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Politik

Sondersitzung zu Ende: Türkei will keine zusätzliche Nato-Präsenz

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In Brüssel haben die Nato-Staaten zur Lage in der Türkei beraten. Ergebnis: Ankara verlangt vorerst keine weitere Nato-Präsenz im Land. Generalsekretär Stoltenberg sagte, die Türkei haben ohnehin „sehr fähige Streitkräfte“.

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Die Türkei fordert von den Nato-Partnern vorerst keine weitreichende Unterstützung im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). „Die Türkei hat nicht um zusätzliche militärische Nato-Präsenz in der Türkei gebeten“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag nach einem von der Regierung in Ankara beantragten Sondertreffen in Brüssel. Er verwies dabei darauf, dass die Türkei über „sehr fähige Streitkräfte“ verfüge. „Das ist die zweitgrößte Armee in der Allianz“, erklärte Stoltenberg.

Die Sondersitzung des Militärbündnisses war von Ankara unter Berufung auf Artikel 4 des Nato-Vertrags beantragt worden. Dieser sieht Konsultationen vor, wenn ein Mitglied meint, dass die Unversehrtheit des eigenen Territoriums, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sei. In den Türkei hatte es zuvor mehrere Terroranschläge mit Dutzenden Toten gegeben.

Hitergrund: Was besagen Artikel 4 und 5 der Nato?

Artikel 4 sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht. Seit Gründung der Nato 1949 kommt Artikel 4 nun zum fünften Mal zur Anwendung – wie so häufig auch diesmal wieder auf Antrag der Türkei. Artikel 5 (gemeinsame Verteidigung) wurde hingegen nur ein einziges Mal genutzt. Ein Überblick:

Am 12. September 2001, weniger als 24 Stunden nach den Terroranschlägen des Vortags in den Vereinigten Staaten, erklärte die Nato zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen möglichen Bündnisfall nach Artikel 5. Dieser verpflichtet alle Nato-Mitglieder zum Beistand für ein angegriffenes Partnerland. Die Nato teilte mit, die Anschläge würden entsprechend eingestuft, falls sich herausstelle, dass sie vom Ausland aus eingeleitet worden seien.

Den Bündnisfall gab es nur einmal

Am 2. Oktober erklärte die Nato dann die Voraussetzungen für erfüllt: Die Täter des 11. September seien Teil des weltweiten Terrornetzes al-Qaida gewesen. Damit stehe fest, dass sie von außerhalb der USA gesteuert worden seien. In der Folge unterstützte die Nato die USA mit Aufklärungsflugzeugen, die bis Mitte Mai 2002 im Luftraum über den USA patrouillierten. Nato-Schiffe kreuzten auf Terroristenjagd im Mittelmeer.

Am 10. Februar 2003 verlangte die Türkei ein Treffen der Nato wegen der Auseinandersetzungen im Irak. Das Land pochte auf Beratungen für den Fall, dass die Kämpfe im Nachbarland zur Bedrohung für die Sicherheit seiner Bevölkerung oder seines Gebietes werden könnten. Die Nato reagierte mit einer Operation, die von Ende Februar bis Anfang Mai dauerte. Unter anderem patrouillierten Nato-Flugzeuge im türkischen Luftraum. Deutsche Soldaten waren Teil der Besatzung von AWACS-Aufklärungsflugzeugen.

2012 forderte die Türkei zwei Treffen der Nato-Botschafter nach Artikel 4. Auslöser war beide Male der Konflikt in Syrien. Am 22. Juni reagierte Ankara auf den Abschuss eines Kampfjets durch Syrien. Am 3. Oktober verlangte das Land ein Treffen nach der Tötung von fünf türkischen Zivilisten bei einem Granatenangriff aus Syrien. Als Folge stimmte die Nato der Stationierung von „Patriot“-Flugabwehrsystemen an der türkischen Grenze zu Syrien zu. Der Einsatz dort dauert an, auch deutsche Soldaten sind vor Ort.

Am 3. März 2014 berief sich Polen auf Artikel 4 und beantragte ein Treffen wegen der gespannten Lage im Nachbarland Ukraine. Auslöser war der Militäreinsatz Russlands auf der Krim. Einen Tag nach den Nato-Botschaftern traf sich der Nato-Russland-Rat. Nach dessen Sitzung erklärte der damalige Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, das Bündnis wolle auf Distanz zu Russland gehen und seine Beziehungen zur Ukraine intensivieren.

Am Sonntag (26. Juli) erklärte die Türkei, sie habe ein Treffen nach Artikel 4 verlangt. Vorausgegangen sind terroristische Angriffe in den vergangenen Tagen mit Dutzenden Toten und Gefechte mit IS-Kämpfern an der syrisch-türkischen Grenze. Die Türkei führte ihrerseits Luftschläge gegen Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und der Terrororganisation PKK im Nordirak durch. (dpa/dtj)