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Politik

Rohani mag die Wahl gewonnen haben: Sieger bleibt der tiefe Staat

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Die klare Entscheidung zu Gunsten Hassan Rohanis bei den iranischen Präsidentschaftswahlen hat zahlreiche Hoffnungen auf einen politischen Wandel geweckt. Diese werden sich jedoch, betrachtet man die realen Machtverhältnisse, kaum erfüllen.(reuters)

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Die Wahl Hassan Rohanis zum Präsidenten ändert nach Überzeugung Shayan Arkians nichts Substanzielles an Irans Außenpolitik.
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Hassan Rohani hat bei den iranischen Präsidentschaftswahlen einen Erdrutschsieg errungen und wurde mit 51% bereits im ersten Wahlgang zum neuen höchsten politischen Repräsentanten des Iran gewählt – was in etwa der Position des Regierungschefs entspricht, da die geistlichen Führer des Landes nach der Verfassung die eigentlichen Staatsoberhäupter sind.

Zwar sind dadurch auch die politischen Möglichkeiten Rohanis beschränkt, allerdings ist im Iran in letzter auch die Wahlbeteiligung stets interessanter als die Frage, wer gewonnen hat. Während diese während der vorangegangenen zehn Präsidentenwahlen im Iran nie über 67% angewachsen war, schnellte sie 2009 auf 85% empor. Damals sollte sich der Volkszorn gegen Mahmoud Ahmadinedschad, der eine Politik betrieb, die dem religiösen und sicherheitspolitischen Establishment des Iran gegenüber willfährig war. Nachdem 2005, als der moderate Reformer Chatami bei der Umsetzung seiner Wahlversprechen gescheitert war, die Beteiligung auf 63% absank, war der Wert von 2009 als Signal für einen Wunsch nach politischem Wechsel interpretiert worden. Der tiefe Staat in Teheran hatte jedoch Vorsorge getroffen und seine Möglichkeiten genutzt, das Resultat durch Wahlfälschung und Sabotage in eine Bestätigung für den Establishmentkandidaten umzudeuten. Infolge dieser politischen Falschmünzerei kam es zu gut besuchten Massenprotesten, die bald den Namen „Iranischer Frühling“ verliehen bekommen sollten.

Loyalität ist Glückssache in der iranischen Elite

Seit der blutigen Niederschlagung dieser Volkserhebung durch den staatlichen Sicherheitsapparat stehen die Präsidentschaftskandidaten der Opposition, Mir-Hossein Mousavi und Mehdi Karroubi, die später als Führer der „Grünen Bewegung“ auftreten sollten, unter Hausarrest. Dass Mousavi unter Ayatollah Khomeini einst Premierminister und Karroubi Parlamentssprecher war, illustriert aber auch, wie es um die Loyalität des heutigen iranischen Regimes zu den Idealen des einstigen geistlichen Revolutionsführers bestellt ist.

Das Blutvergießen im Zuge der Niederschlagung von 2009 sollte später auch Syrien, den Irak und andere Länder werden, die sich daran ein Beispiel nehmen sollten.

Der demokratische Wert der Wahlen im Iran lässt sich nicht zuletzt daran bemessen, dass der Wächterrat über die Verfassung unter dem Obersten geistlichen Führer des Iran, Ali Khamenei, und den Revolutionsgarden, im Vorfeld der Wahlen bereits 670 von 678 Kandidaten disqualifiziert hatte. Unter anderem wurde sogar Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, dem früheren Präsidenten, die Zulassung verweigert.

Vor dem Hintergrund einer derartigen Wahlfarce hatte das iranische Volk nach der blutigen Niederschlagung der Proteste von 2009 nur zwei Optionen: Wahlboykott oder die Wahl eines Kandidaten, der das geringste Übel darstellen würde, keine Verbindung zum tiefen Staat haben sollte und der noch eine verhältnismäßig moderate Politik erwarten lassen würde. Offenkundig entschieden sich die Iraner für die zweite Option: Rohani wurde bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 70% im ersten Wahlgang gewählt.

Aber was kann Rohani ändern? Kurz und knapp gesagt: Nichts. Wie bereits zwei Amtsperioden Chatamis und eine Periode Ahmadinedschads gezeigt hatten, hat ein Präsident, der sich mit dem iranischen Establishment anlegt, keinerlei Macht. Selbst wenn sich Rohani darum bemühen sollte, die Forderungen der Menschen nach Freiheit und einem politischen Wechsel ernst zu nehmen, wird er kaum Chancen haben, sie umzusetzen. Im politischen System des Iran geht das Regierungsmandat von den geistlichen Führern aus und ihrem Dunstkreis, nicht aber vom gewählten Präsidenten. Sollte es dem Präsidenten gelingen, die Gunst der wahren Mächtigen im Land zu gewinnen, könnte er allenfalls mit der Illusion leben, selbst etwas zu sagen zu haben. Verscherzt er es sich mit ihnen, ist es sogar damit vorbei.

Am Ende siegt immer das Establishment

Deshalb ist es völlig falsch, von Rohani, der zumindest so viel Rückhalt im tiefen Staat hat, dass man seine 51% nicht weggefälscht hat, und der ein begabter Technokrat sein soll, Wunder zu erwarten. Selbst der mit 63% gewählte Chatami sollte sich als völlig machtlos gegen den tiefen Staat erweisen. Wie auch immer man es wenden mag: Der Gewinner bleibt am Ende das Establishment.

Dies ist auch der Grund, warum es keinerlei realistische Hoffnungen gibt, dass sich an der Sicherheitspolitik, an der Außen-und Verteidigungspolitik, an der Wirtschaftspolitik oder am Nuklearprogramm irgendetwas ändern wird. Diese Politikbereiche werden weiterhin von den geistlichen Eliten und dem Sicherheitsapparat bestimmt werden. Deshalb wird sich, wenn Rohani am 3. August vereidigt wird, auch an der türkeifeindlichen Politik des Iran, an der Obstruktion gegenüber der internationalen Gemeinschaft in der Atompolitik oder an der Politik gegenüber Syrien, dem Irak oder Libanon nichts ändern. Es ist im Grunde vergeudete Zeit, diese Analyse der iranischen Wahlinszenierung zu lesen. Ich hoffe, Sie verzeihen mir, Ihre Zeit damit gestohlen zu haben.