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Politik

Sakine Cansız soll Kontaktperson zu Ergenekon gewesen sein

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Was steckt wirklich hinter der Ermordung der drei kurdischen Aktivistinnen in Paris? Die Umstände erscheinen von Tag zu Tag mysteriöser. Der zeitliche Zusammenhang mit den Verhandlungen in Imrali beflügelt Spekulationen aller Art. (Foto: cihan)

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Sakine Cansız soll Kontaktperson zu Ergenekon gewesen sein
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Zweifelsohne kommt es nicht selten zu vielfältigen Unstimmigkeiten innerhalb der PKK und ihrer Vorfeldorganisationen. Manche davon werden sogar mit Waffengewalt ausgetragen. Aber welche könnten ausgerechnet zum momentanen Zeitpunkt gravierend genug gewesen sein, um einen Mord in den eigenen Reihen zu motivieren? Wer könnte Interesse daran haben, gerade diese drei Frauen aus dem Weg zu räumen? Wer stört sich an der Aussicht, es könnte bei den Verhandlungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat zu einer Einigkeit kommen und die Waffen dauerhaft zum Schweigen bringen?

Was in Paris geschehen ist, bleibt zunächst einmal ein ungelöster Mord. Es wird viel spekuliert und die Ermittlungen der französischen Polizei konzentrieren sich zunächst einmal auf Menschen, die den ermordeten Frauen nahe gewesen sein müssen. Das Büro, in dem die Frauen per Schalldämpfer mit Schüssen in Kopf und Bauch hingerichtet wurden, soll kurz nach der Ermordung abgeschlossen worden sein.

Kurdischer Befreiungskampf – ohne kurdischen Hintergrund

Sowohl die politische Bedeutung der getöteten Frauen als auch die Form ihrer Hinrichtung sorgen für Fassungslosigkeit und werfen zahlreiche Fragen auf. Eine der Ermordeten, Sakine Cansız (l.), gehörte zu den Pionieren der PKK und zu deren Gründern im Jahr 1978. Dabei hat die 1958 in Tunceli geborene Cansız einen alevitisch-zazaischen Familienhintergrund.

Infolge des Putsches vom 12. September 1980 wurde sie verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe von 20 Jahren verurteilt. Doch während ihrer Haft und nach ihrer Entlassung 1991 war sie weiterhin in der PKK aktiv. Sie erhielt den Codenamen „Sara“ und überwarf sich nach einiger Zeit mit dem Terroristen-Chef Abdullah Öcalan (m.). Sie gehörte neben ihrem späteren Verlobten Mehmet Şener, der Öcalan als einen „Diktator“ beschuldigt hatte, zu den personae non gratae innerhalb der PKK.

Cansız wurde später von Murat Karayılan, dem derzeitigen Führer der PKK, nach Europa geschickt und sollte die Vertretung der Terrororganisation in Deutschland übernehmen. Die Konflikte innerhalb der PKK ließen Cansız keine Ruhe. Darüber hinaus fiel ihr Name in Verbindung mit den Ergenekon-Prozessen.

Cansız hatte nach Aussage des Kronzeugen Tuncay Güney mehrfachen Kontakt mit dem der PKK nahestehenden Akademiker und Buchautor Prof. Dr. Yalçın Küçük, der insbesondere für die antisemitischen Stereotype, die er in seinen politischen Schriften verbreitet, berüchtigt ist.

Auch Experten tappen im Dunkeln

Eine der ermordeten Frauen, Fidan Doğan, galt im Exil als die Vertreterin des Kurdischen Nationalkongresses, einer der europäischen Nebenorganisation der PKK, und war für dessen Agenden in Paris zuständig. Doğan soll die rechte Hand und Assistentin von Remzi Kartal, einem ehemaligen Abgeordneten der 1994 in der Türkei verbotenen prokurdischen „Partei der Demokratie“ (DEP) gewesen sein. Die dritte Frau, Leyla Sönmez, die gemeinsam mit den beiden anderen ermordet wurde, soll als Übersetzerin für die PKK im Einsatz gewesen sein.

Die Spekulationen über die Hintergründe der Morde von Paris reichen weit und nähern sich zum Teil abenteuerlichen Verschwörungstheorien an. Einige Experten vermuten hinter der Tat den Iran, andere bringen Syrien, Russland oder sogar Israel ins Spiel, die alle kein Interesse an einem Ende der PKK und ihres bewaffneten Kampfes haben sollen. Auch wird über innerorganisatorische Machtkämpfe zwischen den einzelnen Flügeln der PKK und Beziehungen Öcalans zum türkischen Nachrichtendienst MIT spekuliert.

Mit Klarheit dürfte indessen so schnell nicht zu rechnen sein. Der AKP-Abgeordnete Galip Ensarioğlu stellte die These auf, dass der Fall nur dann restlos aufgeklärt werden könne, falls es sich tatsächlich um Streitigkeiten innerhalb der PKK handele. Er habe aber vielmehr die Vermutung, dass eher ein Geheimdienst hinter der Tat stecke – daher würden die Hintergründe womöglich für immer im Dunkeln bleiben, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Doğan.