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Politik

NRW will islamfeindliche Straftaten gesondert erfassen

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Nordrhein-Westfalen will antimuslimische Straftaten in Zukunft gesondert erfassen. Einem entsprechenden Antrag wurde seitens des Landtages zugestimmt. Die CDU allerdings enthielt sich der Stimme, ihr fehlte der Faktor Linksextremismus. (Foto: dpa)

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Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sitzt am 03.07.2014 im Landtag in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) im Plenum.
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NRW will künftig schon früher gegen Rassismus ankämpfen. Am letzten Plenartag vor den Sommerferien debattierten die nordrhein-westfälischen Abgeordneten über einen Antrag der SPD, Bündnis ’90/Die Grünen und Piraten über Wege zur Vorbeugung von Rassismus. Vor allem in bevölkerungsreichsten Bundesland sei ein solches Aktionsprogramm wichtig. Auch wenn der Großteil der Bevölkerung hier die Vielfalt und das Zusammenleben akzeptiere und sogar fördere, wie bei der Veranstaltung „Birlikte-Zusammenstehen“ in Köln beobachtet werden konnte, ist das braune Gedankengut noch nicht vollständig aus der Gesellschaft verschwunden.

Die Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion zur „Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten in Nordrhein-Westfalen“ im Jahr 2013 zeigt dies eindeutig. Diese ist in NRW erneut angestiegen. Während im Jahr davor 3024 politisch rechts motivierte Straftaten erfasst wurden, stieg diese Zahl 2013 auf 3085. Auch gibt es den höchsten Stand der rechten Gewalt im Land seit 1994.

Verena Schäffer, Sprecherin der Grünen Fraktion im Landtag für Strategien gegen Rechtsextremismus , weiß, dass diese Zahl nicht alle Taten dieser Art erfasst. Sie glaubt, dass die Dunkelziffer rechter Gewalt um ein Drittel höher liegt. Die Dimensionen alltäglicher Diskriminierung könnten also „nicht durch die Statistik abgebildet werden“, so Schäffer. Die Dunkelziffer entstehe, da die Motivation der Tat nicht immer festgestellt werden kann. Für Schäffer ist dies Grund genug, die Erfassung von Gewalttaten zu überarbeiten. Während antisemitische, rassistische oder homophobe Straftaten seperat erfasst werden, gibt es für antimuslimische Straftaten keine gesonderte Erfassung.

Mit dem am Freitag debattierten Antrag wurde der Innenminister des Landes nun offiziell aufgefordert, sich für solch eine Erfassung auf Bundesebene stark zu machen und das Thema in der Innenministerkonferenz auf die Agenda zu bringen. Der nordrhein-westfälische Minister Ralf Jäger (SPD) ist aktuell auch deren Vorsitzender. Vorherige Versuche zur Schaffung einer solchen Statistik sind gescheitert. Falls bundesweit eine einheitliche Regelung nicht möglich sein sollte, werde die Landesregierung nun aufgefordert, zu prüfen, ob eine derartige Statistik „für NRW umsetzbar“ sei.

Dies sei wichtig für eine „bessere Lageeinschätzungen und zur Beobachtung gesellschaftlicher Entwicklungen im Bereich des Rechtsextremismus und Rassismus“ und um die „Realität der politisch rechts motivierten Kriminalität möglichst genau abzubilden“, so die Grünen-Politikerin Schäffer. Sie machte auch auf den antimuslimisch motivierten Mord an Marwa El-Sherbini in Dresden aufmerksam und erinnerte daran, dass Rassismus töten könne.

Auch die Abgeordneten der Piraten und FDP waren von dem Sinn und Zweck einer solchen Erfassung überzeugt. Während Piratin Birgit Rydlewski damit zeigen will, „dass Nazis und der Staat nicht Hand in Hand laufen“, will der FDP-Abgeordnete Joachim Stamp das Vertrauen vieler Muslime zurückgewinnen. Seine Partei habe die Verunsicherung der deutsch-türkischen Familien durch die NSU-Morde zur Kenntnis genommen. Dieser und der Enttäuschung müsse man gegensteuern. Mit solch einer Erfassung würde man ein Zeichen in die richtige Richtung setzen. Deshalb würde die FDP „Bedenken im Antrag zurückstellen.“

CDU will nicht zwischen links-und rechts motivierten Taten unterscheiden

Die CDU-Fraktion war allerdings nicht derselben Ansicht. Theo Kruse sagte dazu, dass seine Fraktion und auch der Landesverband jedwede Form von politischer Gewalt ablehne, unabhängig davon, ob sie von rechts oder links komme und ob sie religiös, politisch oder fundamentalistisch motiviert sei. Das unterscheide seine Fraktion von den Antragstellern. Der Antrag widme sich nämlich „ausschließlich dem Phänomen des Rechtsextremismus“. So würden alle anderen Extremismusformen außer Acht gelassen.

Den Antragstellern warf Kruse weiter vor, den NRW-Verfassungsschutzbericht 2013 nicht gelesen zu haben. Dort sei festzustellen, dass die links motivierten Straftaten um fast 26 Prozent gestiegen sei. Diese Gefahr werde ausgeblendet. Kruse wolle keinen Unterschied zwischen den Extremismusformen machen. Wie man im Hintergrund solcher Zahlen diesen Antrag vorlegen könne, sei ihm schleierhaft. Innenminister Ralf Jäger kritisierte Kruse in seiner Rede scharft.  Es sei politisch töricht und fachlich falsch, nicht zwischen Links-und Rechtsextremismus zu unterscheiden.

Nach Auffassung von Jäger müsse man spätestens nach der Entdeckung der NSU-Morde darauf reagieren, „dass offensichtlich das Bild von Rechtsextremismus, das statistisch gezeichnet wird, schlichtweg falsch ist und überarbeitet werden muss“. Die CDU müsse auch ihreb Beitrag gegen Rechtsextremismus leisten. Es gebe Unterschiede und diesen müsse man sich stellen. Der Antrag sei eine wichtige Positionierung des Landtages. Diese nehme er für die weiteren Beratungen in der Innenministerkonferenz gerne mit.

Verbesserungen in der Ausbildung im öffentlichen Bereich vorgesehen

Mit dem Antrag soll es aber auch andere Verbesserungen geben. So soll beispielsweise eine verstärkte Kooperation der Polizei mit den vom Land geförderten Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt etabliert werden. Außerdem sollen die Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz in den Themen Rechtsextremismus und Rassismus sowie die interkulturelle Kompetenz weiterentwickelt werden.