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Kultur/Religion

Schwarzfahren, Schwarzarbeit und schwarzes Schaf: Dunkel ist nicht immer negativ

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Schwarz ist die Farbe der Trauer. Doch auch Priester, Architekten, Designer und Kreative hüllen sich gern in dunkle Stoffe. Denn Schwarz steht auch für Demut, Zurückhaltung, Nüchternheit und Würde.

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Schwarz
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Schwarzer Peter, schwarzes Schaf: Die Farbe Schwarz weckt viele negative Assoziationen. Pessimisten sehen schwarz, Dunkelmänner und Finsterlinge sorgen für Gänsehaut, und der Schwarzhandel, das Schwarzfahren und die Schwarzarbeit sind illegal. Schwarz soll auch Angst verbreiten – wie die Flagge der Terrormiliz IS zeigt.

Gerade im November ist Schwarz präsent: als Farbe des Todes, der Trauer und der Leere. Schließlich war die Erde am Anfang „wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe“, wie es in der Lutherbibel heißt. Spätestens seit den großen Pestepidemien ist Schwarz im europäischen Kulturkreis mit dem Tod verbunden: Bei Erkrankten zeigten sich häufig Verfärbungen – die Pest wurde zum „Schwarzen Tod“.

„Wer heute Schwarz trägt, wird nicht mehr unbedingt als Trauernder erkannt“

Die Abwesenheit aller Farbe und allen Lichts verweist auf die Abwesenheit des toten Menschen und die Trauer, die alle Farbigkeit des Lebens schluckt. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gab es regional strenge Regelungen, wie lange Familienangehörige im Trauerjahr Schwarz zu tragen hatten. „Wer heute Schwarz trägt, wird nicht mehr unbedingt als Trauernder erkannt, wie umgekehrt Trauernde eben auch nicht mehr unbedingt Schwarz tragen“ schreibt Kerstin Gernig in ihrem Buch „Schwermut und Schönheit – Als die Menschen Trauer trugen“. Trauer werde inzwischen individualisiert und aus der Gemeinschaft zunehmend ausgeschlossen.

Physikalisch gesehen ist Schwarz die Farbe eines nichtleuchtenden Körpers, der alles Licht schluckt. In der Naturwissenschaft ist schon lange ein Wettlauf um das schwärzeste Schwarz im Gange: Im Juni ließ sich der Künstler Anish Kapoor den bisher schwärzesten Farbton für die Kunst patentieren. Die von ihm im Labor entwickelte Farbe absorbiert über 99,96 Prozent allen Lichts – ideal für jede militärisch Tarnung. Eine mit ihr bearbeitete Oberfläche verliert für das menschliche Auge jede Kontur.

Tiefgründig, nüchtern und entschieden

Doch Schwarz hat auch andere Seiten: Positiv gilt es als Symbol für Tiefgründigkeit, Nüchternheit und Entschiedenheit. Was „schwarz auf weiß“ geschrieben steht, hat Gewicht. Eine Fotografie in Schwarz-Weiß scheint höheren dokumentarischen Wert zu haben als ein Farbbild.

Schwarz steht auch für Sachlichkeit und Funktionalität. Diese Eigenschaften machen es zur idealen Farbe für Hightech-Geräte wie Musikanlagen, Kameras und Computer. Schwarz ist nüchtern und zugleich schick. Der Smoking ist schwarz. Das „kleine Schwarze“, 1930 von Coco Chanel kreiert, bietet noch heute Eleganz ohne Risiko.

Auch verleiht Schwarz Würde und Autorität; es kann Unnahbarkeit, aber auch Demut und Tugendhaftigkeit signalisieren. Schon seit dem Mittelalter trugen Gelehrte lange schwarze Mäntel. Auch heute kleiden sich Philosophen, Maler und Musiker entsprechend, um eine Aura der Kreativität und Intellektualität zu verbreiten. Steve Jobs, Mitbegründer des Apple-Konzerns, trat zuletzt fast ausschließlich im schwarzen Rollkragenpullover auf. Nicht zu vergessen viele Ordensleute sowie evangelische und katholische Pfarrer und Priester.

Schwarz bedeutete Luxus und Wohlstand

Schwarze Kleidung war bis in die Neuzeit „exorbitant teuer“, wie der niederländische Autor Geert Mak in seinem gerade erschienenen Buch „Die vielen Leben des Jan Six“ schreibt. Nur reiche Leute konnten sich das leisten und sich somit von der grauen Masse der einfachen Leute abheben. Selbst das Schwarz mancher Mönchskutten bedeutete Luxus.

Rang, Stand, Alter: All das ließ sich an den Farben ablesen, schreibt der Pariser Mittelalter-Historiker Michel Pastoureau in seinem Buch „Schwarz: Die Geschichte einer Farbe“. Wer sich nüchtern schwarz kleidete, wollte sich häufig auch von prunkvoller oder als sittenlos verstandener Kleidung abgrenzen – etwa von der Kleidung der Landsknechte. Martin Luther predigte im Schwarz des Gelehrten und distanzierte sich von den farbigen liturgischen Gewändern der katholischen Kirche.

Selbst bei Hochzeiten wurde um 1900 vielfach noch Schwarz getragen. Nur der Schleier war weiß. Ein vornehmes schwarzes Kleid konnte man schließlich später zu festlichen Angelegenheiten ohne Probleme wieder anziehen. Erst mit zunehmendem Wohlstand konnten Bräute es sich leisten, ein edles Kleid für einen einzigen Tag zu kaufen. (kna/dtj)