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Gesellschaft

„Religiöse Generation“: Warum ist Erdogans Ziel fehlgeschlagen?

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Die Ergebnisse der jüngsten KONDA-Untersuchung zur gesellschaftlichen Veränderung der Türkei waren überraschend. Doch was sind eigentliche Gründe für diese Veränderung und was bedeuten sie? Ein Erklärungsansatz.

Das Ziel des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte ein klares Ziel: Er wollte, dass eine konservative Generation unter seiner Amtszeit entsteht, „die die Werte und Prinzipien ihrer Nation beschützen“, sagte Erdogan 2012. Eine jüngste Untersuchung des Forschungsinstituts KONDA sind für dieses Ziel des Präsidenten keine guten Neuigkeiten. Nach der Studie, die den Wandel der türkischen Gesellschaft in den letzten 10 Jahren untersucht und dabei auch die Frage beantwortet, wie sich die türkische Gesellschaft im Bezug auf das Verhältnis zur Religion verändert hat. Das DTJ berichtete.

„Diyanet als wichtiger Akteur“

Laut den Ergebnissen der bezeichnen sich Menschen in der Türkei als weniger gläubig als im Vergleich zu vor zehn Jahren. Im Gegenzug dazu ist auch die Zahl jener um drei Prozent angestiegen, die sich als Atheisten bezeichnen. Doch woran liegt diese Veränderung eigentlich? Ein erster Erklärungsversuch kommt von den Atheisten. Die ehemalige Vorsitzende des Atheismus-Vereins der Türkei, Zehra Pala, sagte in einem Gespräch mit dem türkischen Exil-Medium Ahval, dass die türkische Religionsbehörde Diyanet zu den wichtigsten Akteuren dieser Veränderung zählt. Pala dazu: „Wir brauchen den Atheismus nicht zu verbreiten, es gibt doch die Diyanet.“ Mit dieser sarkastischen Herangehensweise kritisiert Pala die Aussagen, die von der Religionsbehörde getätigt werden.

Traditioneller Islam wird abgelehnt, um den `wahren Islam` zu entdecken

Ihsan Eliacik ist ein türkischer Theologe, der häufig kritisiert wird und dem vorgeworfen wird, Atheist zu sein. Er sieht die Veränderung der türkischen Gesellschaft positiv. Laut Eliacik sei der Islam zu sehr mit traditionellen Elementen belastet und zu viele Elemente, die mit dem ursprünglichen Islam nichts zu tun haben, seien mittlerweile Teil des Islam geworden. „Wenn die Menschen sich von diesen unwahren Elementen befreien können, steigt die Wahrscheinlich, den Islam aus ihrer ursprünglichen Quelle zu lesen und zu verstehen an. Deshalb sehe ich die Veränderung positiv.“

Das Problem sei, dass jene, die den `traditionellen Islam` nicht akzeptierten, mittlerweile als Atheisten bezeichnet würden.

„Urbanisierung spielt große Rolle“

Aus wissenschaftlicher Perspektive wird das Ergebnis von Roj Esir Girasun beleuchtet. Laut Girasun, spielt die Urbanisierung eine große Rolle. Girasun dazu: „Die Politik wird konservativer, aber die Bevölkerung wird immer säkularer.“ Weiter sagt der Wissenschaftler: „Der Islamismus hat an Bedeutung verloren. Bis 2011 war das anders.“ Durch den Bedeutungsverlust sei die Zahl jener, die sich dem Islamismus zugehörig fühlten, auch stark gesunken. Das vergleicht Girasun mit den 80er Jahren: „Damals hatte sich ein großer Teil der Jugendlich als Links eingestuft. Nach dem Zusammenbruch der Sowjets, gab es einen Bedeutungsverlust und die Zahl der Sozialisten ist gesunken.“

Wie auch die anderen Experten, glaubt Girasun, dass die Zahl der Veränderung in Wirklichkeit viel höher ist, als in der Studie ausgewiesen.