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Wirtschaft

„Man redet nicht über die Nationalität, sondern über die Ideen der Menschen“

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Mit dem Innovationspreis des Unternehmerverbandes BAREX e.V. wurde in diesem Jahr der aus Ortaköy stammende, 2005 nach Berlin eingewanderte Internetunternehmer Ayhan Kocak ausgezeichnet. Über seinen Erfolg sprach er mit DTJ.

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Ayhan Kocak
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Anfang November wurde der Internet-Unternehmer Ayhan Kocak im Rahmen des Jahresempfangs des deutsch-türkischen Unternehmerverbandes BAREX e.V. in Berlin als „Innovativer Unternehmer des Jahres 2013“ ausgezeichnet. Der 31-jährige kam 2005 aus der Türkei zur Fortsetzung seines Studiums nach Berlin. Mit DTJ sprach er über sein Leben und seine Arbeit in Berlin.

Ayhan, Sie sind 2005 aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Woher stammen Sie in der Türkei, was haben Sie dort gemacht und aus was für einer Familie kommen Sie?

Ich komme aus Ortaköy bei Istanbul, die Kleinstadt hat etwa 20 000 Einwohner. Dort bin ich zunächst zur Schule gegangen. In Izmir habe ich dann das Gymnasium besucht und habe danach in Istanbul Mathe und Informatik studiert.

Was waren die Gründe dafür, nach Deutschland zu gehen?

Ich wollte in Deutschland ein Master-Studium absolvieren. Deswegen bin ich nach meinem Abschluss in der Türkei direkt nach Deutschland gekommen.

Haben Sie hier direkt mit dem Studium begonnen?

Erst habe ich in Deutschland elf Monate lang einen Deutschkurs besucht, weil ich in der Türkei als Fremdsprache Englisch gelernt hatte. Nachdem ich den Sprachtest bestanden hatte, fing ich an der Humboldt-Universität mit dem Studium an.

Wie haben sie Ihre „Integration“ erlebt? Stand das Erlernen der deutschen Sprache im Vordergrund oder anderes?

Ich hatte Probleme, weil ich alle meine gute Freunde und Verwandte in der Türkei gelassen habe und hier bei „null“ anfangen musste. Aber ich habe schnell Freundschaften mit Menschen aus verschiedenen Ländern geschlossen und danach habe ich mich sehr wohl gefühlt, weil ich Menschen um mich herum hatte, mit denen ich mich unterhalten und etwas unternehmen konnte.

Außerdem habe ich in Deutschland erstmals auch am eigenen Leibe erfahren, was Rassismus ist. Ich habe Mitleid mit Rassisten, sie brauchen wirklich Hilfe. Ich bin aber bei diesem Thema sehr optimistisch, weil diese Krankheit von Tag zu Tag ein wenig mehr geheilt wird.

Wie kamen Sie dazu, ein Start-Up-Unternehmer zu werden?

Während meines Studiums bin ich bei einem Start-Up-Unternehmer als Praktikant eingestiegen. Es folgten eine Stelle als Werkstudent und danach eine Festanstellung. Bei der Arbeit musste ich mehrere Programmierer, die an verschiedenen Orten saßen, koordinieren. Dabei hatte ich Kommunikationsschwierigkeiten. Der rettende Einfall für eine Lösung kam mir dann unter der Dusche und die Geschäftsidee war geboren.

Was macht die Website, für die Sie auch die Auszeichnung als „Innovativer Unternehmer des Jahres 2013” durch BAREX e.V. erhalten haben, genau aus?

Swabr.com kann in einem Satz als ein soziales Netzwerk für Unternehmen bezeichnet werden. Es ist ein innovativer Kommunikationsdienst, der Unternehmen und Organisationen die tägliche Arbeit erleichtert. In diesem „virtuellen Büro” können Mitarbeiter schneller und besser zusammenarbeiten. Nutzer können gemeinsam und in Echtzeit an Themen, Projekten und Dokumenten arbeiten. Mit swabr.com macht das Arbeiten zudem mehr Spaß!

Wie ist es, in der Start-Up-Szene als Akteur mit türkischen Wurzeln unterwegs zu sein?

Ich bin stolz auf mich, weil ich meine Idee umgesetzt habe. Hier in der Szene redet man nicht über die Nationalität, sondern über die Ideen der Menschen. Es gibt mittlerweile viele erfolgreiche Jungunternehmer mit türkischen Wurzeln.

Wie bewerten Sie Berlin als Wirtschafts-Standort, speziell für die Start-Up-Szene?

Die Bedingungen hier sind gut. Nicht umsonst wird Berlin auch das „Silicon Valley Europas“ genannt.

Gibt es Verbindungen zu türkischen Start-Ups? Wie stark ist dieser Wirtschaftsbereich in der Türkei überhaupt? Und in welchen Städten?

Ja, natürlich habe ich Verbindungen in die türkische Start-Up-Szene. Ab und zu arbeiten wir mit Unternehmen aus der Türkei zusammen. Ich verfolge die Nachrichten über die Entwicklungen in der Türkei sehr aufmerksam. Außer in den Großstädten hat sich die Gründerkultur leider noch nicht sehr weit entwickelt. In Istanbul, Izmir und Ankara aber sieht man schon ein starkes Wachstum der Start-Up-Ökonomie.

Was haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen? Möchten Sie eines Tages wieder zurück in die Türkei?

Ich möchte in Zukunft jedes Jahr ein paar Monate in der Türkei und paar Monate in Deutschland leben. In beiden Ländern habe ich viele Dinge, die ich nicht loslassen kann und will. Obwohl ich erst seit neun Jahren in Berlin beziehungsweise Deutschland lebe, empfinde ich Berlin schon als meine Heimat. Ich habe mein erstes Unternehmen hier gegründet, ich habe hier geheiratet und ich habe hier ein Kind bekommen. Die Türkei ist das Land meiner Herkunft, der ich auch verbunden bleiben will.

Neben swabr.com arbeite ich noch bei der Inkubator-Firma etventure.com als Senior Produktmanager. Bei etventure möchte ich gerne das eine oder andere Projekte auch in der Türkei platzieren, weil ich dort große Chancen sehe.