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Politik

Streit um İncirlik: Erdoğan lässt Merkel abblitzen

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Während sich das deutsch-türkische Verhältnis weiter verschlechtert, stehen die Zeichen zwischen Ankara und Moskau auf Annäherung. Erstmals landet nach acht Monaten wieder ein russischer Ferienflieger in einem türkischen Badeort. Unterdessen wird

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Merkel und Erdoğan bei Nato-Gipfel in Warschau
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Im Streit um das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete auf der türkischen Luftwaffenbasis İncirlik zeichnet sich vorerst keine Lösung ab. Ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am Rande des Nato-Gipfels in Warschau brachte am Wochenende keinen Durchbruch. Merkel pochte am Sonntag auf eine Besuchsmöglichkeit für Abgeordnete. „Es muss weitergearbeitet werden“, sagte sie im ZDF-Sommerinterview mit Berlin direkt auf die Frage, ob ein Abzug der deutschen Soldaten infrage komme.

„Dissense sind ja durch so ein Gespräch nicht weg“, sagte Merkel nach dem Treffen mit Erdoğan in Warschau. „Aber ich glaube, es war wichtig, dass wir gesprochen haben.“ Die Gesprächsatmosphäre beschrieb sie als konstruktiv, sachlich und „in dem Bemühen, bestehende Konflikte auch zu lösen“.

Es war das erste formelle Treffen der beiden seit der Verabschiedung der Armenier-Resolution im Bundestag Anfang Juni, durch die sich die deutsch-türkischen Beziehungen weiter verschlechterten. Das Parlament hatte das Vorgehen des Osmanischen Reichs gegen die Armenier vor mehr als hundert Jahren als Völkermord bezeichnet.

Anschließend untersagte die Türkei, der Nachfolgestaat des Osmanischen Reichs, einem Parlamentarischen Staatssekretär und mehreren Bundestagsabgeordneten den Besuch der Bundeswehrsoldaten auf der Luftwaffenbasis Incirlik. Eine Reise von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach Incirlik und Ankara am 1. Juli führte nicht zu einer Aufhebung des Besuchsverbots.

„Verhalten Ankaras darf so nicht hingenommen werden“

Dennoch wollen die Verteidigungsexperten aller Bundestagsfraktionen im September gemeinsam zu den Soldaten in dieTürkei reisen. In İncirlik sind etwa 240 Bundeswehrsoldaten stationiert, die sich mit „Tornado“-Aufklärungsflugzeugen am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligen.

 SPD sieht Kanzlerin Angela Merkel in der Pflicht, sich für das Besuchsrecht der Abgeordneten einzusetzen. Sie müsse für eine Aufhebung des Besuchsverbots auf der türkischen Luftwaffenbasis sorgen, sagte der SPD-Außenpolitiker Niels Annen dem Tagesspiegel. „Nach ihrem ergebnislosen Gespräch in Warschau muss sie eine verbindliche Zusage von Erdoğan bewirken, damit Abgeordnete des Bundestages wieder Zugang zu jenem Teil des Stützpunktes erhalten, auf dem deutsche Soldaten stationiert sind.“

Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte dem Tagesspiegel, Soldaten und Stützpunkte eine Parlamentsarmee müssten von Angeordneten besucht werden können – „immer und überall“. Er fügte hinzu: „Der türkische Präsident Erdoğan riskiert als Konsequenz seines Verhaltens den Abzug der Bundeswehr.“ Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, äußerte sich ähnlich. „Das Verhalten Ankaras darf so nicht hingenommen werden“, sagte er den Ruhr Nachrichten.

Spannungen mit Deutschland, Entspannung mit Russland

Dagegen nähern sich Ankara und Moskau acht Monate nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei im Grenzgebiet zu Syrien wieder an. Erstmals landete am Samstag wieder ein russischer Ferienflieger in der Türkei. Weitere sollen folgen: ein Lichtblick für die krisengeschüttelte türkische Tourismusbranche.

Der russische Ferienflieger brachte am Samstag 189 Passagiere nach Antalya, wie die Zeitung Yeni Şafak berichtete. Im vergangenen November waren die Charterflüge nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs im syrisch-türkischen Grenzgebiet durch die Türken unterbrochen worden. Erst Ende Juni hatten beide Länder ihren Streit beigelegt, und der russische Präsident Wladimir Putin hatte das Charterflugverbot aufheben lassen. Zuvor hatte sich Erdoğan in einem Brief an Putin für den Zwischenfall entschuldigt.

Nach mehreren Terroranschlägen waren gut ein Drittel weniger ausländische Feriengäste in die Türkei gekommen. Die Zahl der russischen Türkeibesucher war bis Mai im Jahresvergleich sogar um mehr als 90 Prozent gesunken.

Zur weiteren Annäherung planen Russland und die Türkei nach Darstellung des russischen Vize-Wirtschaftsministers Alexej Lichatschjow Ende Juli ein Treffen auf Ministerebene. Der Tag stehe noch nicht fest, sagte Lichatschjow nach einem Gespräch mit dem türkischen Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçi am Rande einer Konferenz in China. An dem Treffen in Russland würden voraussichtlich mehrere Ressortchefs teilnehmen, darunter auch Energieminister Alexander Nowak, sagte er der Agentur Interfax zufolge. (dpa/ dtj)