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Wirtschaft

Russland und Japan auf Annäherungskurs

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Gegenseitige wirtschaftliche Interessen bringen frischen Wind in die Beziehungen zweier Staaten, die sich seit dem 2. Weltkrieg kritisch betrachten und Diplomatie nur selten dafür nutzten, um sich einander näher zu kommen. (Foto: cihan)

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Russland und Japan auf Annäherungskurs
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Russland und Japan sind zwar Nachbarn, doch halten aufgrund der jüngeren Geschichte eine gesunde Distanz zueinander ein. Mehrere Wirtschaftsverträge sollen nun den Grundstein für einen Dialog zwischen beide Regionalmächte ebnen, denn bislang blockierten Territorialstreitigkeiten eine politische Annäherung.

Insgesamt geht es um den Abschluss von 20 Wirtschaftsverträgen, der Eröffnung eines gemeinsamen Investmentfonds und die Wiederaufnahme territorialer Verhandlungen. Gerade die nach dem zweiten Weltkrieg für Japan verlustreiche Neugestaltung und Verteilung der Territorien in Ostasien hinderte die Japaner bislang daran, sich den Russen anzunähern. Im japanisch-russischen Territorialstreit geht es um vier Inseln nördlich von Japan, die sogenannten Kurilen. Diese werden von Russland seit 1951 besetzt. Japan beansprucht aber die Oberhand über diese Inseln und betrachtet die Lösung des Kurilenkonflikts als Voraussetzung für eine ernsthafte Kooperation mit Russland. Nun erklärt sich die ehemalige Sowjetunion zu Verhandlungen bereit.

Vielversprechender Besuch in Moskau

Japans Präsident Abe wird zu diesem Zweck nächste Woche den russischen Präsidenten Putin besuchen. Ein Treffen, das mit Spannung erwartet wird, ist es doch das erste dieser Art seit über einem Jahrzehnt. Beide Seiten erhoffen sich viel von der neuen politischen Eisschmelze, denn Russland und Japan sind mehr denn je aufeinander angewiesen.

Politisch geht es beiden Nationen darum, die Divergenzen in Ostasien anzugleichen. In Zukunft möchte man lieber an einem Strang ziehen, als sich gegenseitig zu befeinden. Ostasien hat sich in den letzten Jahren zu einem hochgerüstetem Pulverfass entwickelt. Konflikte nicht nur militärischer Art drohen von fast allen Seiten. Mit China und Nordkorea existieren zwei unberechenbare Mächte, die sich nicht mit einer Befriedung der Region zufrieden geben. Japan und Russland wollen ein Gegengewicht herstellen und durch eine Politik der gegenseitigen Annäherung für politische Stabilität sorgen.

Wirtschaftlich ist Russland für Japan die Chance, seine Abhängigkeit von fossilen Ressourcen mit sibirischem Gas zu diversifizieren. Japan ist der größte Flüssiggas-Importeur der Welt. Dafür erwartet Japan von der russischen Regierung, dass sie eine Erdgasverbindung nach Wladiwostok baut. Eine Anlage, die ostsibirisches Gas an das Japanische Meer bringen könnte, würde den Russen und der Firma Gazprom, mit der verhandelt wird, 38 Milliarden Dollar kosten. Dafür, dass Russland den Japanern aus ihrem Energie-Dilemma hilft, winken lukrative Wirtschaftshilfen als Gegenleistung. Seit der tragischen Kernschmelze von Fukushima 2011 muss Japan aus Mangel an Alternativen auf Erdgas setzen, die es teuer importieren muss. Russland könnte Japan die nötigen Ressourcen liefern und Japan könnte den unterentwickelten Osten Russlands mittels Geld und Technologie modernisieren.

Russische Energie für japanische Technologie

Es ist ein Tauschgeschäft, von dem beide Seiten profitieren. Denn auch Russland braucht neue Absatzmärkte für seine Ressourcen. Die Konkurrenz auf dem Hauptmarkt Europa wird für das politisch umstrittene Land immer größer. Europa versucht sich von der Abhängigkeit des russischen Gases zu befreien.

„Mit der Absicht, unsere Energielieferung weiter zu diversifizieren, warten wir, während unser Präsident in Moskau ist, auf ein passendes Angebot von der russischen Seite“, sagt der Chefsekretär des japanischen Kabinetts, Hiroshego Seko. Der japanische Besuch und die neuerliche Investitionsfreude kommen allerdings nicht aus heiterem Himmel. Seit zwei Monaten verhandelt eine japanische Delegation mit Gazprom und russischen Offiziellen in Wladiwostok. Die letzten entscheidenden Schritte werden den Spekulationen nach in Moskau eingeleitet und besiegelt.

Um Russland den Milliarden-Deal leichter zu machen, reist Präsident Abe mit einer 120 Personen starken Wirtschaftsdelegation an. Man geht davon aus, dass 30 bis 40 von ihnen hochrangige Geschäftsführer aus den wichtigsten Branchen, wie dem Bau-, Finanz- und Gesundheitswesen, aber auch der Agrarwirtschaft vor Ort sein werden, um für die Vorzüge japanischer Technologie zu werben. „Des Weiteren wollen unsere Geschäftsleute bis zu 20 Absichtserklärungen für Wirtschaftsverträge mit unseren russischen Kollegen unterzeichnen. Darüber hinaus ist eine gemeinsame Investment-Plattform im Gespräch“, erklärte Seko. Nach Angaben von reuters wollen die japanische Bank für internationale Zusammenarbeit und der russische Investmentfond (DIF) dafür eine gemeinsame Investitionssumme für Russland in Höhe von 1 Milliarde Dollar bereitstellen.