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Gesellschaft

Spanien und Portugal bieten Nachfahren vertriebener Juden Staatsbürgerschaft an

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Spanien und Portugal bieten Nachfahren vertriebener Juden die Staatsangehörigkeit an. Damit könnten auch türkische Juden bald diese Pässe beantragen. Ein Nachweis einer Bindung zur Iberischen Halbinsel ist ausreichend. (Foto: Zaman)

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1492 endete die sog. „Reconquista“, die vollständige Rückeroberung der iberischen Halbinsel. Damals wurden alle Juden und Muslime auf der Halbinsel getötet, vertrieben oder gezwungen, das Christentum anzunehmen. Jetzt haben sowohl Spanien als auch Portugal den Nachfahren der vertriebenen Juden die Staatbürgerschaft angeboten.

Spanien und Portugal diskutieren entsprechende Gesetze

In Spanien liegt dem Parlament seit Monaten ein Gesetzentwurf vor, der Juden spanischer Abstammung die Möglichkeit einräumt, spanische Pässe zu beantragen. Die Antragsteller müssen dazu nicht auf ihre jetzige Staatsbürgerschaft verzichten. Die Linksopposition unterstützt das Vorhaben, will aber erreichen, dass auch die Nachfahren der – im 17. Jahrhundert vertriebenen – Mauren (Bezeichnung für die spanischen Muslime, Anm. d. Red.) eine ähnliche Offerte erhalten.

In Portugal verabschiedete die Regierung in der vorigen Woche eine Verordnung, wonach Juden portugiesischer Abstammung die Staatsbürgerschaft erhalten können. „Wir haben lange gebraucht, bis wir uns mit diesem Thema beschäftigt haben“, räumte Justizministerin Paula Teixeira da Cruz ein und fügte hinzu: „Wirklich reparieren kann man den historischen Schaden nicht mehr“.

Spanien geht von bis zu 200.000 Anträgen auf Staatsbürgerschaft aus

Es könnten bis zu 200.000 Anträge auf die Staatsbürgerschaft gestellt werden. Die spanische Regierung lässt sich davon aber nicht abschrecken. „Wenn es 200 000 sein werden, ist das auch kein Problem. Wir sind uns bewusst, dass wir ein neues Kapitel in der Geschichte aufschlagen“, sagte ein hoher Beamter des Madrider Justizministeriums der Zeitung „El País“.

Historiker schätzen die Zahl der damals vertriebenen Juden auf etwa 100.000. Die Zahl der zum Katholizismus ist nicht bekannt. Die Zahl der Sefarden, der Juden iberischer Abstammung, wird weltweit auf 3,5 Millionen geschätzt. Die Vertriebenen ließen sich in Nordafrika, auf dem Balkan – vor allem in Thessaloniki -, in Italien sowie in Amsterdam, Antwerpen oder Hamburg nieder.

Auch türkische Juden könnten spanische oder portugiesische Staatsangehörigkeit beantragen

Das damals osmanische Thessaloniki war damals Zufluchtsort für Tausende Juden von der iberischen Halbinsel. Die Stadt galt damals als Zentrum des jüdischen Lebens im osmanischen Reich. So hatte die Stadt 1870 rund 90.000 Einwohner. 50.000 von ihnen waren Juden. Auch die Juden in der heutigen Türkei gelten zum großen Teil als Nachverfahren iberischer Juden. Damit dürften türkische Juden in Zukunft einen Anspruch auf einen spanischen oder portugiesischen Pass haben.

Wer einen spanischen oder portugiesischen Pass beantragen möchte, muss den Nachweis einer Bindung zur Iberischen Halbinsel erbringen. Dies kann durch Bescheinigungen der jüdischen Gemeinden sowie durch Kenntnisse der Sprache „Ladino“ erbracht werden, die im Mittelalter von den Juden auf der Iberischen Halbinsel gesprochen wurde. (dtj/dpa)