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Bildung & Forschung

Neuer Dresscode an türkischen Schulen: Kopftücher erlaubt, Tattoos verboten

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Die Regierung betrachtet den neuen Dresscode an Schulen als Meilenstein, die Opposition wittert „Islamisierung“. Künftig ist das Kopftuch ab der fünften Klasse gestattet, Tattoos, Bärte und Make-Up werden untersagt.

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Die Lehrergewerkschaft und die oppositionelle Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei; CHP) protestieren gegen ein neues Schulgesetz der Regierung, das einen für alle Schulen des Landes verbindlichen Dresscode festschreibt.

Der von der regierenden Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung; AKP) getragenen Neuregelung zufolge wird das Verbot des Tragens eines Kopftuchs ab dem fünften Schuljahr aufgehoben.

Hingegen enthält das Gesetz auch Verschärfungen. So müssen Schüler an den Schulen jederzeit ihr Gesicht zeigen, dürfen keine Schals, Mützen oder Taschen mit politischem Aufdruck tragen, dürfen ihr Haar nicht färben, keine Tattoos und kein Make-Up tragen und auch Piercings oder Bärte sind untersagt.

Verstöße können zu Tadel, zum temporären Ausschluss vom Unterricht oder zum Schulverweis führen.

Neben den üblichen Vorwürfen („schleichende Islamisierung“) wird seitens der Gegner der Maßnahmen auch eingewendet, diese seien nicht administrierbar. Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, Veli Demir, sagte gegenüber der AFP, Tattoos könnten nicht beseitigt werden wie man Kleidungsstücke abnimmt und es sei unklar, was mit Personen geschehen solle, die bereits über solche verfügen.

Dresscode gilt nicht rückwirkend

Die Lehrergewerkschaft will sich nun an den Staatsrat, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und die UN-Kommission für Kinderrechte wenden, weil der neue Dress Code gegen die Verfassung verstoße. Die Regierung stellte jedoch bereits klar, dass die Neuregelung nicht rückwirkend gelte und deshalb bereits angebrachte Tattoos nicht entfernt werden müssten.

Verwunderung löste unterdessen die Reaktion des Vorsitzenden der oppositionellen CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, zur Aufhebung des Kopftuchverbotes aus. Während Kılıçdaroğlu im Laufe der letzten Jahre versöhnliche Töne gegenüber religiösen Wählerschichten angeschlagen hatte, Kopftuchverbote kritisierte und zur Präsidentschaftswahl seiner Partei einen konservativen Kandidaten verordnete, übte er nun Kritik an der Beseitigung des Kopftuchverbots für Schülerinnen und rief die Mütter dazu auf, ihre Töchter „keiner IS-Mentalität“ auszuliefern.

„Die ‚Neue Türkei‘ der AKP steht nicht nur gegen eine 81-jährige Tradition der Republik, sondern verrät auch die tausendjährige Geschichte des anatolischen Islam und unsere Tradition des Sufismus“, äußerte der CHP-Vorsitzende gegenüber Hürriyet am Samstag im Bezirk Mengen (Provinz Bolu). „Wir müssen sagen, dass diese Mentalität keine hiesige ist.“

Kılıçdaroğlu zufolge hänge die AKP einer „exportierten Religion“ an, die Verbindungen zu Menschheitsfeinden wie IS hätte. Es sei unerträglich, dass „diejenigen, die die Türkei in ein Land von Verboten und Menschenrechtsverletzungen verwandelt hatten, nun neunjährige Mädchen mit Schleier als Frage der Freiheit präsentieren“. Eine Mentalität, die ein Problem mit der Kleidung von TV-Moderatorinnen habe, könne nicht über „Freiheit im Bereich des Dresscodes“ sprechen.

Kılıçdaroğlu: „CHP hat Freiheit zum Tragen des Kopftuchs ermöglicht“

Kılıçdaroğlu betonte, es sei die CHP gewesen, die den Weg für das Recht auf Kopftuch in der Türkei bereitet habe. Hingegen würde die AKP nur Diskriminierung und Spaltung in die Schulen tragen.

Premierminister Ahmet Davutoğlu hingegen verteidigte den Schritt der Regierung. In Samsun äußerte er am Montag: „Eine der ersten Errungenschaften der 62. Regierung ist es, die Freiheit zum Kopftuch in einer Weise in die Mittelschulen zu tragen, die das Kopftuchverbot auf den Müllhaufen der Geschichte befördert.“

Gegenüber Kılıçdaroğlus Kritik meinte der Premierminister, die „wirkliche IS-Mentalität“ sei in der CHP zu finden, wo sich Politiker tummeln, die einst selbst Universitätsstudentinnen dazu gezwungen hätten, ihre Kopftücher abzulegen.