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Politik

Scharfe Kritik nach Tod eines palästinensischen Journalisten

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Bei Massenprotesten an Israels Grenze zum Gazastreifen gibt es viele Tote und Verletzte – darunter auch palästinensische Journalisten. Israel gerät deshalb unter Druck, Presseverbände fordern eine Untersuchung.

Nach dem Tod eines palästinensischen Journalisten bei Massenprotesten an der Gaza-Grenze mehren sich die Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung des Vorfalls. Der 30-jährige palästinensische Fotojournalist Jassir Murtadscha war am Freitag bei der Berichterstattung über Proteste an Israels Grenze zum Gazastreifen tödlich verletzt worden.

Israels Militär kündigte eine Untersuchung des Vorfalls an. «Die israelische Armee zielt nicht absichtlich auf Journalisten», hieß es am Sonntag in einer Stellungnahme.

Insgesamt wurden am Freitag bei Ausschreitungen im Grenzbereich neun Palästinenser getötet und mehr als 1300 verletzt, die meisten davon durch Tränengas. Acht Journalisten erlitten nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums Verletzungen.

Reporter ohne Grenzen verurteilte eine «unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt» durch die israelischen Truppen. Die Organisation forderte «eine unabhängige Untersuchung dieses Verbrechens gegen die Pressefreiheit». Auch der israelische und der palästinensische Journalistenverband sowie der Auslandspresseverband in Israel forderten eine Prüfung der Umstände von Murtadschas Tod.

Nach Angaben des palästinensischen Journalistenverbands trug Murtadscha eine Schutzweste mit der Aufschrift «Press» (Presse) und einen Helm, als er eine tödliche Schussverletzung erlitt. Der Vater eines kleinen Kindes betrieb ein Medienunternehmen in Gaza. Murtadscha wurde am Samstag unter großer Anteilnahme beigesetzt. Unter den Trauergästen war auch Ismail Hanija, Chef der im Gazastreifen herrschenden Hamas.

Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman betonte, der palästinensische Journalist habe sich der Grenze genähert und eine Drohne über israelischen Soldaten eingesetzt. «Wir werden kein Risiko eingehen», sagte Lieberman dem Armeesender.

Rund 20 000 Palästinenser waren an den Protesten beteiligt, die am zweiten Freitag in Folge stattfanden. Teilnehmer setzten an zahlreichen Orten entlang der Grenze Autoreifen in Brand, um eine «Rauchwand» zu schaffen. Palästinenser warfen nach Angaben der Armee auch Steine und Brandsätze. Es habe zahlreiche Versuche gegeben, im Schutz der Rauchschwaden den Grenzzaun zu beschädigen und Sprengsätze zu legen.

Die Hamas hatte vor einer Woche den «Marsch der Rückkehr» gestartet, insgesamt sollen die Proteste sechs Wochen andauern. Anlass ist der 70. Jahrestag der Gründung Israels. Die Palästinenser sehen die Staatsgründung als Katastrophe an, weil 1948 Hunderttausende Palästinenser fliehen mussten oder vertrieben wurden. Sie pochen auf ein «Recht auf Rückkehr». Israel lehnt dies ab.

Israelische Soldaten schossen nach Angaben der Armee gezielt auf Palästinenser, die versuchten, den Grenzzaun zu beschädigen. Viele der Getöteten waren nach israelischen Angaben militante Palästinenser.

Israel will ein Vordringen von Menschenmassen auf sein Gebiet um jeden Preis verhindern, unter anderem, weil es Anschläge in Ortschaften an der Gaza-Grenze befürchtet.

Ein Sprecher der israelischen Armee sagte, Scharfschützen seien angewiesen, im Notfall auf die Beine von Aktivisten zu schießen, die den Grenzzaun attackierten. Es werde nicht geschossen, um zu töten, betonte er.

Die EU rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf, um eine weitere Eskalation und ein weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Insgesamt kamen seit Karfreitag beim schlimmsten Ausbruch der Gewalt seit 2014 mindestens 31 Palästinenser ums Leben, mehr als 2800 wurden verletzt. Die meisten wurden durch Tränengas verletzt.

Die Hamas kündigte finanzielle Unterstützung für Hinterbliebene von Toten sowie Angehörige von Verletzten an. Demnach sollen Hinterbliebene 3000 Dollar (rund 2450 Euro), die Angehörigen von Schwerverletzten 500 Dollar (rund 400 Euro) und von mittelschwer Verletzten 200 Dollar (rund 160 Euro) erhalten.

Der Gazastreifen mit seinen rund zwei Millionen Einwohnern gehört zu den ärmsten Gebieten weltweit. Menschenrechtsorganisationen haben immer wieder gewarnt, die Lebensbedingungen im seit mehr als einem Jahrzehnt blockierten Gazastreifen seien unerträglich. Unter anderem sind auch sauberes Trinkwasser und Strom knapp.

Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft. Sie bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert die gewaltsame Errichtung eines islamischen Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan.