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Politik

Sind Deutsche in der Türkei im Visier von Terroristen?

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Botschaft und Konsulat geschlossen, die deutschen Schulen in der Türkei auch: Grund ist eine konkrete Terrorwarnung. Woher sie kam, ist noch unklar.

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Türkische Polizei vor dem Deutschen Generalkonsulat in Istanbul
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Vor dem deutschen Konsulat in Istanbul, nur ein paar hundert Meter vom zentralen Taksim-Platz entfernt, patrouillieren türkische Polizisten mit automatischen Gewehren. Ein gepanzertes Fahrzeug parkt vor dem Haupteingang. Normalerweise arbeiten hier einige Dutzend Diplomaten. Am Donnerstag bleibt das Gebäude leer. Auch die deutsche Botschaft in Ankara ist bis zum Wochenende geschlossen. Die deutschen Schulen in beiden Städten ebenfalls.

In Istanbul lebende Deutsche wurden vorab über den Schritt informiert. Es gebe „nicht abschließend überprüfbaren Warnhinweise“, heißt es darin ganz knapp und vage zur Begründung. „Bitte meiden sie die Umgebung des Generalkonsulats.“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier drückt sich in einem eilig einberufenen Pressestatement in Berlin am Donnerstagvormittag deutlicher aus. „Gestern Abend erreichten unsere Sicherheitsbehörden einige sehr konkrete und sehr ernstzunehmende Hinweise, dass terroristische Attentate gegen unsere deutschen Vertretungen innerhalb der Türkei vorbereitet seien.“

Es müssen schon ungewöhnlich konkrete Hinweise gewesen sein. Die Schließung von deutschen Auslandsvertretungen ist ein drastischer Schritt, der eigentlich nur bei Gefahr in Verzug angemessen erscheint.

Die Türkei wird seit Monaten immer wieder von schweren Terroranschlägen erschüttert. Erst am Sonntag starben 37 Menschen bei einem Anschlag, zu dem sich die aus der PKK hervorgegangene Splittergruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) bekannte.

Kurden dürften es aber wohl kaum auf Deutsche in der Türkei abgesehen haben. Als wahrscheinlich gilt, dass die Hinweise auf islamistische Terroristen hindeuteten. Im Januar hatte ein Selbstmordattentäter bei einem Anschlag auf eine deutsche Reisegruppe zwölf Touristen mit in den Tod gerissen. Es wird ein islamistischer Hintergrund vermutet. Die verdächtigte Terrororganisation Islamischer Staat hat sich aber nie dazu bekannt.

Es gab damals Spekulationen, dass der Anschlag sich gezielt gegen Deutsche gerichtet habe könnte. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte dies bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem Amtskollegen Efkan Ala in Istanbul zurückgewiesen. Es gebe keine Hinweise dafür, sagte er. Die aktuellen Warnungen lassen die damaligen Spekulationen aber in einem neuen Licht erscheinen.

Auch die Friedrich-Ebert-Stiftung blieb am Donnerstag geschlossen. Ihr Leiter Felix Schmidt, der seit eineinhalb Jahren in der Stadt lebt, spricht von einer Vorsichtsmaßnahme. „Das ist jetzt schon ein anderes Gefühl als früher. Ich bin sehr betrübt.“

Im Goethe-Institut wurde der Deutsch-Unterricht abgebrochen und das Institut blieb ebenfalls geschlossen. Sicherheitspersonal wies am Donnerstag Besucher am Haupteingang zurück.

Das deutsche Generalkonsulat und die Botschaftsschule in Istanbul bleiben auch am Freitag geschlossen. „Bitte meiden Sie weiterhin die nähere Umgebung des Generalkonsulats“, hieß es am Donnerstag in einer E-Mail des Generalkonsulats an Bundesbürger.

Der Gouverneur von Istanbul reagierte auf die Warnung der Deutschen mit Kritik. Die Maßnahmen beruhten auf „nicht verifizierte Wahrnehmungen“ und seien getroffen worden, ohne die türkischen Behörden zu kontaktieren, erklärte das Gouverneursamt.

Die Türken sind jedoch spätestens nach dem Anschlag am Sonntag nervös. Die sonst überfüllte Istanbuler Metro ist seit Anfang der Woche auch zu Stoßzeiten auffallend leer.

Und was bedeutet das jetzt für deutsche Urlauber in der Türkei? Das Auswärtige Amt rät weiterhin zu erhöhter Vorsicht in Istanbul, Ankara und anderen Großstädten der Türkei. Menschenansammlungen – auch auf öffentlichen Plätzen und vor Touristenattraktionen – sowie der Aufenthalt nahe Regierungs- und Militäreinrichtungen sollten gemieden werden. Die Bewertung der allgemeinen Sicherheitslage bleibt aber unverändert. Von Reisen in die Türkei rät das Auswärtige Amt deshalb nicht ab. (dpa/dtj)