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Politik

Russische Sanktionen: Hat die Türkei Alternativen zum Handelspartner Russland?

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In der Krise zwischen Russland und die Türkei hat die türkische Führung ihre Suche nach Alternativen zu Russland als Energielieferant intensiviert. DTJ hat dazu Dr. Erdal Yalçın vom Münchner Ifo Zentrum für Außenwirtschaft befragt.

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Die Sanktionen Russlands gegen die Türkei beschäftigen die Menschen in beiden Ländern  zunehmend. Während Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan nach Katar gereist ist, um die Möglichkeiten des Imports von verflüssigtem Erdgas (LNG) auszuloten, flog Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu nach Aserbaidschan. Könnte die Türkei den Ausfall Russlands als Energielieferant ersetzen?

Analysten zufolge würde sie mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert werden. Zum einen sind die Lagerkapazitäten für Gas nicht ausreichend, zum anderen ist die Fähigkeit der Industrie, auf andere Energieträger umzusteigen, gering. Darüber hinaus produziert die Türkei die Hälfte ihres Stromaufkommens aus Gas.

DTJ hat im Rahmen einer Tagung mit Dr. Erdal Yalçın über diese Fragen gesprochen. Yalçın ist stellvertretender Leiter des ifo Zentrums für Außenwirtschaft in München.

Herr Dr. Yalçın, was wären die Auswirkungen russischer Wirtschaftssanktionen auf die Türkei?

Yalçın: Russland als Handelspartner ist für die Türkei von Bedeutung, insbesondere was Energieimporte angeht. Das Land ist ressourcenschwach und Russland ist als Energielieferant wichtig. Die Türkei hat ein großes Handelsdefizit, das heißt sie importiert mehr als sie exportiert. In dieser Situation liegt meine Hoffnung, dass beide Länder wieder an den Tisch finden. Andererseits könnte das Embargo gegen Iran nächstes Jahr aufgehoben werden. Da könnten sich für die Türkei neue Märkte öffnen.

In türkischen Medien wird diskutiert, dass arabische Länder Russland als Absatzmarkt für landwirtschaftliche Produkte aus der Türkei ersetzen. Halten Sie das für realistisch?

Yalçın: In der Theorie kann man das sagen. Aber der türkische Agrarsektor ist sehr unproduktiv. Er ist durch Kleinbetriebe geprägt, die nicht auf Massenexporte ausgerichtet sind. In der EU wird diskutiert, den Agrarsektor in die Zollunion aufzunehmen. Das würde dazu führen, dass viele kleine Bauern ihre Betriebe aufgeben müssten, weil der Import aus der EU billiger ist. Langfristig würde sich die Perspektive für türkische Betriebe erhöhen. Aber das sind nicht Prozesse, die von heute auf morgen vonstattengehen.

Es wird ebenfalls diskutiert, was passiert, wenn Russland kein Gas mehr liefern sollte. Ist das wahrscheinlich?

Yalçın: Russland braucht Devisen. Öl und Gas sind die Haupteinnahmen. Das Land ist ökonomisch nicht diversifiziert. In Europa hat Russland nicht zu diesem Mittel gegriffen, als Sanktionen gegen Russland eingesetzt wurden. Der türkische Markt ist nicht so gross. Die Wahrheinlichkeit ist nicht so hoch, aber höher als in Europa.