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Politik

So beschimpfte die ägyptische Journalistin al-Sisi als Mörder

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Ägypten ist wichtig. Für die Sicherheit Europas und für die Wirtschaft. Das weiß die Kanzlerin, und das weiß Präsident al-Sisi. Den lässt Kritik an seinem autoritären Regime und den Menschenrechtsverletzungen kalt. (Foto: dpa)

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Eklat bei Pressekonferenz in Berlin. Ägyptische Journalistin beschimpft Al-Sisi als Mörder.
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Bei der Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ägyptens Staatspräsident Abd al-Fattah al-Sisi ist es zu Tumulten unter ägyptischen Journalisten gekommen. Eine Gegnerin des ägyptischen al-Sisi-Regimes – eine in Deutschland arbeitende Journalistin – bat nach Ende der Pressekonferenz am Mittwoch im Kanzleramt lautstark um die Möglichkeit, eine Frage stellen zu können. Als diese nicht mehr zugelassen wurde, schrie sie, al-Sisi sei ein Mörder (siehe Video, ab 1:30).

Die ägyptische Presse-Delegation sprang daraufhin nahezu geschlossen auf und schrie im Chor zurück: „Es lebe Ägypten, es lebe Ägypten.“ Dabei deuteten die ägyptischen Medienvertreter wütend auf die Frau, die abgeführt wurde. al-Sisi und Merkel verließen schnell den Saal. Zuvor verstießen die meisten ägyptischen Journalisten gegen die Gepflogenheiten im Kanzleramt, indem sie al-Sisi während seines Statements laut applaudierten. Die Medienbetreuer des Kanzleramts hatten Mühe, die Ägypter zu beruhigen.

Später traf al-Sisi Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, um der Unterzeichnung einer Reihe von Wirtschaftsabkommen beizuwohnen. Der Vizekanzler betonte, Deutschland wolle mit Ägypten nicht nur Geschäfte machen, sondern auch auf dem schwierigen Weg zu einer Demokratie helfen. „Wir möchten ein umfassender Partner sein und das nicht nur auf das Thema wirtschaftliche Beziehungen reduzieren“, sagte er bei einem Empfang in seinem Haus für al-Sisi. Der SPD-Chef hob hervor, dass er bei seinem Besuch im März in Ägypten mit al-Sisi sehr offen über Streitpunkte wie die Todesstrafe gesprochen habe.

Auch am Donnerstag standen Gespräche mit der Industrie auf dem Programm. Die Kanzlerin ganz sachlich: „Es ist in beiderseitigem Interesse, dass die wirtschaftlichen Beziehungen enger werden.“

Al-Sisi bringt Rekord-Auftrag für Siemens mit

Zudem besigelte Siemens beim Deutschland-Besuch von Ägyptens Präsident den größten Einzelauftrag in der Firmengeschichte. Konzernchef Joe Kaeser und al-Sisi unterzeichneten am Mittwoch in Berlin mehrere Aufträge zum Bau von drei Gaskraftwerken und bis zu 12 Windparks im Gesamtwert von acht Milliarden Euro.

Eine Absichtserklärung für die Projekte hatte Siemens bereits im März unterzeichnet. „Mit diesen noch nie dagewesenen Verträgen unterstützen Siemens und seine Partner die wirtschaftliche Entwicklung Ägyptens“, sagte Kaeser.

Aufträge für Kraftwerke mit modernen Gasturbinen bekommt Siemens derzeit nur im Ausland, in Europa und Deutschland herrscht auf diesem Markt Flaute. Siemens plant daher einen weiteren Abbau tausender Arbeitsplätze, allein 2200 davon in Deutschland. Am kommenden Dienstag plant die IG einen bundesweiten Aktionstag mit Protesten gegen die Stellenstreichungen, von denen vor allem der Standort Mülheim in Nordrhein-Westfalen sowie Berlin betroffen sind.

Ägypten will mit dem Mega-Deal seine Kapazitäten zur Stromerzeugung auf einen Schlag um 50 Prozent erhöhen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel lässt derzeit prüfen, ob der Bund das Geschäft teilweise mit staatlichen Exportgarantien (Hermes-Bürgschaften) absichert. Die würden greifen, falls Kairo nicht zahlen könnte. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, erklärte das Ministerium.

Im laufenden Jahr wird in Ägypten ein Wachstum von über vier Prozent erwartet. Die Erholung der Wirtschaft sei enorm wichtig, weil Ägypten für die Stabilität in der arabischen Welt eine große Rolle spiele, betonte Gabriel. Der deutsch-ägyptische Handel legte 2014 um 20 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro zu. Al-Sisi lud deutsche Unternehmen ein, in seinem Land zu investieren. Wenn die deutsche Wirtschaft dabei auch etwas für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit tun wolle, „wird das zusätzlich ein Mehrwert für die Ägypter sein“. (dpa/dtj)