die überfüllten öffentlichen Verkehrsmittel stehen den Einwohnern weiterhin zur Verfügung.

Eine stille Beobachtung

Was sie auch vorhaben, wohin sie auch gehen, die Einwohner Istanbuls verzichten trotz allem unter anderem auf Essen und Trinken. Doch sie tun dies unauffällig. Damit meine ich, dass ich keine Menschen höre, die sich über das heiße Wetter beschweren oder den Wunsch nach einem kalten Glas Wasser äußern- oder nach der türkischer Art, nach einem Glas Tee. Ich finde es interessant, wie die Menschen hier trotz der langen Sommernachmittage heißen Tee trinken können. Mir ist außerdem aufgefallen, wie rücksichtsvoll und tolerant die Menschen hier sind. Viele der geöffneten Restaurants bedecken ihre Fenster, sodass die essenden Gäste nicht gesehen werden können. Sie sind sich dessen bewusst, dass andere fasten. Auf der anderen Seite gibt es die Fastenden, die durch die Straßen laufen und nicht auf die nicht Fastenden herabschauen.

Während des Ramadans in Istanbul zu fasten, bedarf viel Disziplin, Selbstkenntnis und Großzügigkeit, was meiner Meinung nach vor allem in den öffentlichen Verkehrsmitteln fehlt. Meine Freunde und ich konnten in Bussen und Trams viele problematische Situationen beobachten. Andererseits ist es verständlich, denn die Menschen sind nach der Arbeit erschöpft, hungrig und sie können es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und ihr Fasten mit ihrer Familie zu brechen.

Iftar mit der ganzen Stadt

In diesem Jahr hatte ich erst neulich ein sehr schönes Iftar, an das ich mich erinnere. Wir versammelten uns im Stadtviertel Sultanahmet zwischen der Hagia Sophia und der Blauen Moschee, wo wir zwischen den Gartenrosen saßen. Meine Freunde kauften Suppe und Döner. Wir warteten bis die Sonne unterging. Dort zu sitzen und auf die Moschee zu blicken, deren Minarette erleuchtet waren und die vielen Familien, die sich dort versammelt hatten, sorgten für eine harmonische und gemütliche Atmosphäre. Als es soweit war, kamen die Kinder herbeigeeilt zu ihren Müttern, um zu essen. Die bunten Lichter des Brunnens krönten den Platz. Dies machte diese Szene zu etwas Besonderem. Diese Menschen zu beobachten und ein Teil ihres heiligen Monats sein zu können, machte diesen Abend für mich unvergesslich.

Auch war es interessant, die Fastenden zu sehen, die in den letzten Stunden vor dem Iftar die letzten Einkäufe erledigten. Meistens wurde Pide gekauft oder Linsensuppe, Fleisch oder Börek. Nach dem Iftar werden traditionelle Nachspeisen wie Güllaç serviert und selbstverständlich Tee, Kaffee und Obst. Eine Entschuldigung, die man von vielen Fastenden hört, ist, dass sie nicht wüssten, ob das Essen genügend gewürzt sei, da sie fasten würden. Dennoch wird es mit viel Hingabe und Disziplin vorbereitetet, vor allem, wenn Gäste erwartet werden. Man wird nicht als Fremder wahrgenommen, sondern als Teil der Familie.

Leerer Basar

Natürlich gibt es auch die andere Seite. Die Menschen, die den ganzen Tag gearbeitet haben und es kaum erwarten nach Hause zu kommen und endlich ihr Fasten zu brechen. Neulich machten meine Freunde und ich diese Erfahrung auf dem Basar. Wir kamen gegen sechs Uhr abends an und trafen auf gestresste Verkäufer, die alle kurz davor standen, zu schließen. Es war das erste Mal in der Türkei, dass ich den Großen Basar vollständig leer vorfand. Für einen Einheimischen mag dies nicht verwunderlich sein, doch für eine Gruppe von Ausländern, die nach vielen Komplikationen hergefunden hatten, sehr enttäuschend. Anfangs dachten wir, dass es sich dabei um einen Irrtum handelte, doch bald erklärten uns die Einheimischen, dass man früher schließe, da Ramadan sei. Diese Erklärung erschien uns plausibel und auch wir machten uns nach einem anstrengenden Tag hungrig auf den Weg nach Hause.

An den vielen Veranstaltungen in Istanbul teilzunehmen, ist wahrhaftig ein Erlebnis. Eine Sache, die ich nicht vergessen werde, ist die Wärme, das Mitgefühl und die Großzügigkeit, die ich während meines Aufenthalts im Ramadan mehrmals erfahren habe. Ganz gleich wer die Menschen sind oder woher sie kommen, während dieses Monats fasten, beten und feiern die Familien gemeinsam und denken auch an die, die keine Familie haben oder in Not sind.

Ob bei einem Spaziergang oder beim Iftar bei einem Freund- ich kann stolz von mir behaupten, zu wissen, wie es sich in einer solchen lebendigen und außergewöhnlichen Stadt lebt.

*Dieser Artikel erschien auf Today’s Zaman. Der Autor ist anonym.