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Wirtschaft

Schäuble in Athen – was hat er dort nur gemacht?

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Ein schwieriger Besuch für beide Seiten – Finanzminister Schäuble findet zwar anerkennende Worte für die Griechen. Einen weiteren Schuldenschnitt schließt er aber aus. (Foto: epa)

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Weitere Hilfe, aber kein neuer Schuldenschnitt: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Griechenland die andauernde Unterstützung Deutschlands zugesagt. Bei seinem ersten Besuch in Athen seit Ausbruch der Krise lehnte der CDU-Politiker einen neuen Schuldenschnitt am Donnerstag jedoch erneut ab. Unmittelbar vor der Stippvisite des Deutschen hatte das griechische Parlament heftig umstrittene neue Spargesetze verabschiedet. Doch Brüssel fordert weitere Anstrengungen.

Besonders lebendig, begeistert und fasziniert wirkten der deutsche und griechische Finanzminister, Wolfgang Schäuble und Jiánnis Stournaras, bei der Veranstaltung der Deutsch-Griechischen Handelskammer am Donnerstagnachmittag im Athener Hilton-Hotel nicht. Sie machten während ihrer Vorträge einen gelangweilten Eindruck. Die Athener Hitze konnte wohl nicht der Grund sein, die Klimaanlagen funktionierten schließlich einwandfrei. Schäubles Kurzbesuch fand aus Sorge vor Protesten unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Denn Schäuble wird von vielen Griechen als Sparkommissar angeprangert. Das gesamte Zentrum Athens war gesperrt. Demonstrationen und Versammlungen waren während der Anwesenheit des deutschen Amtsträgers in der „Wiege der Demokratie“ streng verboten.

Die Griechen gingen durch schwierige Zeiten, es gebe aber keinen anderen Weg, betonte Schäuble vor der Deutsch-Griechischen Handelskammer in Athen.

Schäuble weiß, was gut für die Griechen ist

Beim Thema Schuldenschnitt blieb er hart: Mit klaren Worten rief Schäuble seine Diskussionspartner dazu auf, „dieses Gespräch (Schuldenschnitt) nicht fortzusetzen“. Es sei nicht zu ihrem Vorteil. Zugleich bescheinigte Schäuble, Athen habe „große Schritte bei der Konsolidierung seiner Wirtschaft“ gemacht.

In der Nacht zum Donnerstag hatte die Regierung ein weiteres bahnbrechendes Sparpaket im Parlament nur mit ganz knapper Mehrheit durchpauken können. Nach zweitägiger teils stürmischer Debatte genehmigten die Abgeordneten Gesetze, die der Regierung die Entlassung von 15 000 Staatsbediensteten ermöglichen. Der Abbau der überbordenden Verwaltung gehört zu den Voraussetzungen für weitere Milliarden-Hilfskredite der internationalen Geldgeber.

Nach der jüngsten Regierungskrise in Athen, die von einem Streit um den griechischen Staatssender ERT ausgelöst worden war, hat der griechische Premier Samaras dringend die Unterstützung der Bundesregierung nötig. Mit einer knappen Mehrheit im Parlament (155 von 300 Abgeordneten) nach dem Austritt des kleineren Partner DIMAR (Demokratische Linke) Ende Juni aus der Regierungskoalition wurde der Spielraum für die Umsetzung der von der Troika (EU, EZB und IWF) verlangten Reformen in Griechenland noch enger als jemals zuvor.

Samaras hat es nicht leicht: die Wirtschaft schrumpft schon seit 5 Jahren (-ca. 25% des BIP), die Arbeitslosigkeit steigt dramatisch (offiziell 27%, unter Jugendlichen bis 25 Jahre ca. 60%), der soziale Zusammenhang löst sich auf, der Staat zeigt zunehmende Zeichen von Missverwaltung, der Rechtsradikalismus etabliert sich als bedeutende politische Kraft). In der Partei von Samaras, Nea Demokratia, gibt es Unbehagen und Kritik, da moderate Liberalen wegen der außerordentlichen Lage des Landes gezwungen sind, mit extremen Neoliberalen, Rechtsradikalen und Irredentisten zu kooperieren, aber auch mit dem Erzfeind der letzten 35 Jahren, den Sozialdemokraten von der Partei PASOK von Evángelos Venizélos.

Negativschlagzeilen überschatten kleine Lichtblicke

Die Reformen gehen in Griechenland nur schleppend voran. Privatisierungen werden kaum durchgeführt, weil Investoren kein Interesse zeigen. Ausländische Kapitalanleger ziehen sogar ihre Investitionen zurück. Jüngstes Beispiel: Das kanadische Goldminenunternehmen Eldorado stellte nach heftigen und monatelangen Auseinandersetzungen mit Einwohnern und Umweltschützern die Bergbauarbeiten auf der Halbinsel von Chalkidikí im Norden ein. Die Staatsfinanzen sehen wegen der Rezession ohnehin verheerend aus.

Schäuble unterzeichnete in Athen die Vereinbarung über einen Wachstumsfonds. Daraus sollen nach Angaben von Schäubles Ministerium kleine und mittlere Unternehmen mit günstigeren Krediten versorgt werden. Eine Größenordnung wurde nicht genannt. Zuvor war von insgesamt 500 Millionen Euro die Rede. Davon wolle Berlin über die Förderbank KfW 100 Millionen Euro tragen.

Die Unternehmen leiden besonders unter der rasanten Wirtschaftstalfahrt Griechenlands. Ein schmaler Lichtblick scheint sich nun aufzutun. Griechenlands Wirtschaftsminister Kostis Chatzidakis geht davon aus, dass 2013 das letzte Rezessionsjahr für das gebeutelte Euro-Krisenland sein werde, wie er dem „Handelsblatt“ (Donnerstag) sagte.

Auch Schäuble zeigte sich zuversichtlich, dass die Wirtschaft bald wieder auf Wachstumskurs kommt. „Wir arbeiten Seite an Seite dafür“, sagte er. Allerdings warnte er, dass die Krise in der Eurozone noch nicht überwunden sei. Der deutsche Finanzminister forderte die Regierung auf, die Privatisierungen fortzusetzen.

Sein Amtskollege Stournaras sagte, alle Mitglieder der Eurozone müssten ihre Finanzen in den Griff bekommen. Sorgen bereite aber der kontinuierliche Abfluss von Kapital vom Süden hin zum Norden. Mit den Sparprogrammen beweise Griechenland „seinen Glauben an die Europäische Idee“. Was Griechenland jetzt brauche, sei Liquidität. Diese werde auch mit der Rekapitalisierung der Banken des Landes geschaffen. Staaten wie Brasilien hingegen beschweren sich bei den Treffen des IWF, dass die Hilfe für Athen eine reine Geldverschwendung sei, weil das umgesetzte Programm keine Ergebnisse bringe. Stournaras und Schäuble sehen das anders. (dtj/dpa)