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Gesellschaft

Religion und Terrorismus: Keine einfachen Antworten

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„Das hat nichts mit dem Islam zu tun!“, ist ein oft gehörtes Argument, wenn es um islamistischen Terror geht, während von der anderen Seite dem Islam als solchen oft eine Affinität zu terroristischer Gewalt unterstellt wird. Eine neue Studie hat das Thema nun detaillierter beleuchtet und kommt zu differenzierteren Ergebnissen.

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Al-Kaida-Führer im yemenitischen Fernsehen
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Nach Expertenansicht gibt es keinen einfachen Zusammenhang zwischen Religion und Terror. Zwar könne es Wechselbeziehungen zwischen beiden Bereichen geben, diese seien aber immer komplex, heißt es in dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Jahresgutachten des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Es müssten immer noch andere Faktoren hinzukommen, damit Menschen Terror mit ihrer Religion legitimierten.

Zugleich wiesen es die Experten auch als falsch zurück, den im Namen des Islam ausgeführten Terrorismus gänzlich von religiösen Fragen zu trennen und auf Faktoren wie Diskriminierung und Arbeitslosigkeit zu verweisen. Denn Studien zeigten, dass Terroristen keineswegs alle aus benachteiligten Milieus stammten. Thema des Jahresgutachtens ist „Viele Götter, ein Staat: Religiöse Vielfalt und Teilhabe im Einwanderungsland“.

Weiter heißt es in dem Gutachten, Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt seien deswegen wichtige Instrumente zur Terrorismusbekämpfung, aber keineswegs ein Allheilmittel. Die politisch korrekte Empörung, dass der heutige Terror „nichts mit dem Islam“ zu tun habe, sei also nicht völlig falsch, aber auch nicht vollkommen richtig. Der derzeit vor allem im Namen des Islam ausgeübte Terror nutze die Religion und die fundamentalistische Interpretation des Korans als Referenzrahmen.
Zugleich zeige das Gutachten, dass für eine gute Integration nicht so sehr die Religion, sondern die soziale Herkunft entscheidend sei.

„Bei der institutionellen Integration des Islam zeigt sich der Staat offen und flexibel, nun sind die Muslime am Zug.“

Die Experten empfahlen, der Staat solle deshalb Erwartungen an die Religionsgemeinschaften aufzeigen und sich der Probleme bewusst sein, die ein religionsrechtlicher Multikulturalismus mit sich bringen könnte. Grundsätzlich habe sich zwar die Religionsfreundlichkeit im deutschen System bewährt, Nachbesserungen seien aber nötig, so die Experten. Dabei verwiesen sie etwa auf das kirchliche Arbeitsrecht, das „Religionsgemeinschaften gegenüber dem allgemeinen Arbeitsrecht weitreichende Sonderrechte einräumt“.

Weitere Beispiele seien der Aufbau einer islamischen Theologie an deutschen Hochschulen, in deren Rahmen Verbänden mit fraglicher Legitimität zu große Mitspracherechte eingeräumt würden oder die vom Gesetzgeber in großer Eile erlassene Beschneidungsgestattung, die vor allem hinsichtlich der Schmerzbehandlung der Kleinkinder einiges im Unklaren lasse.

„Staat und Politik haben deutlich gemacht, dass sie den Muslimen bei weiteren Schritten zur institutionellen Gleichstellung etwa mit den Kirchen und der jüdischen Gemeinde entgegenkommen. Dies ist zu begrüßen, denn es wäre nicht hinzunehmen, wenn einer so großen Zahl von Gläubigen, die in Deutschland dauerhaft leben, der Weg zur Kooperation mit dem Staat im Rahmen des für alle geltenden rechtlichen Rahmens versperrt bliebe“, sagte Prof. Dr. Christine Langenfeld, Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). „Nun sind die Muslime am Zug, um den begonnenen Prozess der institutionellen Gleichstellung weiter voranzubringen.“

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte, das Prinzip einer grundsätzlichen Religionsfreundlichkeit bei gleichzeitiger
staatlicher Neutralität sei ein hohes Gut und habe sich integrationspolitisch bewährt. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), meinte, dass Gutachten zeige, dass nicht die Religionszugehörigkeit entscheidend sei für den Integrationserfolg, sondern der soziale Hintergrund. Integration gelinge dort am besten, wo Menschen unterschiedlicher Kultur und Herkunft zusammenkämen. (kna/ dtj)